Fertigungsautomatisierung : Mehr als Palettenhandling: Wie Fastems mit Software und Services punkten will
Wer den Fastems-Stand auf der EMO 2023 in Hannover gesehen hat, verbindet mit dem Unternehmen vielleicht das Flexible Pallet System (FPS), das mehrere Dreh- oder Fräsmaschinen mit einer Automatisierung verkettet und im September neu vorgestellt wurde. Hinter solch ausgeklügelten physischen Systemen steckt eine mindestens genauso ausgeklügelte Software. Bei Fastems ist das die Manufacturing Management Software (MMS), die vor knapp 25 Jahren erstmals auf der EMO in Mailand vorgestellt wurde. Neu ist, dass der Automatisierungsspezialist seine Software nun auch losgelöst von der Hardware anbietet.
Einen Roboter oder ein Palettenregal an eine Maschine zu stellen, das können viele, meint Stefan Becker, Geschäftsführer der Fastems Systems GmbH. Wirkliche Effektivität schaffe man aber, wenn man Software-seitig auf die Agilität von Prozessen reagiere. Dadurch können Anwender:innen etwa die Spindel-Auslastung erhöhen, automatisiert in die dritte Schicht fahren oder ins Wochenende hinein produzieren. Mit der MMS spricht Becker Produktionsbetriebe unterschiedlichen digitalen Reifegrades an: „Es gibt Kund:innen, die an die Software schon hohe, ausgegorene Anforderungen stellen, während man bei anderen noch die Zettelwand als Planungsmethode findet“. Dementsprechend unterschiedlich können die Herausforderungen für Fastems sein. Wenn in einem Unternehmen beispielsweise bereits ein MES-System im Einsatz ist, entsteht mit der MMS ein Schnittstellenkonflikt, den es zu lösen gilt. Ein Anwender hingegen, der noch ganz am Anfang steht, kann zunächst zwei oder drei Maschinen ohne Automatisierung mit der Fastems-Software steuern und sich – wenn er möchte – nach und nach bis zu einem physisch verketteten System vorarbeiten.
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"Läuft mein System reibungslos?"
Mit dem Anfang 2023 gelaunchten Kundenportal myFastems erweitert der Automatisierer außerdem seine digitalen Services. Anwender:innen können damit sichergehen, dass ihre Automatisierungssysteme rund um die Uhr betriebsbereit sind. Davon Gebrauch machen können alle Bestandskund:innen, die zumindest über die MMS-Version 6 verfügen. Aktuell ist die MMS in der Version 8.1 auf dem Markt, aber Version 8.2 befindet sich bereits in der Pipeline.
Beim Aufbau des Dashboards orientierten sich die Entwickler:innn an den Fragen der Kund:innen. Die wichtigste Frage ist: läuft mein System reibungslos? Als Antwort zeigt das myFastems-Dashboard direkt den Systemstatus an. Wenn es dort unerwünschte Vorfälle gibt, lautet die nächste Frage: Was muss ich jetzt machen? Dafür hält die Anzeige bei einer Fehlermeldung direkt eine Anleitung parat, die empfiehlt, welche Schritte gesetzt werden sollten. Bestenfalls kann der Kunde oder die Kundin das Problem dadurch selbstständig lösen. Falls das nicht möglich ist, kann er oder sie über myFastems das Service-Team von Fastems kontaktieren.
Einfachheit und Komplexität unter einer Haube
In der Entwicklung des Portals haben die Macher:innen eine Persona von vierzig Jahren definiert, die zwar an den Umgang mit Smartphones gewöhnt ist, aber nicht in die digitale Welt hineingeboren wurde – und das Dashboard darauf zugeschnitten. „Das System sollte weitgehend intuitiv, übersichtlich und verständlich sein. Und die Komplexität, die findet unter der Haube statt“, erklärt Torben Petermann, Produktmanager Digital Services bei Fastems. Um die einfache Bedienbarkeit auf die einzelnen Anwendergruppen anzupassen, hat man auch bei der MMS verschiedene Bediener-Ebenen eingerichtet. Jene für den Operator fokussiert sich auf die reine Bedienung und Beschickung der Anlage. Die Ebenen für den Controller oder die Arbeitsvorbereitung weisen mehr Funktionalität auf, aber auch mehr Komplexität.
Über Fastems:
Das aus Finnland stammende Familienunternehmen wurde 1901 gegründet und ist seit rund 40 Jahren in der Automatisierungsbranche tätig. Fastems bietet Automationssysteme für metallverarbeitende Betriebe. Die Hauptanwendungsbereiche liegen in der Paletten- und Roboterautomatisierung, die allesamt mit der offenen Steuerungssoftware MMS ausgestattet sind. Zudem möchte das Unternehmen künftig seine Dienstleistungssparte stärken.
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Torben Petermann, Service Development Engineer
"Wenn wir die Automatisierungssysteme im Detail anschauen, merken wir, dass statt beispielsweise 67 auch 80 Prozent möglich wären – und zwar ohne große zusätzliche Investitionen in Automatisierungs-Hardware oder Maschinen."
Volles Potenzial durch Datennutzung
Viele Kund:innen haben ihr Automatisierungssystem einmal angeschafft, gesehen, dass es effizient ist und sind zufrieden mit dem, was sie an Potenzial rausholen. Aber Petermann weiß, dass oft noch mehr geht: „Wenn wir im Detail draufschauen, merken wir, dass statt beispielsweise 67 auch 80 Prozent möglich wären – und zwar ohne große zusätzliche Investitionen in Automatisierungs-Hardware oder Maschinen“. Gemeinsam mit den Kund:innen überlegen die Expert:innen von Fastems dann, wo dieses Potenzial auf der Strecke bleibt und was sie machen müssen, um das vorhandene System effizienter zu nutzen.
Genau um diese Effizienzsteigerung geht es bei der Abo-Variante von myFastems, die myFastems Performance getauft wurde. Diese liefert ganz konkrete Vorschläge auf Basis der Daten, die auf Kund:innenseite anfallen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz werden diese Daten analysiert und miteinander verknüpft. In Form eines Automation Index bekommt der Kunde oder die Kundin dann angezeigt, inwieweit er oder sie das System ausschöpft. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die die Funktionalität der Software beschneiden und ganz einfach geändert werden können, wie Petermann anhand eines Beispiels erläutert: „Wenn man Aufträge vom ERP-System in unser System einspielen lässt, aber die Fertigstellungsdaten immer auf ‚sofort‘ setzt, dann hat das System keine Möglichkeit zu planen“. Stattdessen solle man laut dem Produktmanager die Daten so einspielen, dass das System einen Planungshorizont für die nächsten Wochen hat. Durch diese einfache Umstellung können Anwender:innen ihre Rüstprozesse optimieren, indem sie etwa Teile, die ähnliche Werkzeuge benötigen, hintereinander fertigen.
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Stefan Becker
"Wir müssen mit der IT-Infrastruktur Schritt halten."
Sichere Software als Zukunftsaussicht
Mit dem Launch von myFastems machte das Automatisierungsunternehmen klar, dass es sich mehr und mehr als Service- und Beratungspartner positionieren möchte. Von technischer Seite bedeutet das, dass die Plattform sich vom aktuellen Status Monitoring weiterentwickelt, bis zum nächsten Etappenziel Condition Monitoring. Langfristig hofft Produktmanager Petermann, dass das System eines Tages auch Predictive Maintenance im Repertoire hat.
„Augenscheinlich ist, dass wir mit der IT-Infrastruktur Schritt halten müssen“, skizziert Becker seine nahe Zukunftsvision. Vor diesem Hintergrund hat Fastems bereits die Oberfläche und auch die Datenbank im Hintergrund an neuste Sicherheitsanforderungen angepasst. Damit soll gewährleistet werden, dass die Software auch in den kommenden Jahren sicher ist, was dem Geschäftsführer ein besonderes Anliegen ist. Denn: „Software ist auch ein Stück weit Vertrauenssache“.
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