Automotive : Welche Antriebsarten werden sich in Zukunft durchsetzen?

Dr. Peter Hofmann

Dr. Peter Hofmann ist Associate Professor am Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien und hält dort die Vorlesung „Hybridfahrzeuge“

- © TU-WIen

Die Verfügbarkeit von regenerativ erzeugter Energie ist für Prof. Hofmann das übergeordnete Thema, um über den Einsatz von Antriebsformen zu sprechen. Dieses Vorhandensein teilt sich in drei Komponenten. Die örtliche Verfügbarkeit, die Möglichkeiten der Umwandlung und der Speicherung dieser Energie, sowie die gesetzlich geregelten Möglichkeiten des Gebrauchs von verschiedenen Energieformen wie Strom, Wasserstoff und E-Fuels für Pkw-Antriebe.

Regenerative Energie

Klimaneutralität ist am Plan und das erklärte Ziel der EU für das Jahr 2050. Daher stellt jetzt auch die Industrie ihren Energieeinsatz um. Die Voestalpine beispielsweise, als einer der größten Energieverbraucher in Österreich, wird künftig Elektrohochöfen betreiben. Auch als Laie könne man sich vorstellen, dass solche Umstellungen enorme Strommengen benötigen werden, sagt Prof. Hofmann. Das gilt nicht nur für die Industrie, sondern für den Gesamtenergiebedarf, also auch z. B. Heizen. Das heißt aber auch, so Hofmann, dass man einsehen muss, dass wir uns in Mitteleuropa nicht autark mit ausreichend erneuerbarer Energie versorgen werden können. Der gesamte Energiebedarf könne in unseren Breitengraden nicht durch Fotovoltaik, Wind- oder Wasserenergie sinnvoll gestillt werden. Möchte man die energieintensive Industrie nicht in andere Kontinente auslagern, bedeute das, dass Energie importiert werden müsse. „Das machen wir auch jetzt schon, nur dürfen wir dann nicht Erdöl, Erdgas und Kohle importieren, sondern müssen regenerative Energieformen von außen beziehen“, sagt der TU-Professor. Grundsätzlich gäbe es genug Studien, die besagen, dass auf der Erde ausreichend regenerative Energie vorhanden wäre, um auch den hohen Energiebedarf zu decken. Sie befindet sich aber leider nicht in Europa.

Die Energieverfügbarkeit bedingt die Technologie

Trotzdem könne die Stromerzeugung an weit abgelegenen Regionen sinnvoll sein, wenn dort der regenerative, günstige Strom direkt zur Produktion von E-Fuels genutzt würde. Unter E-Fuels fasst man synthetische Kraftstoffe, die Erdölprodukte wie Kerosin, Diesel und Benzin in Zukunft ersetzen sollen, zusammen. Sie werden mittels Elektrolyse und diverser chemischer Verfahren aus Strom, Wasser, sowie CO₂ oder Stickstoff aus der Luft hergestellt. Mit Tankschiffen, Pipelines oder Zügen können sie einfach transportiert werden. In einem Gemeinschaftsprojekt von internationalen Unternehmen wie Porsche und Siemens Energy wurde die erste kommerzielle Anlage zur Produktion von E-Fuels im Süden von Chile errichtet. Man will den starken Wind zur günstigen Stromerzeugung nutzen und dann synthetische Kraftstoffe produzieren. Laut Porsche sind bis zum Ende des Jahrzehnts rund 550 Millionen Liter pro Jahr geplant.

Wie wird regenerative Energie gespeichert?

Aus regenerativem Strom und Wasser kann mit einem Elektrolyseur als erster Schritt Wasserstoff hergestellt werden. Allerdings ist auch Wasserstoff nicht ganz perfekt, weder zum Speichern noch für den Transport. Die Wasserstofftechnologie ist aus wissenschaftlicher Sicht aber vielversprechend und wird wahrscheinlich viele Anwendungen in verschiedenen Bereichen finden, einschließlich der Industrie und Mobilität. Es wird erwartet, dass besonders im Nutzfahrzeugbereich die Wasserstofftechnologie an Bedeutung gewinnen wird, sagt Prof. Hofmann. Wasserstoffspeicher haben im Vergleich zu Batterien eine hohe Energiedichte, ermöglichen schnelles Betanken und wären für verschiedene Fahrzeuge geeignet. Die genaue prozentuale Verbreitung von Wasserstofftechnologie ist schwer einzuschätzen, aber es werde erwartet, dass sie in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird, ist die Meinung des TU-Professors. Insgesamt könne die Wasserstofftechnologie als eine empfehlenswerte Alternative angesehen werden. Es wäre daher auf jeden Fall sinnvoll, einen Teil der Mobilitäts- und Industrieanwendungen auf Wasserstoff umzustellen, sagt Prof. Hofmann. Ein anderer Teil der grünen Energie sollte weiter in Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden. Durch ihren flüssigen Zustand können sie mit der bestehenden Infrastruktur transportiert und gespeichert werden. Nur durch einen gut geplanten Mix lässt sich eine nachhaltige Energieversorgung in Zukunft sicherstellen. Warum? Angebot und Bedarf können besser aufeinander abgestimmt werden. Ein Fokus ausschließlich auf Strom im Automotive Bereich würde zur Folge haben, dass bei Knappheit Wasserstoff oder E-Fuel mit hohen Verlusten wieder zurück in Strom gewandelt werden müsste, um Autos zu betreiben. „Das wäre aus energetischer Sicht das Schlimmste überhaupt“, schlussfolgert Hofmann.

Sinnvolle Gesetze

„Derzeit beherrscht die Gesetzgebung die Entwicklung“, sagt Prof. Hofmann. Die derzeitigen Schwerpunkte stimmen aus seiner Sicht in manchen Fällen nicht mit wissenschaftlich und wirtschaftlich sinnvollen Zukunftsperspektiven überein. Es wurde beschlossen, dass Fahrzeugantriebe in Zukunft kein CO₂ mehr ausstoßen dürfen. Das Problem bei dieser Verordnung sei, dass der Gesetzgeber am Ende einer Kette eingreift, erklärt Hofmann. Denn, es wäre theoretisch möglich, ein Fahrzeug mit einem regenerativen Kraftstoff zu betreiben, bei dem der CO₂-Kreislauf geschlossen ist. In diesem Fall würde zwar am Auspuff CO₂ ausgestoßen, aber dieses Kohlendioxid würde zuvor durch Biomasse oder andere Prozesse aus der Umwelt entzogen werden, was bedeutet, dass nicht mehr CO₂ ausgestoßen wird, als vorher aus der Luft entnommen wurde. Wäre ein solches Fahrzeug nicht CO₂-frei? Im Gegensatz dazu werde ein Elektrofahrzeug immer als CO₂-frei betrachtet und als sauber angesehen, auch wenn es mit dem „schmutzigsten Kohlestrom“ aufgeladen wird. Insofern sei ein solches Gesetz nicht zielführend, zwingt aber die Hersteller in eine bestimmte Richtung, nämlich die alleinige Entwicklung von batterieelektrischen Fahrzeugen. „Wenn die Politik sich hart positioniert, müssen wir uns möglicherweise auf elektrische Lösungen konzentrieren, obwohl wir uns in einigen Jahren vielleicht eingestehen werden, dass dies nicht der beste Weg ist“, so die Meinung des TU-Professors.

„Für die Automobilproduktion in Europa ist es auch weiterhin wichtig, Verbrennungsmotoren zu entwickeln und kein Know-How zu verlieren, um Technologieführer zu bleiben“
Peter Hofmann

E-Fuels

„E-Fuels sind aus mehreren Gründen ein sinnvoller Beitrag, um den Antriebsmix in Zukunft zu gestalten“ – Hofmanns Einstellung ist klar. „Sie könnten in der bereits bestehenden Infrastruktur, mit der wir seit über 100 Jahren vertraut sind, genutzt werden und auch die Bestandsflotte versorgen“, argumentiert er. In Kombination mit Hybridfahrzeugen wäre ihre Nutzung äußerst effizient und werde kontinuierlich weiterentwickelt. Im Vergleich zu batterieelektrischen Fahrzeugen, die aufgrund der Herstellung der Batterien einen großen CO₂-Rucksack haben, wären Hybridfahrzeuge in Summe in vielen Fällen umweltfreundlicher, wenn sie mit E-Fuels betrieben werden würden. Regenerative Energie als E-Fuel könne in einem nennenswerten Maßstab importiert werden. Darum kommt man bei einer vollständigen Umstellung auf grüne Energie nicht herum, erklärt Prof. Hofmann. Die Hoffnung wäre, dass es in Zukunft gelingen wird, die Prozesse zur Herstellung von E-Fuels so groß zu skalieren, dass sie mit hohem Wirkungsgrad und zu niedrigen Kosten konkurrenzfähig zum Strom sind. „Zudem ist es für die Automobilproduktion in Europa auch weiterhin wichtig, Verbrennungsmotoren zu entwickeln und kein Know-how zu verlieren, um Technologieführer zu bleiben“, plädiert der TU-Professor für die Nutzung verschiedener Antriebsformen. Die Vielfalt von Strom bis zu E-Fuels in Verbindung mit Hybridantrieben ermögliche, für jeden Zweck und für jeden Bereich die optimale Lösung zu finden.

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