Herstellung Elektroauto-Batterie : Batterie-Technologie: Automatisierung, Energiedichte und Recycling als Gamechanger

Der Markt für E-Autos entwickelt sich positiv, weshalb auch die Frage nach Batterieherstellung, deren Recycling und dem Ausbau der Ladeinfrastruktur immer bedeutender wird. Ab 2035 sollen nur noch emissionsfreie Neuwagen in der EU zugelassen werden. Die Elektrifizierung birgt Wertschöpfungs- und Beschäftigungspotenziale für den Standort Österreich, besagt auch eine Studie zur Transformation der österreichischen Fahrzeugindustrie des Fraunhofer Instituts. Um den Anforderungen gerecht zu werden, erarbeiten bereits einige Firmen Strategien für die Automatisierung, die Erhöhung der Energiedichte der Batterien und den Möglichkeiten von Batterie-Recycling. Gleichzeitig versuchen sie den neuen Regularien gerecht zu werden. Gemeint ist der Batteriepass, der 2024 in der EU zum Tragen kommt, sowie die Recyclingvorgaben, die ebenfalls demnächst schlagend werden.

Es ist nicht wirtschaftlich, immer mehr Batteriefabriken zu bauen, um die steigende Nachfrage zu befriedigen.
Ronny Guber, B&R

B&R: Dreiklang von Fertigungskapazität, Preisdruck und Produktqualität

„Es ist nicht wirtschaftlich, immer mehr Batteriefabriken zu bauen, um die steigende Nachfrage zu befriedigen“ – sagt Ronny Guber, der 2022 zum Branchenexperte für Elektromobilität bei B&R -Automation ernannt wurde. Stattdessen müsse die Fertigung insgesamt effizienter und nachhaltiger werden. Die Automatisierung sei eine Schraube, an der man bei B&R dreht. Zur Durchsatzsteigerung werden Fertigungsprozesse, wie das Markieren oder Schweißen von Batteriestacks, in der Bewegung realisiert. Denn selbst bei langsamer Geschwindigkeiten ist der Produktivitätsgewinn im Vergleich zum getakteten Betrieb hoch.

Als größte Herausforderung für die Produktion sieht man bei B&R-Automation die Fertigungskapazität, Preisdruck und Produktqualität. Mit einem durchdachten Automatisierungskonzept schafft man die nötige Balance, um alle drei Anforderungen zu befriedigen. Gerade bei kleinen Zellformaten führen die hohen Anforderungen der Fertigungskapazität zu sehr kurzen Zykluszeiten, erklärt Guber. So ist man zum Beispiel bei zylindrischen Batteriezellen je nach Größe mit einem Volumen von 300 bis 1.000 Teilen pro Minute konfrontiert. Trotz Optimierung jedes einzelnen Prozesses ist es notwendig verschiedene Prozessstationen mehrfach auszuführen. Dieser Herausforderung kommt man mit modernen Transportsystemen und der damit verbundenen Topologiefreiheit bei.

Durch die Reduktion von teuren Rein- und Trockenraumflächen schafft man eine höhere Produktivität pro Fläche und kann dadurch die Kosten senken. Um den hohen Qualitäts- und Sicherheitsvorstellungen der Automobilindustrie gerecht zu werden, wird Qualitätskontrolle groß geschrieben. Die meisten Prüfungen lassen sich zu 100 % inline durchführen. Als defekt erkannte Zwischenprodukte werden zu einem möglichst frühen Zeitpunkt aussortiert. Dies verhindert unnötigen Ressourceneinsatz und vereinfacht das Recycling. Künstlicher Intelligenz wertet die riesigen Datenmengen aus, optimiert und verhindert Ausschuss.

Recycling beim Design mitdenken

„Es muss das übergeordnete Ziel sein, die wertvollen Bestandteile der Batterien in einem geschlossenen Kreislauf zu halten“, sagt Guber. Als größte Herausforderung sieh der B&R-Manager die Extraktion einzelner Zellen, da die Zellen in den Modulen oft verklebt werden. Dies erschwere die automatisierte Demontage, die notwendig wird, sobald die Anzahl der zu recycelnden Systeme größer wird. Effektives und weitgehend automatisiertes Recycling kann nur gelingen, indem man es bereits in der Designphase mit berücksichtigt, sagt Ronny Guber. Unter dieser Voraussetzung könnte man durch den Einsatz von Robotern Kosten sparen und Sicherheitsrisiken reduzieren. Persönlich meint Guber, dass es noch etwas dauert, bis Batterien aus dem Einsatz im Fahrzeug in großen Stückzahlen zurückkommen.

Ronny Guber ist bei B&R für den Bereich E-Mobility zuständig.
Es wird auch künftig unterschiedliche Batteriebauformen und chemische Zusammensetzungen am Markt geben, für die es wiederum unterschiedliche Anforderungen an Zerlegbarkeit und Wiederverwendbarkeit gibt.
Gerhard Meister, AVL List

AVL List: Den CO₂-Fußabdruck im Blick

AVL List baut in dessen Battery Innovation Center in Graz Prototypenbatterien in größeren Stückzahlen - bis zu über 100 je Prototypen-Baustufe. Dort werden Kernprozesse wie das Stapeln der Batterien zum Modul, das Laserschweißen der Zellverbindungen und die Klebeprozesse voll automatisiert durchgeführt. So kann man bereits in der Prototypenphase robuste Produktionsprozesse und hohe Qualität erzielen. Mittels eingebauten Messgeräten wird die dafür aufgewendete Energie, respektive das CO₂, das beim Schweißen unter Schutzgas entsteht, identifiziert, dem Produkt zugewiesen und in einem Batteriepass dokumentiert. Der CO₂-Fußabdruck des Produktes wird dadurch bereits in einer sehr frühen Phase bestimmt und kann im Produktentwicklungsprozess für das Serienprodukt weiter optimiert werden, erklärt Gerhard Meister, Vice President Electrification, AVL List.

Der digitale Batteriepass und seine Auswirkungen

Die Vorbereitungen zur Einführung des digitalen Batteriepasses sind in vollem Gange. Dazu werden als erster Schritt Daten gesammelt, die entlang der Wertschöpfungskette für verschiedene Beteiligte wertvoll sein könnten. Diese werden im AVL Battery Innovation Center entsprechend gespeichert. Ihre Verarbeitung hilft, um ein Produkt wie die Autobatterie nach ihrem Einsatz im Fahrzeug möglichst sinnvoll und effizient auch für 2nd Life und Recycling nutzbar machen zu können. Trends in der Batterieproduktion Aktuell gehe der Trend in Richtung Lithium-Eisen-Phosphat Zellen, sagt Meister, weil sie wesentlich günstiger als die bekannten NMC (Nickel, Mangan, Kobalt) Li-Ionen Zellen seien. Gleichzeitig kommen vermehrt Natrium-Ionen-Zellen in großen Mengen auf den Markt. Die geringere Energiedichte als die der Li-Ionen Zellen, macht die einfachere Rohstoffverfügbarkeit wett. Zusätzlich nähert man sich dem Start der Serienproduktion von Feststoffbatterien, deren Vorteile eine hohe Energiedichte und ausgezeichnete Schnelladefähigkeit sind. Durch die hohen Produktionskosten werden diese allerdings derzeit nur in Premiumfahrzeugen eingesetzt. „Es wird auch künftig unterschiedliche Batteriebauformen und chemische Zusammensetzungen am Markt geben, für die es unterschiedliche Anforderungen an Zerlegbarkeit und Wiederverwendbarkeit gibt“, sagt Meister. Diese Informationen können End-of-Life-Stakeholdern via digitalem Batteriepass zugänglich gemacht werden.

Trends bei den Materialien

Aktuell gehe der Trend in Richtung Lithium-Eisen-Phosphat Zellen, sagt Meister, weil sie wesentlich günstiger als die bekannten NMC (Nickel, Mangan, Kobalt) Li-Ionen Zellen seien. Gleichzeitig kommen vermehrt Natrium-Ionen-Zellen in großen Mengen auf den Markt. Die geringere Energiedichte als die der Li-Ionen Zellen, macht die einfachere Rohstoffverfügbarkeit wett. Zusätzlich nähert man sich dem Start der Serienproduktion von Feststoffbatterien, deren Vorteile eine hohe Energiedichte und ausgezeichnete Schnelladefähigkeit sind. Durch die hohen Produktionskosten werden diese allerdings derzeit nur in Premiumfahrzeugen eingesetzt. „Es wird auch künftig unterschiedliche Batteriebauformen und chemische Zusammensetzungen am Markt geben, für die es unterschiedliche Anforderungen an Zerlegbarkeit und Wiederverwendbarkeit gibt“, sagt Meister. Diese Informationen können End-of-Life-Stakeholdern via digitalem Batteriepass zugänglich gemacht werden.

Die aktuell in Fahrzeugen eingebauten Batterien haben in zehn bis 15 Jahren ihr Lebensende erreicht. Dieses Zeitfenster gilt es zu nutzen, um die entsprechenden Recyclingkapazitäten zu errichten.
Steffen Haack, Bosch Rexroth

Battery Lifecycle Management bei Bosch Rexroth

„Die aktuell in Fahrzeugen eingebauten Batterien haben in zehn bis 15 Jahren ihr Lebensende erreicht. Dieses Zeitfenster gilt es zu nutzen, um die entsprechenden Recyclingkapazitäten zu errichten“, sagt Steffen Haack, Vorstandsvorsitzender der Bosch Rexroth AG. Mit der Battery Lifecycle Company arbeitet man an Europas erster voll automatisierten Anlage zu Entladung und Demontage von Batteriemodulen. Die spezifische Hard- und Software für das Recycling stammt aus dem kürzlich erweiterten Fertigungsequipment für die Batterieproduktion von Bosch.

Die Joint Venture Partner Remondis-Tochter TSR Recycling und Rhenus Automotive errichten mit Technik von Bosch Rexroth in Magdeburg die erste voll automatisierte Batterierecycling-Anlage. Das Investment ist Erfolg versprechend, denn bei optimalem Recycling lassen sich bis zu 95 Prozent der chemischen Elemente dem Batterie-Produktionsprozess erneut zuführen. Die von Bosch Rexroth entwickelte automatisierte Entladung soll das Recyclingvereinfachen, die Effizienz steigern und auch der Sicherheit dienlich sein: Module lassen sich in wenigen Minuten tiefentladen. Dabei erkennt die Anlage unterschiedliche Batterie-Bauformen und minimiert Risiken wie Kurzschlüsse und Brände.

Automatisierte Entladelösung von Bosch Rexroth.
Das E-Auto potenziell zum Speicher für die Energie aus der hauseigenen PV-Anlage.
Christian Mentin, Silicon Austria Labs (SAL)

SAL: Die Antriebsbatterie wird zum Stromspeicher

Neue Ladeideen für E-Autos sind gefragt. Mit der stetigen Zunahme der E-Mobilität (110.000 E-Autos sind derzeit in Österreich unterwegs) steigt die Relevanz des Stromflusses vom Auto ins Stromnetz (Vehicle-to-Grid) und vom Auto in den Haushalt (Vehicle-to-Home). Der Forschungsbereich Leistungselektronik von Silicon Austria Labs (SAL) entwickelte gemeinsam mit Partnern aus der Industrie (Fronius International GmbH, Infineon Technologies Austria AG, AT & S Austria Technologie & Systemtechnik AG, TDK Electronics GmbH & Co OG, AVL List GmbH) den On-board Charger „Tiny Power Box“. Die kleine Box ist ein direkt im E-Auto verbautes Ladegerät. Sie ermöglicht, die Batterie mit dem Strom des eigenen Haushalts zu laden, ohne dafür in teure Ladeinfrastruktur investieren zu müssen. Im Unterschied zu bestehenden Onboard-Chargern kann das Gerät Strom in der Batterie speichern und diesen bei Bedarf auch wieder abgeben.

Beim bidirektionalen Laden wird zuerst die Netzspannung (230V/50Hz) in eine Gleichspannung (Batterie) für den Antrieb des E-Autos umgewandelt. Um die Antriebsbatterie auch als Stromspeicher für den Haushalt oder das öffentliche Netz zu nutzen, kann der Charger den aus der Batterie entnommenen Gleichstrom wieder in einen 50Hz Wechselstrom umzuwandeln. „Die ‚Tiny Power Box‘ kann bidirektional arbeiten. Dadurch wird das E-Auto potenziell zum Speicher für die Energie aus der hauseigenen PV-Anlage“, sagt Christian Mentin, Leiter des Geschäftsbereichs Packaging & Multiphysics bei den SAL. Das erfolgreiche Forschungsprojekt geht derzeit in die nächste Runde. In der „Tiny Power Box 2“ werden mittels neuester Halbleitertechnologie nochmals verkleinerte und leistungsstärkere Onboard-Charger erprobt, um bei selbem Bauraum die doppelte Leistung übertragen zu können.

Christian Mentin, Leiter des Forschungsbereichs Packaging & Multiphysics bei den SAL.

Die „Tiny Power Box“ ist ein direkt im E-Auto verbautes Ladegerät.

- © SAL
Die Produktion wandelt sich stark mit den neuesten Entwicklungen in der Batteriepacktechnologie.
Christopher Schöpf, e.battery systems

e.battery systems: Thermomanagement für bessere Leistung

Die Nutzung der Lithium-Ionen Zellen verbessert sich von Jahr zu Jahr. Der Vorarlberger Batteriehersteller e.battery systems arbeitet daran, ihre Energiedichte zu erhöhen und sie noch sicherer zu machen, sagt CEO Christopher Schöpf. Sein Team arrangiert und assimiliert die kleinste Einheit so weit, dass es im Batteriepack noch mehr aus der Zelle herausholen kann. Diese Optimierung ist beispielsweise durch gutes Thermomanagement möglich, weiß Schöpf. Das bedeutet, dass man die Temperaturveränderung beim Laden und Entladen unterbindet und die Elemente auf gleichbleibender Temperatur hält.

Die Erhöhung der Spannung in der Batterie verursachte ein höheres Level an Komplexität in der Produktion. Vollautomatisierung sei nicht wirtschaftlich. „Es sind zu viele Handgriffe, die automatisiert werden müssen“, so Schöpf. Ein zweiter Aspekt, mit dem man sich konfrontiert sah, war die Lösung der Frage: Wie bringe ich die Kühlung in das Fahrzeug? State-of-the-Art ist das Dimensionskühlen, bei dem die Zelle mit Öl geflutet wird. Denn Öl hat eine hohe Thermoableitung, die das Thermomanagement unterstützt. Zusammenfassend sagt Schöpf: „Die Produktion wandelt sich stark mit den neuesten Entwicklungen in der Batteriepacktechnologie“.

Halbautomatisierte Produktion
Halbautomatisierte Batteriezellenproduktion bei e.battery systems. - © EBS