Pharmaindustrie : Es gibt keine B-Qualität – so produziert die Pharmabranche
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Im Zentrum steht der Mensch. Die Pharmabranche unterliegt anderen Auflagen als die meisten Branchen. Das heißt mehr als ‚nur‘ Kundenzentrierung. Die Qualitätsstandards und Vorgaben sind höher, weil die Produkte tatsächlich in den Menschen eindringen. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb wird in Pharmaunternehmen innoviert und automatisiert – wenn auch unter verschärften Bedingungen.
"Produktsicherheit ist das Wichtigste“, sagt Martin Prinz, CTO der CROMA-PHARMA GmbH. Das Unternehmen stellt mit Hyaluronsäure gefüllte Fertigspritzen her. Hyaluronsäure wirkt als Schmiermittel bei allen Gelenksbewegungen, wird z.B. bei Gelenksarthrosen und auch in der ästhetischen Medizin eingesetzt. Wenn sich in Spritzen Keime oder Partikel befinden, kommt es zu Nebenwirkungen, Infektionen und Entzündungen. Der Mensch ist die größte Keimschleuder und die größte Partikel abgebende Gefahr für das Produkt, so Prinz. Der Gedanke ist einleuchtend, natürlich ist es einfacher Maschinen steril zu halten.
Die Vorgaben in der pharmazeutischen Industrie sind enorm und Fehler dadurch extrem teuer. Vor zwanzig Jahren produzierte man semi-automatisiert in Geräten, die großen Küchenmixern ähnlich waren, erzählt der CTO. Der Inhalt wurde in ein Gefäß mit Pumpe gefüllt. Von dort befüllte man Spritzen händisch. Dann fasste Prinz den Vorsatz, mit der Automatisierung zu starten. Zu der Zeit gab es zwar bereits Füllanlagen für wässrige Spritzensysteme, Hyaluronsäure ist aber gelförmig und höchst viskös. Wenn sie angerührt wird, muss sie nicht nur blasenfrei sein, sondern homogen und klumpenfrei, beschreibt Prinz die Anforderungen. Und sie muss unter Vakuum befüllt werden. Maschinen dafür gab es nicht. So entwickelte man bei CROMA die Maschinen gemeinsam mit Maschinenbauern selbst. Heute betreibt die Firma die modernste Hyaluronsäure-Abfüllanlage der Welt, befüllt bis zu 5.000 Spritzen pro Stunde und hält 150 Patente.
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"Produktsicherheit ist das Wichtigste"
Martin Prinz, CROMA-Pharma GmbH
Automatisierung zur Entlastung der Mitarbeiter:innen
Auch bei Takeda setzt man auf Automatisierung, außerdem auf Digitalisierung und Big Data. „Wir gehen mit jeder unserer Investitionen in das Erneuern von bestehenden Anlagen bzw. auch in Kapazitätserweiterungen einen Schritt weiter in die Richtung Automatisierung“, sagt Karl-Heinz Hofbauer, Leiter der Takeda Produktionsstandorte in Wien. Das österreichische Produktportfolio von Takeda hilft Patient:innen unter anderem in den Bereichen Onkologie, Hämophilie und Genetische Erkrankungen, Gastroenterologie und Immunologie. Man arbeitet daran, die Digitalisierung noch weiter produktiv in die Prozesse einzubauen bzw. zu nutzen, um Prozessschritte zu automatisieren. Sensorik und Datenerfassung sind mittels Big Data in Prozesse integriert. Bots erledigen einfache Abläufe im administrativen Bereich. Automationssysteme schaufeln die Mitarbeiter:innen von repetitiven Aufgaben frei, damit diese sich auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren können.
Qualitätskontrolle und die Grenzen der Automatisierung
Das Mitarbeiterverhältnis verschob sich durch die Veränderung der Aufgaben. So gab es bei CROMA früher 60 Leute in der Fertigung und fünf Techniker:innen, so sind es jetzt 20 Techniker:innen und 8 bis 12 Leute in einer Schicht.
Der letzte Schritt, der bei CROMA eines menschlichen Einflusses bedarf, ist die Sichtkontrolle. Grund dafür ist die Konsistenz der Inhalte. Durch die Viskosität ist es noch nicht möglich auf herkömmliche Verfahren zurückzugreifen. „Die Aufgabe ist für unsere Mitarbeiter:innen sehr anstrengend und darf nicht länger als 20 Minuten am Stück ausgeübt werden“, so Prinz. Automatisierte Lösung gäbe derzeit es noch keine.
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„Es geht nicht darum, alles flächendeckend zu automatisieren und auf Roboter umzustellen, sondern die Automatisierung dort sinnvoll einzusetzen, wo man den größten Hebel hat“
Karl-Heinz Hofbauer, Takeda
Robots und Cobots
Welcher Einsatz macht tatsächlich Sinn? Evaluierungen sind am Laufen, so Karl-Heinz Hofbauer von Takeda. Roboter und Cobots werden auf neuen und bestehenden Produktionslinien verwendet, Gesamtumstellungen werden von Fall zu Fall geprüft. Ähnliche Überlegungen gelten auch für Automated Guided Vehicles, erklärt Hofbauer. Die Einsetzbarkeit müsse den hohen Betreuungsaufwand rechtfertigen.„Es geht nicht darum, alles flächendeckend zu automatisieren und auf Roboter umzustellen, sondern die Automatisierung dort sinnvoll einzusetzen, wo man den größten Hebel hat“.