Künstliche Intelligenz : Industrial AI: Ein Kompass für die Regulierungs-Reise

Italien verbietet den Zugang zu ChatGPT und prominente KI-Vordenker wie Gary Marcus fordern ein Moratorium für die Technologie. Viele fragen: Schlägt jetzt die Stunde der Regulierer? Eine Initiative aus München hat eine Datenbank mit Industrial AI Use-Cases veröffentlicht, die bei der Risikobewertung der eigenen Applikation helfen kann.

Fakt ist: Der European AI Act ist noch nicht beschlossen und in vielen Unternehmen herrscht Unsicherheit ob der anstehenden Regulierungen – momentan ist das europäische Parlament in den Beratungen. Die Industrie-Initiative Applied AI aus München in der u.a. Siemens, Zeiss, BMW, MTU und Miele vertreten sind, hat jetzt eine Datenbank veröffentlicht in denen Unternehmen KI-Anwendungsfälle schnell und einfach recherchieren können – GPT ist noch nicht Teil der Datenbank aber das Tool ist für jeden Verantwortlichen in der Industrie ein guter Kompass, wohin die Regulierungs-Reise gehen könnte.

Viele Industrieverantwortliche stehen vor der Herausforderung pdfs mit Entwürfen des AI Acts zu durchsuchen um ihren Use Case zu finden und dann selber Risikoeinstufungen abzuleiten. Die Datenbank vereinfacht die Suche und die Einordnung der eingesetzten Technologie. 106 Anwendungsfälle aus dem betrieblichen Alltag haben die Autoren zusammengetragen, bewertet und kommentiert und freuen sich auf Kontributoren. Die untersuchten Unternehmensbereiche gehen von Personal, über Fertigung, Logistik, Supply Chain, Buchhaltung, Einkauf, Kundenservice, Marketing, Forschung und Entwicklung bis hin zu IT und Cybersecurity.

Die Autoren klassifizieren die Anwendungen in „geringes Risiko“, „hohes Risiko“ oder „noch unklar“. Ein hohes Risiko sehen die Applied AI-Expertinnen und Experten vor allem in den Use Cases im Personalwesen, aber auch bei biometrischen Anwendungen in der Produktion oder bei der Kreditwürdigkeit von Zulieferern. Auch wenn das Wissensmanagement in Zukunft KI-Funktionalitäten aufweist, könnte es mit „hohem Risiko“ bewertet werden, und zwar „aufgrund der Komponente der Aufgabenzuweisung. Außerdem könnten Aspekte der Überwachung und Bewertung von Leistung oder Verhalten zum Tragen kommen“, heißt es in der Analyse.

Geringeres Risiko herrscht generell in der Produktion, bei der Patentrecherche, in der Logistik oder im Marketing. 42 Anwendungen sind noch als unklar definiert. Dazu zählt beispielsweise auch die Generative AI in der Produktentwicklung, die in diesen Wochen durch DALL-E oder GPT einen Hype erlebt. Die Autoren verknüpfen das auch mit einem Beispiel: „Elektrofahrzeuge sind Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie (Richtlinie 2006/42/EG), die in Anhang 2 Abschnitt A der AI-Verordnung zur Risikoeinstufung aufgeführt ist. Die Sicherheitsgurthalterung könnte als sicherheitskritisches Bauteil des Fahrzeugs betrachtet werden, da der Sicherheitsgurt daran befestigt ist. Das AI-System wird jedoch nur zur Entwicklung der Halterung verwendet, ist aber nicht Teil des Fahrzeugs.“ Auch autonome Roboter sind noch als „unklar“ definiert. Ebenso gilt für Drohnen für die Inventur laut Datenbank: „it is unclear.“

Wichtig ist den Machern: Die Datenbank stellt keine Rechtsberatung dar und die Autoren übernehmen keine Haftung für Fehler oder Änderungen in den Entwürfen. Die Datenbank informiert und irritiert und das soll sie vermutlich auch, denn im Herbst geht es dann in die entscheidende Phase für den AI Act. Das Tool ist deshalb auch den politischen Entscheidungsträgern empfohlen.