Roboter : automatica: Welche Messestände die Robotik-Kenner empfehlen

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Robominds integriert seit Kurzem künstliche Intelligenz in Industrieroboter von Robco. Ein Besuch am Stand könnte daher interessant werden.

- © robominds

Vor der automatica überschlagen sich wie vor anderen Messen die Produktmeldungen der ausstellenden Firmen. Gefühlt jagt ein Highlight das nächste, sodass man als normalsterblicher Besucher erst recht nicht weiß, auf welchen Ständen sich die tatsächlich spannenden Innovationen finden. Bei über 500 Ausstellern muss man schließlich eine Auswahl treffen. Zum Glück gibt es Experten, die man zu Rate ziehen kann.

Helmut Schmid, Vorsitzender des Deutschen Robotik Verbands, ist einer von ihnen. Er empfiehlt im Podcast "Robotik in der KI", bei den Münchner Start ups Robominds und RobCo genauer hinzusehen. Die beiden haben kürzlich ihre Zusammenarbeit verkündet, aus der eine KI-Vision-Lösung entstanden ist. Diese soll einerseits das Greifen einfacher gestalten, aber auch das Palettieren und Depalettieren ermöglichen.

Mladen Milicevic ist CEO und Mitgründer von Unchained Robotics und ebenfalls ein viefer Beobachter der Branche. Auf seinem Messeplan steht der Stand von Alphabet-Tochter Intrinsic ganz oben. Was das Unternehmen groß als "Demokratisierung der Robotik" mittels einer Plattform angekündigt hat, bezeichnet er schlicht als Betriebssystem. "Am Ende des Tages ist es vielleicht sogar das Handwerkszeug für den Integrator, der alles zusammenstöpselt", mutmaßt Milicevic. Die Demos, die Intrinsic auf der automatica zeigt, sind allemal einen Besuch am Messestand wert, haben doch zuvor nur Beta-Tester genauere Einsichten bekommen.

Das deutsche Start up Wandelbots hat im April 2023 unter dem Motto „Robots for the People" ebenfalls ein herstellerunabhängiges Operation System gelauncht. Hier werde es spannend, wirft Helmut Schmid ein, worin sich die beiden Systeme - von Intrinsic und Wandelbots - unterscheiden. Dass es ähnliche Entwicklungen gebe, sei nicht überraschend, so Milicevic, denn: "Alle wollen Bottleneck des Integrators lösen, damit der Integrator schneller besser wird". Zu finden sind die Dresdner diesmal auf dem Fanuc-Stand, wo sie zeigen, wie ihr Betriebssystem einen Fanuc-Roboter steuert.

In in eine ähnliche Richtung wie Wandelbots bewegt sich Voraus Robotik aus Hannover. "Die sind in aller Munde", befindet Schmid und meint damit die kürzlich publik gewordene Zusammenarbeit zwischen Voraus und Bosch Rexroth im Rahmen des Partnernetzwerks ctrlX World. Aber auch mit Micropsi Industries kooperieren die Hannoveraner, wodurch die Integration der Roboterkinematik steuerungsunabhängig werden soll.

Auch Kuka kann man einen Besuch am Stand abstatten. Dort sieht man mitunter die neue iisy Software auf dem Operation System, das mit seiner Usability punkten soll. Die iisy-Cobots von Kuka bewegen sich im kleinen Traglastbereich. Der Industrieroboter-Hersteller will laut eigenen Angaben die „Welt der Handwerker“ erobern. Hier sieht auch Helmut Schmid ein riesiges Potenzial. Nur: Handwerker gehen selten auf die automatica.

Beckhoff hat im vergangenen Jahr mit seinem modularen Roboter Atro überrascht. Hier ist interessant, wie Roboter weiterentwickelt wurde und wann der Marktstart ist. "Es hieß ja, Ende 2023 oder Anfang 2024 wird er auf den Markt kommen", sagt Milicevic und mutmaßt, dass es hier evtl. zu einer Verschiebung kommt.

(Ebenfalls interessant: Wie Roboter zum Umbruch in der Produktion führen)

  • Helmut Schmid

    "Ich denke, dass die Cobots, die Usability, No-Code und Low-Code der Hauptreiber sind. KI und der Humaoid sind noch eher ein Beiwerk, um neue Technologie-Trends zu zeigen."

  • Mladen Milicevic

    "Es gibt auf der automatica eine Testing Zone. Hier kann man zum Beispiel die Neuheiten von Siemens, Franka Emika, Wandelbots, Realtime Robotics, Kuka, Schunk und Igus ausprobieren."

  • Robert Weber

    "Schaut zu Siemens, was da kommt, wird super spannend! Was das genau sein wird, darf ich noch nicht verraten."

KI und humanoide Roboter

Fruitcore Robotics bietet jetzt auch ein Betriebssystem. Das Unternehmen hat schon immer ihren Schwerpunkt auf die Software gelegt, wenn auch Horst ein Roboter sein soll, der sich hardwareseitig abhebt. Im vergangenen Jahr hat die Firma ihr Geschäftsmodell geändert: Sie verkauft jetzt Roboter plus Software, die jährlich abgerechnet wird. Dort soll auch KI drinnen sein - wobei damit viele Anbieter werben.

Mit einem Überraschungspaket kommt womöglich Agile Robots: Die Münchner zeigen erstmals ihren Yu 5, wobei manche behaupten, er sehe genauso aus wie sein Vorgänger - nur anders lackiert. Ob die Messebesucher:innen hier ein altes Produkt im neuen Kleid präsentiert bekommen, können sie selbst beurteilen. Am interessantesten ist ohnehin, wie industrietauglich das Produkt ist.

Ein Aufreger war 2022 die ebenfalls deutsche Firma Neura Robotics, die mit einem großen Messestand aufwartete und einen humanoiden Roboter im Gepäck hatte. Im Wettbewerb mit Elon Musk sieht Schmid die Deutschen bei den menschenähnlichen Robotern jedoch eher im Hintertreffen. „Ich denke, dass ein Humanoid in der industriellen Robotik und Automatisierung noch zu weit weg ist", schätzt er hier die generelle Lage ein.

Wie sieht es mit dem Hype-Thema künstliche Intelligenz aus? "Die meisten versuchen jetzt unter dem Label AI auf den allgemeinen Zug aufzuspringen", so Schmids Einschätzung. Auch auf der LogiMAT habe er bereits viele Spielereien mit Large Language Models gesehen. Ähnliches erwartet er sich auch auf der automatica. Was darunter wie gut funktioniert, werde für viele Besucher:innen schwer zu unterscheiden sein. Am meisten Bedeutung habe in der Robotik noch immer Machine Vision.

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Mit 4NE-1 hat Neura einen menschenähnlichen Roboter geschaffen. Für den industriellen Einsatz messen ihm Robotik-Experten noch wenig Bedeutung zu.