Kommentar : Zielsicher führen in unsicheren Zeiten
Selten standen Unternehmen vor so vielen Fragezeichen zugleich wie aktuell. „Und daran wird sich mittel-, wenn nicht gar langfristig nichts ändern“, stellt Dr. Jens-Uwe Meyer, Autor des Buchs „Reset – Wie sich Unternehmen und Organisationen neu erfinden“ lakonisch fest. Deshalb stehen aktuell viele Top-Entscheider vor der Herausforderung, „ihre Unternehmen fit für die neue Zeit und veränderten Rahmenbedingungen zu machen“. Doch wie? Einige mögliche Strategien finden Sie hier.
Strategie 1: Wissen sichern, bevor es weg ist
In den nächsten Jahren wird – unabhängig vom weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs, der Corona-Pandemie und des Klimawandels – ein großer Teil der Belegschaft der Unternehmen in Rente gehen. Die freiwerdenden Stellen werden immer schwieriger besetzen zu besetzen sein. „Denn es gibt einfach zu wenig Nachwuchskräfte – und zwar branchen- und funktionsübergreifend“, betont der Organisationsberater Klaus Doll, Neustadt an der Weinstraße. Mit dem Ausscheiden der älteren Fachkräfte fließt meist viel Know-How aus dem Betrieb ab. „Dass Fachkräfte das Unternehmen verlassen, kann man nicht verhindern. Dagegen, dass mit ihrem Weggang aber auch ihr Wissen die Organisation verlässt, hingegen schon.“
Deshalb empfiehlt es sich, ihr Fach- und Erfahrungswissen in Wissensdatenbanken zu speichern. Durch konkrete Anleitungen, was in gewissen Situationen zu tun ist, und ggf. Video-Tutorials kann man die Einarbeitungszeit neuer Beschäftigter Sudien zufolge um bis zu 70 Prozent verkürzen. Auch bei Problemen im Arbeitsalltag helfen Wissensdatenbanken oft weiter – sofern das dort gespeicherte Wissen jederzeit leicht zugänglich ist. Eine Expertin für neue Lernkultur im Unternehmen ist Sabine Prohaska, sie meint: „Das Gros der Mitarbeiter vieler Unternehmen sind heute bereits Digital Natives. Diese nutzen privat, wenn sie etwas wissen möchten, ganz selbstverständlich Google & Co.“ Entsprechend hoch sei heute auch die Akzeptanz von Wissensdatenbanken.
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Strategie 2: Prozesse standardisieren und digitalisieren
Mühsam tragen Beschäftigte bei einer Kundenanfrage die erforderlichen Daten zusammen und erstellen eine Leistungsbeschreibung und ein Angebot – weitgehend nach ihrem Gusto. Auch ob, wie und wann die Angebote nachgefasst werden, ist meist Zufall. Ähnlich verhält es sich bei vielen (Teil-)Prozessen und Aufgaben in Unternehmen. Sie werden mal so und mal so erledigt, je nachdem wer zuständig ist. „In Zeiten, in denen ausreichend Personal verfügbar war und die Auftragslage gut und die Preise moderat waren, konnten sich Unternehmen solche Ineffizienzen leisten“, betont der B2B-Vertriebsberater Peter Schreiber, Ilsfeld. „Doch wenn der wirtschaftliche Druck steigt, ist eine Standardisierung der Leistungspakete und Arbeitsabläufe, soweit möglich, nicht nur im Vertrieb unabdingbar.“
Was früher mühsam mit Excel-Listen, Powerpoint-Folien und Word-Dateien umgesetzt wurde, geht heute mit digitalen Assistenten und Vorlagen blitzschnell.Jens-Uwe Meyer, Autor & CEO Innolytics
Er ist überzeugt: Die Digitalisierung hilft Unternehmen, ihre Organisation deutlich effizienter zu gestalten und Ineffizienzen wirksam zu bekämpfen. Dabei müssen sie das Rad nicht stets neu erfinden. „Managementsysteme wie die ISO 9001 bieten eine gute Orientierung bzw. Basis, wenn es um ein marktgerechtes Qualitätsmanagement und das Definieren und Standardisieren von Arbeitsabläufen geht“, betont Organisationsberater Doll. Zumal es inzwischen hierfür spezielle Software-Programme für den Mittelstand gibt – zum Beispiel von Innolytics.
Strategie 3: Versteckte Einsparpotenziale ermitteln und heben
In fast allen Unternehmen, auch den gut organisierten, gibt es versteckte Ineffizienzen. Materialverschwendung und eine zeitfressende Arbeitsorganisation sind Kostenfallen, die man meist erst auf den zweiten Blick erkennt. „Unternehmen, die regelmäßig mit System ihre Organisation nach Einsparpotenzialen durchforsten, schaffen oft jährliche Effizienzgewinne von 5 und 10 Prozent“, betont die Managementberaterin sowie Lean-und KVP-Expertin Dr. Daniela Kudernatsch.
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Dazu braucht es aber nicht zwingend teure Unternehmensberater. Für Klein- und Mittelunternehmen gibt es hierfür auch Software. Das entsprechende Software-Programm von Innolytics enthält zum Beispiel, wie CEO Meyer erklärt, sogenannte Effizienzaudits, also geleitete Fragebögen, die die Beschäftigten ausfüllen. Die Software ermittelt dann, wo Einsparpotenziale bestehen. Mit einem Wertrechner lässt sich schnell und einfach ermitteln, wieviel Einsparungen die geplanten Maßnahmen bringen.
Strategie 4: Unternehmensübergreifende Kooperation und Vernetzung
Nicht selten steht Selbstständigen und Unternehmen auch das Streben nach Autonomie im Wege, wenn es darum geht, smartere Problemlösungen zu entwickeln und Zeit und Geld zu sparen. Der Vertriebsberater Peter Schreiber fragt sich zum Beispiel oft: Muss jedes Klein- und Mittelunternehmen seinen eigenen Adresspool aufbauen? Wäre es nicht sinnvoller zu entscheiden: Wir bauen mit anderen Unternehmen, die dieselben Zielkunden haben, ihnen aber andere Leistungen anbieten, den für eine effektive Marktbearbeitung nötigen Adresspool auf – und bieten ihnen eventuell sogar gemeinsam Leistungspakete an.“ Mit Hilfe der modernen Kommunikations- und Informationstechnik wäre das kein Problem.
In diesem Bereich bewegt sich, so sein Eindruck, zurzeit vieles, denn: Die heutigen Unternehmensgründer und nachrückenden Top-Manager sind viel offener für solche unternehmensübergreifenden Kooperationen als ihre Vorgänger. Bei deren Anbahnung könnten, so seine Überzeugung, auch Organisationen wie die IHKen und Industrieverbände eine aktivere Rolle spielen.
Die Digitalisierung hilft Unternehmen, marktfähig zu bleiben
Die Digitalisierung hilft Unternehmen in sich rasch und radikal verändernden Märkten wettbewerbsfähig zu bleiben. Dieser Umdenkprozess, so Meyer, „ist in vollem Gang – auch weil in die Top-Entscheider-Positionen immer mehr ‚Digital Natives‘ rücken, die ein anderes Verhältnis zur Digitaltechnik haben“. Die Unternehmen, die diesen Changeprozess durchlaufen haben sind oft erstaunt, wie viel besser sie danach im Markt aufgestellt sind. Denn eines sollte man laut Peter Schreiber nie vergessen: In Krisenzeiten strukturiert sich der Markt neu. Also erwachsen hieraus auch neue Chancen, und diese gilt es zu nutzen.
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