Studie : Sind wir hoffnungslose Optimisten? Wie krisenfest die Produktionsarbeit in Österreich ist
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Wo die Bedürfnisse und Herausforderungen österreichischer produzierender Betriebe liegen, das ermittelt jedes Jahr seit 2019 das Institut für Managementwissenschaften (IMW) der TU Wien in Zusammenarbeit mit Fraunhofer Austria, EIT Manufacturing und der FH Wien der WKW. Dazu wurden auch diesmal fast 100 VertreterInnen österreichischer Unternehmen befragt. Das Industriepanel „Made in Austria: Produktionsarbeit in Österreich“ präsentiert die Studienergebnisse auf einer offiziellen Veranstaltung am 14. Oktober 2022 im TUtheSky über den Dächern Wiens. Erste wichtige Erkenntnisse erfahren Sie hier schon vorab.
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In Krisenzeiten zeigt sich sehr gut, dass Innovation die beste unternehmerische Lebensversicherung darstellt.Sebastian Schlund
Wirtschaftliche und gesellschaftliche Umstände
Die Umfrage wurde in einem von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krisen geprägten Zeitraum, wie bereits in den Jahren davor. 2022 war bereits zu Beginn von Unsicherheiten wie Lockdowns, Kündigungen und Kurzarbeit, von unterbrochenen und schlecht funktionierenden Lieferketten, steigenden Rohstoffpreisen und weltweiten politischen Turbulenzen gekennzeichnet. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat Österreichs Wirtschaft vor eine weitere äußerst schwierige Situation gestellt. Die Auswirkungen des Konflikts führten zu sprunghaft gestiegenen Energiepreisen und einer für das moderne Nachkriegseuropa unbekannten Phase der hohen Inflation. „In aktuellen Krisenzeiten zeigt sich sehr gut, dass Innovation – gepaart mit kompetentem Sachverstand der MitarbeiterInnen – die beste unternehmerische Lebensversicherung darstellt. Nur dadurch wird der Standort Österreich die aktuellen Faktorkostensteigerungen überstehen können.“, lautet dazu die Einschätzung von Sebastian Schlund, Institutsvorstand am IMW der TU Wien.
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Österreichs produzierende Unternehmen haben in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben in Bezug auf Automatisierung und Digitalisierung gemacht und ernten jetzt die ersten Früchte.Walter Mayrhofer
Optimismus trotz verschlechterter Wettbewerbsfähigkeit
Die österreichische Wirtschaft hat sich zunächst als erstaunlich robust gegenüber den Folgen der COVID-19 Pandemie erwiesen. Dennoch zeigt das aktuelle Ergebnis eine deutliche Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit für die heimischen Produktionsstandorte – zum ersten Mal seit Studienbeginn.
Im Gegensatz dazu herrscht in Bezug auf die globale Wirtschaftsentwicklung – trotz aller Unsicherheiten – noch ein gewisser Optimismus. Und das, obwohl laut den Studienergebnissen kein Unternehmen von den Konsequenzen des Ukraine-Kriegs verschont blieb. Knapp die Hälfte der Unternehmen sind davon stark oder sehr stark betroffen. Als Gründe dafür nennen sie vor allem stark gestiegene Energie- und Rohstoffpreisen sowie die unterbrochenen Lieferketten. „Trotz angespannter Rahmenbedingungen blicken Österreichs produzierende Unternehmen positiv in die Zukunft. Dies ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass sie in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben in Bezug auf Automatisierung und Digitalisierung gemacht haben und jetzt die ersten Früchte ernten“, folgert Walter Mayrhofer, Head of Research bei der FH Wien der WKW.
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In der aktuellen Erhebung können wir einen Anstieg des Arbeitskräftebedarfs beobachten.Johannes Hunschofsky
Automatisierung erfordert gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte
Die von Menschen verrichtete Arbeit wird in der Produktion weiterhin eine bedeutungsvolle Rolle einnehmen. Heuer gehen sogar deutlich mehr ExpertInnen als im Vorjahr von einem „starken Anstieg“ oder „Anstieg“ bei den Beschäftigten aus. Die Erwartungen sind global wie national deutlich optimistischer als im Vorjahr und übersteigen in Hinblick auf Österreich sogar das Vorkrisenniveau von 2019. Zwar verliert die menschliche Arbeitskraft als unmittelbarer Produktionsfaktor an Bedeutung. Jedoch gewinnen die Bereiche Planung, Organisation, Instandhaltung und Innovation durch die verstärkte Automatisierung an Wichtigkeit. Darüber hinaus sind Themen wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Algorithmen des maschinellen Lernens in der Produktion und produktionsnahen Bereichen in der österreichischen Industrie angekommen. Dies erfordert aber auch entsprechend ausgebildete und motivierte MitarbeiterInnen. Hierfür werden in der Mehrheit der befragten Firmen digitale Assistenzsysteme auch für arbeitsplatznahes Lernen eingesetzt.
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Johannes Hunschofsky, Managing Director EIT Manufacturing East, sagt über die Bedeutung von Bildung für den Arbeitsmarkt: „In der aktuellen Erhebung können wir einen Anstieg des Arbeitskräftebedarfs beobachten. Die sich rasch ändernden Anforderungen an die MitarbeiterInnen stellen besonders Schulen, Universitäten und Firmen vor große Herausforderungen. Umschulung, Ausbildung und Weiterbildung bleiben daher essenziell für die Sicherung des Wohlstandes und die Einhaltung der Nachhaltigkeitsziele“. Ob der durch die COVID-19-Pandemie angestoßene Innovationsschub in Bezug auf technologieunterstütztes Lernen auch nachhaltige Innovationen im Bildungsbereich auslöst, das wird sich zeigen. Es wäre wünschenswert, um die Wissensbasis für den weiteren Erfolg der Produktionsarbeit in Österreich zu sichern.
Über das das Industriepanel „Made in Austria: Produktionsarbeit in Österreich“
An der Panelbefragung „Made in Austria: Produktionsarbeit in Österreich 2022“ haben 91 VertreterInnen aus 83 unterschiedlichen österreichischen Unternehmen teilgenommen. Die Zielgruppe der Untersuchung sind GeschäftsführerInnen, BetriebsleiterInnen, ProduktionsleiterInnen aus produzierender Industrie und Gewerbe, die bis zu 31 Fragen zu den folgenden Themenbereichen beantworten:
- Unternehmen
- Markt
- Wettbewerbsfähigkeit
- Anwendung von Robotik und Assistenzsystemen
Um auch entsprechende Aussagen über mittel- und langfristige Entwicklungen treffen zu können (Längsschnitt-Studie), wird jedes Jahr möglichst derselbe Personenkreis befragt.
Der Fokus der PanelteilnehmerInnen liegt hauptsächlich auf produzierenden Unternehmen, was dadurch deutlich wird, dass bei den befragten Unternehmen 56% der MitarbeiterInnen direkt in der Produktion oder in produktionsnahen Bereichen tätig sind. Die durchschnittliche Anzahl der MitarbeiterInnen der befragten Unternehmen lag im Jahr 2021 bei 18 420 weltweit und 2 437 in Österreich. Der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) am Industriepanel lag in diesem Jahr bei 21%.