Plattformökonomie : Franka Emika: Von Google geprägt, von Apple inspiriert

Dr Alwin Mahler

Der promovierte Betriebswirt Alwin Mahler war knapp 12 Jahre bei Google tätig, zuletzt als Managing Director Global Partnerships. Im Dezember 2021 wurde er CEO bei Franka Emika.

- © Franka Emika

Um beim Münchner Robotik-Unternehmen Franka Emika an einen Ansprechpartner zu kommen, dauert es mitunter Monate. Noch im Juli 2021 ging die Unternehmensmeldung raus, dass der Vorsitzende des Deutschen Robotik Verbandes und damalige Geschäftsführer von Universal Robots, Helmut Schmid, die Führung übernommen habe. Und dann wurde es still. Ein halbes Jahr später ließ Franka Emika verkünden, dass mit dem ehemaligen Google-Manager Alwin Mahler ein Neuer als CEO an der Spitze steht. Ihm zur Seite gestellt war CTO Patrick Pfaff, der jahrelang bei KUKA in der Entwicklung vorne mit dabei war. „Alwin Mahler bringt viel Erfahrung mit digitalen Plattformen und dem Aufbau von Unternehmen in Franka Emika ein“, hieß es dazu vom Aufsichtsrat und Gründer Sami Haddadin. Zum Ausstieg Schmids herrscht bis heute Stillschweigen. Dieser selbst schreibt auf LinkedIn, dass er in den sechs Monaten zur Aufgabe hatte, „Franka Emika in einem Transformationsprozess zu lenken und zu führen“. Wohin führte nun dieser Prozess?


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CTO Patrick Pfaff (l) und CEO Alwin Mahler versuchen, Franka Emika zum größten Robotik-Plattformanbieter aufzubauen.

- © Franka Emika

Ein neues Produkt, ein neuer Preis

Ende Juni war es dann doch so weit: auf der Automatica in München nahmen sich Mahler und Pfaff Zeit für ein vierzigminütiges Interview. Bei der Frage, was sich hinter den Kulissen abgespielt habe, ergriff Mahler das Wort: „Wir haben wirklich intensiv am neuen Produkt und dem Produkt Launch gearbeitet. Immerhin sprechen wir hier von der nächsten Generation der Automatisierung für jedermann“. Er ist ein geübter Sprecher, der sich nicht so einfach in die Karten blicken lässt. Der Roboterarm, den das 2016 gegründete Start Up in Hannover erstmals einem breiten Publikum präsentiert wurde, heißt Franka Production 3. Was daran neu ist? Laut Pfaff die Feinfühligkeit. Mit dieser Fähigkeit sollen neue Anwendungsgebiete erschlossen werden, und zwar dort, wo laut Pfaff „montiert und getestet wird und wo man Kräfte in einen Prozess bringen muss. Beim Stecken, Touchen und überall, wo man den Roboter nicht positionsgeregelt fahren kann“. Seine weiteren Eigenschaften sind 3 Kilo Traglast, 833 mm Reichweite – und ein höherer Preis als sein Vorgänger Panda.

„Weil wir von vornherein auf ein Plattform-Businessmodell gesetzt haben, genießen wir die Gunst des Spätgeborenen.“
Patrick Pfaff, CTO

Robotik als Dienstleistung

Die höheren Kosten will Mahler aber nicht als Schwelle für potentielle KundInnen sehen: „Im Gegenteil: preislich halten wir mit den anderen mit, obwohl wir mehr können“. Eine breite Nutzung will er vor allem mit einer KI-gestützten kollektiven Machine-Learning-Plattform erreichen, auf der Franka Emika Robotik-Dienste anbieten wird. Damit folgt er dem Trend XaaS, also Anything as a Service. Ein Blick auf das Geschäftsjahr 2019 zeigt, dass bereits damals 40 Prozent des Gesamt-Umsatzes von rund 10 Millionen Euro auf Software entfielen. „Wir kennen Apps und Plattformen schon seit vielen Jahren aus dem Consumer-Bereich. Nun ist es Zeit, dass wir diese auch in der Produktion etablieren“, lässt Mahler seine Google-Erfahrung durchscheinen. Als Vorbild dürfte ihm jedoch ein anderes Tech-Unternehmen dienen. Eines, das wie Franka Emika viele eigene Patente hat und ein ganzes Ökosystem an Hardware, Apps, Plattform und Betriebssystem vereint. „Wir sind ja eher so ein Apple Modell“, meint er selbstsicher. An anderer Stelle hieß das Ziel auch schonmal, Marktführer der Robotik-Plattformen zu werden.

Franka Emika Patrick Pfaff
Patrick Pfaff hat ein Doktorat in Computer Science absolviert und war danach 12 Jahre lang bei KUKA in der Entwicklung tätig. Seine Laufbahn bei Franka Emika begann Ende 2020, seit März 2021 ist er dort als CTO Teil der Geschäftsführung. - © Franka Emika

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Die Gunst des späten Markteintritts

Das noch relativ junge Unternehmen wird als das zweit-aussichtsreiche deutsche Robotik-Start-Up gehandelt, hinter dem Einhorn Agile Robots. Auch wenn ein Eintritt in den umkämpften Cobot-Markt auch viel Mühsal mitbringt, formuliert ihn Pfaff zum Vorteil um: „Wir fangen sozusagen auf dem Greenfield an. Die etablierten HerstellerInnen, die beim Aufbau ihrer digitalen Ökosysteme alles kostenlos angeboten haben, können nicht von heute auf morgen Geld dafür verlangen. Weil wir von vornherein auf ein Plattform-Businessmodell gesetzt haben, genießen wir die Gunst des Spätgeborenen“. Wie dieses Modell im Konkreten aussieht? Es gibt ein Package, das 25.000 Euro kostet, bei dem ein Grundstock an Apps inkludiert ist. „Mit dem können Sie schon alles Wichtige machen“, beteuert Mahler. Zusätzlich dazu werden spezielle Apps angeboten, für die man extra bezahlen muss. Die Umsätze daraus werden zwischen Franka als Plattform-Host, dem jeweiligen App-Entwickler, und dem Partner, der sie verkauft, geteilt.

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„Unsere Verschlüsselungstechniken erlauben nicht einmal uns, dass wir Daten nachvollziehen können.“
Alwin Mahler

Vernetzen zum Vorteil machen

Über seine Plattform liefert das Robotik-Unternehmen seine Softwareupdates aus, vertreibt Apps und bietet einen App Marketplace für Partner, wo jeder seine eigenen Apps schreiben und in den Store bringen kann. Irgendwann will Franka dort tausende Apps – und damit auch viele vernetzte User – versammeln. Dabei gilt das Prinzip Security by Design. „Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie sich mit dem System connecten wollen, laden Sie die Apps herunter und gehen dann offline. Dann geht nichts raus. Unsere Verschlüsselungstechniken erlauben nicht einmal uns, dass wir Daten nachvollziehen können.“, mildert Mahler die mögliche Sorge vor ungewollten Zugriffen ab. Dem Gedanken der Plattformökonomie folgend, soll den aber NutzerInnen das Vernetzen schmackhaft gemacht werden. Services, wie etwa die Diagnose von Problemen beim Roboter im Feld, funktionieren eben nur, wenn der Anbieter sich mit dem System verbinden kann. „Das heißt, Sie als Nutzer haben es dann noch einfacher und intuitiver und es sind noch weniger Fachkenntnisse notwendig“, folgert Mahler in feinstem Marketing-Sprech.