EMO in Hannover : ECTA-Präsident Horn zur EMO: Das beschäftigt die Werkzeug-Branche
Markus Horn leitet seit über sieben Jahren das Werkzeugbau-Unternehmen Paul Horn. 2019 übernahm er zudem die Präsidentschaft der European Cutting Tools Association (ECTA). Auf der EMO, die von 18. bis 23. September 2023 in Hannover stattfindet, wird er persönlich vor Ort sein, denn: "Wenn es darum geht, gemeinsam mit unseren Kunden die optimale Lösung für deren Fertigungsprobleme zu erarbeiten, dann ist der persönliche Dialog nicht zu ersetzen." Die letzte EMO fand 2021 in Mailand statt, vor vier Jahren machte die Messe für Metallbearbeitung zuletzt in Hannover Station. In diesen Jahren haben die Unternehmen der Branche digitale Lösungen entwickelt, um den Kontakt zu Kund:innen und Partner:innen während der COVID-19-Pandemie aufrechtzuerhalten. Diese digitalen Angebote sind für Horn allerdings nur eine Ergänzung und kein Ersatz für den persönlichen Austausch. Mit der Aufhebung von Corona-Maßnahmen in China hofft er auf eine Rückkehr der Messe-Besucher:innen in gewohntem Umfang.
Ebenfalls interessant: Christian Wagner, wie digital ist der Werkzeugmaschinenbau?
Themen, die die Fertigungsbranche bewegen
Die steigenden Kosten in der Fertigungsbranche sind laut Horn eine Herausforderung, regen die Unternehmen aber auch zu innovativen Ideen an, um diese zu bewältigen. Eine wesentliche Rolle spiele dabei, dass moderne Werkzeugmaschinen – unter anderem durch den synchronen Lauf mehrerer Achsen – Prozesse ermöglichen, die so in der Vergangenheit nicht denkbar waren. "Das Vernetzen von Werkzeugmaschine, Zerspanwerkzeug, Spannzeug und Prozess bietet noch viel Potenzial, Produktionsabläufe wirtschaftlicher, effizienter und nachhaltiger zu gestalten", so der Geschäftsführer.
Neben den Teuerungen ist auch der Fachkräftemangel ein großes Thema in der Werkzeugindustrie. Horn unterscheidet hier zwischen akademischen Fachkräften, von denen ausreichend vorhanden wären, und gewerblichen Fachkräften, wo der Mangel besonders gravierend sei. "Es muss uns gelingen, die Attraktivität moderner Berufsbilder, etwa des Industriemechanikers, des Zerspanungstechnikers, des Mechatronikers und vieler weiterer, wieder viel besser zu vermitteln", plädiert Horn. Ein Mittel gegen den Personalnotstand ist für ihn die Investition in die Aus- und Weiterbildung sowie die Förderung des Nachwuchses.
Das viel diskutierte Thema Künstliche Intelligenz hält Horn in Bereichen mit strukturierten Datengrundlagen für nützlich. Er betont jedoch, dass solche Systeme aktuell nicht in der Lage seien, zukunftsgerichtete Aussagen zu generieren oder wichtige Entscheidungen zu treffen, da ihre Leistungsfähigkeit begrenzt ist: "KI-Systeme können riesige Datenmengen nach bestimmte Mustern durchsuchen und daraus Handlungsempfehlungen ableiten, die dann aber nur unter den gleichen Rahmenbedingungen wirklich passen".
In punkto Nachhaltigkeit sieht Horn die Werkzeugbranche als treibende Kraft, denn: "Im Werkzeugbereich arbeiten wir schon immer daran, unsere Produkte so zu optimieren, dass wir trotz geringerem Ressourcen- und Energieeinsatz mehr erreichen". Die Branche solle ihre Erfolge in diesem Bereich besser kommunizieren und sich dazu klarer nach außen hin positionieren.
>> Immer up to date mit der Branche sein? Hier geht’s zum Factory-Newsletter!
Herausforderungen: Energiekosten, Lieferketten, Inflation
Horn attestiert der Branche steigende Belastungen aufgrund von Energiekosten, Lieferkettenstörungen durch geopolitische Unsicherheiten und zunehmende Bürokratie. "Die vielfältigen Nachweispflichten, die zum Großteil zu den Aufgaben eines Staates gehören sollten, sind für die meisten Unternehmen und insbesondere für den Mittelstand nicht mehr leistbar", argumentiert der ECTA-Präsident. Als Beispiel nennt er das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und spricht sich für ein "Ende der Verbotspolitik" aus. Die Lieferkettenproblematik scheint sich laut Horn zu entspannen, da die Nachfrage sinke und Unternehmen resilientere Lieferketten aufbauen. Viele Unternehmen haben laut seiner Einschätzung verstanden, dass man seine Lieferketten resilient aufstellen und nicht nur nach dem billigsten Anbieter schauen solle. "Alternative Lieferanten und eine nachhaltig aufgestellte Lieferkette halten einen auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig", formuliert er seinen Standpunkt.
Die genauen Marktzahlen der Branche sollen erst auf der EMO bekannt gegeben werden. Bereits jetzt erklärt Horn aber, dass der Auftragseingang bei Präzisionswerkzeugherstellern geringer zurückgegangen sei als im gesamten Maschinenbau. Die Leitzinserhöhungen der EZB sieht er zwar als wirksames Mittel gegen die Inflation, sie bergen jedoch auch die Gefahr, die laufende Rezession zu verschärfen.