Aluminiumschweißen : Aluminium: Der Werkstoff mit besonderen Ansprüchen
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Der Werkstoff Aluminium ist leicht, korrosionsfrei und optisch ansprechend, was ihn zu einem idealen Material für eine Vielzahl von Schweißnähten qualifiziert. Zudem ist Aluminium kosteneffizient und recycelbar, weshalb es immer beliebter wird. Wobei: einige der Eigenschaften, die Aluminium so begehrenswert machen, können den Schweißprozess deutlich erschweren. Dies rührt daher, dass das Material weich, hochempfindlich und durch eine zähe Oxidschicht isoliert ist. Im geschmolzenen Zustand ist Aluminium anfällig für Verunreinigungen, die zu porösen, schwachen Schweißnähten führen können.
(Lesen Sie auch: Wie Fronius Schweißprozesse vereinfachen will)
Aluminium zeichnet sich durch hohe Wärmeleitfähigkeit, Wärmeausdehnung und einen geringen Elastizitätsmodul aus. Das kann zu starken Formänderungen insbesondere bei dünnwandigen Bauteilen führen.Alfred Hartinger, Fronius
Herausforderungen im Schweißprozess
Aluminium und seine Legierungen sind besonders Sauerstoff-affin. Reines Aluminium schmilzt etwa bei 660 °C und die Oxydschicht bei 2050 °C. Da das Oxid bei einer wesentlich höheren Temperatur schmilzt, muss das Metall davon gereinigt werden, bevor der Schweißer oder die Schweißerin loslegen kann. „Im Vergleich zum Stahlschweißen weist das Aluminiumschweißen noch einige weitere Besonderheiten auf“, erklärt Alfred Hartinger, Perfect Welding Research & Development bei der Fronius International GmbH. „Dazu zählt die Kombination aus einer vergleichsweise hohen Wärmeleitfähigkeit sowie Wärmeausdehnung und einem geringeren Elastizitätsmodul. Das kann zu starken Formänderungen insbesondere bei dünnwandigen Bauteilen führen.“
Aus der höheren Wärmeleitfähigkeit und dem niedrigen Schmelzpunkt von Aluminium ergibt sich im Vergleich zu anderen Metallen ein verkleinertes Verarbeitbarkeitsfenster, da es leicht zum Durchbrennen kommen kann. Bei bestimmten Schweißverfahren, wie dem MIG-Schweißen, ist zudem mit Poreneinschlüssen zu rechnen. Außerdem sind beim Start durch eine zu geringe Wärmeeinbringung Bindefehler möglich. Am Ende der Schweißnaht ist durch die hohe Wärmeleitfähigkeit sehr viel Wärme im Material, was die Bildung von Endkratern bewirken kann.
(Näheres dazu: Aluminiumschweißen: Die Verfahren im Überblick)
„Öle und Fette sind von der Aluminiumoberfläche zu entfernen“, so Hartinger. „Denn diese Stoffe können als chemische Kohlenwasserstoffverbindungen unter Einwirkung des Lichtbogens Wasserstoff an das schmelzflüssige Metall abgeben und dadurch das Risiko verstärkter Porenbildung nach der Erstarrung des Schmelzbads erhöhen.“
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"Bei der Auswahl des Schweißverfahrens steht je nach Anforderung entweder die Qualität oder die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund."
Alfred Hartinger
Mögliche Schweißverfahren
Fügeverfahren, die sich für das Schweißen von Aluminium eignen, sind das WIG-Schweißen mit Wechselstrom, das MIG-Schweißen, das MIG-Tandemschweißen, das Laser-MIG-Hybrid-Schweißen oder das Rührreibschweißen. „Je nach Anforderung steht dabei entweder die Qualität oder die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund“, so Hartinger, „wobei das Plasma- und das WIG-Schweißen für eine hohe Qualität insbesondere an dünnwandigen Bauteilen sorgen“. „Das MIG-Verfahren wird meist angewandt, wenn man eine möglichst hohe Produktivität anvisiert.“
Als Schutzgase verwendet man für das Aluminiumschweißen in der Regel die Edelgase Argon oder Helium – in reiner Form oder auch gemischt. „Je nach Zusammensetzung des Schutzgases lässt sich gezielt der Wärmebeitrag verändern“, so Hartinger, „wovon auch der Einbrand, die Schweißgeschwindigkeit und damit letztlich die Zeit zum Ausgasen beeinflusst werden.“
Argon als beliebtes Schutzgas
„Argon ist in der überwiegenden Anzahl der heutigen Anwendungsfälle noch immer das Schutzgas der Wahl“, so Hartinger. Es kann in seiner Reinform sowohl zum MIG- als auch zum WIG-Schweißen eingesetzt werden. Es erzeugt eine Schweißnaht mit einer hellen, glänzenden Oberfläche. Argon verfügt aber nur rund 30 Prozent der Wärmeleitfähigkeit von Helium. Leistungssteigerungen lassen sich über die Beimischung von Stickstoff oder Sauerstoff erzielen. Aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit von Aluminium kann es oft zu unvollständig verschmolzenen Schweißnähten kommen. Dies soll Helium als Bestandteil von Schutzgasmischungen verhindern.
Helium und hochheliumhaltige Argon-Gemische gelangen nur in Ausnahmefällen zur Anwendung.Alfred Hartinger
Helium als Ausnahmegas
Helium ist nicht gerade eine Rarität, soll es doch ein Viertel der Masse des gesamten Universums ausmachen. Dennoch ist es beim Aluminiumschweißen eher eine Ausnahmeerscheinung. Hartinger weiß: „Helium und hochheliumhaltige Argon-Gemische gelangen nur in Ausnahmefällen bei vollmechanisierter oder automatisierter Schweißung und höchsten Qualitätsanforderungen zur Anwendung“. Schutzgase mit hohem Heliumgehalt werden demnach zum MIG-Schweißen dickerer Materialien und zum WIG-Schweißen verwendet. Sie zwingen das Konstant-Stromnetzteil dazu, mehr Spannung zu liefern, wodurch wiederum mehr Wärme eingebracht werden kann. Glatte Oberflächen erreicht man in dem Fall jedoch nur durch Nachbearbeiten mit einer Drahtbürste. Da Helium deutlich teurer als Argon ist, ist dessen Einsatz auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit.
Modifizierte Gasmischverhältnisse wurden in den 1990er Jahren entwickelt, die seinerzeit meist als Argon-Gemische sogar in die Normung EN 439 aufgenommen wurden. Solche Schutzgase steigern die Einbrandtiefe und Prozessstabilität und gelten als weniger porenanfällig. Im Bereich der Schweißung von Aluminium und seinen Legierungen konnten sie sich allerdings nicht durchsetzen. Daher kommen sie heute lediglich beim Schweißen von hochlegierten Grundwerkstoffen zum Einsatz.
Steigender Aluminiumbedarf
Ob im Bauwesen, im Transportberich, in der Elektrotechnik oder im Maschinen- und Anlagenbau: Aluminium ist aus dem Produktionssektor momentan nicht wegzudenken. Laut einer Studie im Auftrag des International Aluminium Institute (IAI) wird die weltweite Aluminiumnachfrage bis 2030 um fast 40 Prozent steigen. Das bedeutet, dass der Aluminiumsektor zusätzlich 33,3 Mio. Tonnen produzieren muss, um das Wachstum der Nachfrage von 86,2 Mio. Tonnen im Jahr 2020 auf 119,5 Mio. Tonnen im Jahr 2030 zu decken. Was bisher noch wenig Beachtung fand: Je mehr Aluminium benötigt wird, desto mehr muss auch verarbeitet werden. Mit der Bedeutung des Aluminiumschweißens wächst auch der Einsatz von Gasen wie Argon und Helium.