KI in der Produktion : Kunst kommt von können, nicht von wollen.

Kolumne KI in der Produktion
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Die Fabrik des Jahres in Österreich wurde dieses Jahr am 22. September gekürt. Der Preis geht dieses Jahr nach Vorarlberg an das Werk der Hilti AG in Thüringen. Einer der Hauptgründe für die Auszeichnung war der hohe Grad sinnvoll eingesetzter Digitalisierung zur Effizienzsteigerung in Fertigung und Montage. Zahlreiche Assistenzsysteme unterstützen schon jetzt die MitarbeiterInnen bei ihren Arbeitstätigkeiten.

Künstliche Intelligenz in Österreichs bester Fabrik?

Auf die Juryfrage nach dem aktuellen Produktiveinsatz von KI-Systemen in der Produktion allerdings antworteten die Vertreter des Werks relativ verhalten, dass aktuell eine Reihe von Systemen in der Probierphase ist. Der Dauersatz im operativen Betrieb wird noch etwas dauern. Auf den ersten Blick passt diese Aussage nicht zusammen mit den aktuellen Ergebnissen unserer diesjährigen Made in Austria-Studie. Hier gibt mehr als die Hälfte der österreichischen Industrieunternehmen (52%) an, bereits heute Algorithmen des maschinellen Lernens in der Produktion oder in produktionsnahen Bereichen zu nutzen. Was können diese Unternehmen, was die beste Fabrik nicht kann?

KI in der Produktion wird sich überall dort durchsetzen, wo Arbeit unterstützt und Wertschöpfung erhalten wird.

Experimentieren auf dem Weg zum operativen Einsatz

Nun ja, zum einen decken die Studienergebnisse auch das Vorhandensein von Pilotprojekten ab. Tatsächlich scheint es aktuell so, dass vielerorts das Potenzial von KI-Algorithmen in der Fabrik untersucht und auch viel ausprobiert wird. Gleichzeitig steckt viel mehr KI, als wir denken, in Systemen, die wir heute bereits nutzen. Bilderkennungssoftware baut heute schon sehr stark auf Algorithmen des Maschinellen Lernens auf, Produktionsplanung und -steuerung berücksichtigt bereits heute Prognosealgorithmen, die aus beobachteten Mustern lernen. Und Anomaliedetektion, gerade in der Prozessindustrie, setzt schon heute stark auf Regressions- und Klassifikationsverfahren.

In der Industrie angekommen

Bei Infineon in Villach wird bereits heute Ioni – ein ‚intelligentes‘ Assistenzsystem für die Dokumentation und Problemlösung von Instandhaltungsaufgaben genutzt, welches zusammen mit Fraunhofer Austria entwickelt wurde. Tätigkeiten werden dabei mittels TextMining-Algorithmen aus Wartungsprotokollen extrahiert, analysiert und diese anschießend gezielt den AnwenderInnen in Form von intelligenten Wortvorschlägen zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig lernen System und MitarbeiterInnen dabei datengestützt, welche Kompetenzen zur Problemlösung benötigt werden und wie sich Kompetenzprofile über die Zeit entwickeln. Hier sieht man schnell gute Ergebnisse. Allerdings baut das System auf einer großen Datengrundlage auf und die KI wird nicht allein gelassen. Gerade in Arbeitstätigkeiten wie dem Störungsmanagement und der Instandhaltung großer Anlagen laufen viele Daten und Informationen zusammen. Indizien zur Orientierung und Störungsbehebung stellen hier eine große Hilfe für die Beteiligten dar. Die eigentliche Problemlösung, die häufig eine Kombination kognitiver und manueller Tätigkeiten beinhaltet, führen am Ende qualifizierte MitarbeiterInnen aus

Vorläufiges Fazit

Das ist in der Summe auch mein Zwischenfazit zum Thema: KI in der Produktion wird sich überall dort durchsetzen, wo Arbeit unterstützt und Wertschöpfung erhalten wird. Ich bin mir sicher, dass solche Systeme auch großes Potenzial in anderen Bereichen einer Fabrik haben – beispielsweise auch bei der Montage von Produkten mit hohem Arbeitsinhalt – womit wir wieder bei der Fabrik des Jahres wären…

(Lesen Sie auch: Smart Factories: Die Zukunft der Produktion ist intelligent, vernetzt und anfällig)

Über den Produktions-Award Fabrik2022

Alljährlich vergeben Fraunhofer Austria und das INDUSTRIEMAGAZIN den Fabrik-Award, der als einer der härtesten Produktionspreise Europas gilt. Das diesjährige Siegerwerk in Thüringen ist Hiltis größter Standort für Montage, Zerspanung und Wärmebehandlung bei der Produktion von Bohr- und Meisselhämmern, Direktbefestigungs- und Diamantgeräten sowie halbautonomen Bohrrobotern. Operative Exzellenz erreicht das Werk durch die Kombination von Lean- und Digitalisierungsprozessen. Rund 500.000 Geräte aus 55 unterschiedlichen Produktfamilien fertigt Hilti in Thüringen im Jahr. Auf einer Fläche von 42.000 Quadratmetern sind 38 unterschiedliche Montagelinien installiert und teils mehrfach belegt. Sämtliche Linien sind an ein MES-System angebunden. Visuelle Assistenzsysteme und Dashboards unterstützen Werker an ihren Arbeitsplätzen und sogar Machine Learning wird in ersten Anwendungen genutzt.