Frank Stührenberg : Phoenix Contact-CEO zum 100. Jubiläum: "Glauben an Wachstum"

Phoenix Contact-CEO Frank Stührenberg reiste für einen Kurzbesuch nach Wien. Und das einen Tag, bevor in seinem Unternehmen die Kampagne rund um dessen 100-jähriges Bestehen startet. Das Wachstum im ersten Jahrhundert von Phoenix Contact sei ein organisches gewesen. Bis in die 70 Jahre war die Kurve sehr flach, bevor es bis heute zeitweise sehr steil bergauf ging. Ein Einschnitt war im Krisenjahr 2009 zu beobachten. Doch vor allem in den beiden Jahren nach Pandemieausbruch zog die Nachfrage stark an, was sich auch deutlich im Umsatz niederschlug. Dieser wuchs zwischen 2020 und 2022 um ein Drittel und befand sich zuletzt bei 3,6 Mrd. Euro. Diese Entwicklung sei nicht nur schön, sondern auch anstrengend gewesen, denn: "Nichts ist aufwändiger zu finanzieren als Wachstum", gibt sich Stührenberg leicht geläutert. Aber will er deshalb einen Gang zurückschalten? Weit gefehlt! Seine Prognosen für 2023 sind mit 6% zwar noch verhalten, aber mittelfristig möchte er die 5-Milliardenmarke knacken.

CEO Phoenix Contact Frank Stuehrenberg
Mit 22 000 Mitarbeiter:innen weltweit - 5000 davon am Hauptstandort in Blomberg und 85 in Österreich - sei Phoenix Contact zwar eher als Konzern zu bezeichnen, wie der Geschäftsführer zugibt, dennoch scheint den Gesellschaftern das Label Familienunternehmen nach wie vor am Herzen zu liegen. Stührenberg, der das Elektronikunternehmen seit 2015 leitet, ist tatsächlich der erste CEO, der nicht gleichzeitig Gesellschafter ist und der Eigentümerfamilie Eisert angehört.  - © Phoenix Contact
"Wenn uns etwas aus der Bahn werfen kann, dann das Thema Mitarbeiter:innen"
Frank Stührenberg

Beschäftigte als Flaschenhals

Um die ambitionierten Pläne zu erreichen, baut das Unternehmen stark in Polen, Indien und den USA aus. Auch nach China fließen 20 Mio. Euro in den Ausbau der Sparte E-Mobilität. Im 15 000 Einwohnerstädtchen Blomberg baut man zurzeit an einem vollautomatischen Logistik-Gebäude, das 220 000 m3 zusätzliches Lagervolumen bringen soll. Mit einem "All Electric Society Park" entsteht am Hauptstandort zudem ein Prestigeprojekt, das Besucher:innen den Energiefluss von der Gewinnung über die Wandlung, Speicherung und Verteilung bis hin zur Optimierung näher bringen soll. Der eigentliche Flaschenhals seien aber die Beschäftigten. "Wenn uns etwas aus der Bahn werfen kann, dann das Thema Mitarbeiter:innen", gesteht der Geschäftsführer. Auch wenn man sich teilweise mit Automatisierungslösungen abhelfen könne, spricht er dennoch von einer fünfstelligen Zahl, die in den nächsten Jahren benötigt werde. Vor allem brauche es Fabriksarbeiter:innen wie Kunststofftechniker:innen, für die Homeoffice-Modelle nicht umsetzbar wären. Bei einer Frauenquote von lediglich 15% gäbe es hier laut Stührenberg noch Ausbaupotenzial.

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Im Moment haben wir noch einen großen Auftragsbestand.
Frank Stührenberg

Nachhaltigkeit als Wachstumstreiber

An der Nachfrage dürfte er damit nicht scheitern. Die Energiewende ist für Phoenix Contact ein Wachstumstreiber. Dafür brauche es bis 2030 16 Mio. km neue Energienetzwerke - das sind 20% der bereits bestehenden - und 5,5 Mio. neue Schaltschränke, rechnet Stührenberg vor. Auch im Ausbau der E-Mobilität sieht er einen großen Markt, außerdem werden mehr Windräder und PV-Anlagen als je zuvor gebaut. Mit seinen Produkten, die von Steckverbindern und Leiterplatten über Schaltschrank-Zubehör bis hin zu Lade- und Automatisierungstechnik reichen, lässt die Auftragslage bei Phoenix Contact wenig zu wünschen übrig. Im Gegenteil: "Im Moment haben wir noch einen großen Auftragsbestand", so der CEO. Voll auf den Nachhaltigkeitszug aufgesprungen, teilt er die diesbezüglichen Maßnahmen in drei Bereiche: Erstens, so viel erneuerbare Energie wie möglich, zweitens, so wenig verbrauchen wie möglich und drittens, Power to X, also die Schaffung von Speichermöglichkeiten für überschüssigen Strom. In Hannover zeigt das Unternehmen dazu sogenannte Powerbanks, in denen Wasserstoff gespeichert werden kann.