DPP und Datenaustausch : Digitaler Produktpass, quo vadis?

Digitaler Produktpass Grafik
© WEKA Industrie Medien

Kurz zusammengefasst: Der DPP ist ein Schlüsselelement der europäischen Wirtschaftspolitik. Er soll Informationen zu Produkten beinhalten und zugänglich machen. Durch den Datenaustausch soll der DPP-Ressourcen einsparen und Effizienzsteigerungen ermöglichen. Es gibt verschiedene Entwicklungen, die direkt oder über Umwege zur Etablierung des DPP beitragen.

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Die politischen Wege

Als Exekutivorgan der EU stellt die europäische Kommission wirtschaftspolitische Weichen. Mit dem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft wurde 2020 die Grundlage für die „Twin Transition“ gelegt, die grüne und digitale Transformation der Wirtschaft. Dabei wurde der DPP als Umsetzungsvehikel für nachhaltigere Produkte festgelegt.

Seitdem wird am DPP als politisches Instrument gearbeitet. Förderungen wurden aufgesetzt, der DPP fand Einzug in verschiedene nationale Strategien. Auch die 2022 veröffentlichte österreichische Kreislaufwirtschaftsstrategie nennt den DPP als wichtiges Element, derzeit ist über die FFG die Förderung eines österreichischen Leitprojekts zum DPP ausgeschrieben.

Die rechtlichen Wege

Die rechtliche Grundlage für den DPP bildet die europäische Ökodesign-Verordnung. Sie schafft den regulatorischen Rahmen für die Standardisierung des DPP. Zusätzlich ermöglicht sie der europäischen Kommission, spezifische DPP-Anforderungen für unterschiedliche Produktkategorien festzulegen.

Aktuell befindet sich die Verordnung in der finalen Abstimmung. Anfang 2024 soll sie fertig sein. Ab 2027 werden Batterien als voraussichtlich erste Produktkategorie einen DPP mitführen müssen. Die Batterie-Verordnung legt jetzt schon fest, welche Daten der DPP beinhalten muss, dazu gehören z.B. Informationen zu verwendeten Materialien, zur Leistung und Haltbarkeit oder zum CO2-Fußabdruck. Weitere Produktkategorien werden folgen, Textilien und Elektronik gelten als Fixstarter.

Die technischen Wege

Ohne Technologie gibt es keinen DPP. Im Juli 2023 beauftrage die europäische Kommission die Standardisierungsorganisationen CEN und CENELEC mit der Ausarbeitung eines technischen Standards, der Unternehmen die DPP-Entwicklung ermöglichen soll. Im Joint Technical Committee 24 arbeitet man seitdem an der Grundlage dafür.

Noch ist nicht fixiert, welche Technologien und bestehenden Standards DPP-konform sein werden. Parallel zur Standardisierung gibt es aber am Markt schon eine Vielzahl von Anbietern, die DPP-ähnliche Lösungen anbieten. Je nach Produktkategorie gibt es unterschiedliche Ansätze – so spielen z.B. QR-Codes und RFID-Chips bei der Identifikation von Produkten eine wichtige Rolle.

Konzepte wie Self Sovereign Identity (SSI) und Data Spaces werden ebenfalls für die DPP-Umsetzung relevant. Im Catena-X-Projekt der Automobilindustrie ist der DPP ein zentraler Use Case. Rund um bestehende Industrie-Standards wie GS1, OPC UA oder die Asset Administration Shell werden DPP-Projekte pilotiert.

Mit den technischen Implikationen des DPP beschäftigt sich auch in Österreich eine wachsende Zahl von Unternehmen, darunter z.B. Siemens, Lenzing oder die Grabher Group. In der Forschung greift man den DPP ebenfalls auf, z.B. im BatWoMan-Projekt des Austrian Institut of Technology oder im CE-PASS-Projekt, das Salzburg Research zusammen mit AVL List, iPoint und der Universität Graz umsetzt.

Im Dezember 2023 sind zum DPP noch viele Fragen offen. Dennoch: der politische Wille ist vorhanden, die rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu großen Teilen fixiert, technische Lösungen be- und entstehen. Der DPP wird kommen und für europäische Unternehmen in absehbarer Zukunft eine wichtigere Rolle spielen. Der Rubikon ist überschritten, bereiten Sie sich vor.

Full Disclosure: Einige der genannten Unternehmen/Institutionen sind Mitglieder der Plattform Industrie 4.0.