Kolumne : Transparenz in der Produktion: Ja, Nein, Vielleicht!
Erhöhte Transparenz bringt auch Kollateraleffekte mit sich. Denn die Umsetzung ihrer Verheißung ist weder einfach noch gratis. Das ist der eigentliche Kern des Themas. Mit jedem Schritt in Richtung transparenter Produktion treten neue Herausforderungen zutage.
Dazu folgendes kleines Beispiel aus meinem Bekanntenkreis. Ein Freund von mir rannte neulich plötzlich aus der Wohnung und kam wenig später schweißüberströmt mit einem Päckchen in der Hand zurück. Sein Mobiltelefon hatte ihm angezeigt, dass der Paketdienst erfolgreich zugestellt hat. Da allerdings keiner klingelte und mein Bekannter keine Lust hatte, die Sendung erst am nächsten Werktag im Paketshop abzuholen, spurtete er erfolgreich dem Transporter hinterher. Im Produktionskontext kann die transparente Aufzeichnung einzelner Bearbeitungsschritte und -sequenzen direkt oder indirekt zu einer sehr feingliedrigen Leistungskontrolle der einzelnen MitarbeiterInnen führen. Um das zu verhindern, bedarf es vereinbarter Spielregeln zwischen Unternehmen und Belegschaft für die aktuell wenig gemeinhin akzeptierte Vorlagen existieren.
Alles hat seinen Preis
Transparenz ist zudem nicht kostenlos. Technische Voraussetzungen für Transparenz kosten Geld. Jede Buchung, jeder RFID-Tag und jeder Datenübertragungsvorgang möchte und muss bezahlt werden. Auch die organisatorische Herstellung von Transparenz – realisiert über stabile Prozesse, Lean-Methoden oder Reihenfolgeregeln wie FIFO kostet; in diesem Fall meist weniger direkte Geldbeträge, stattdessen Aufwände für Schulung, Motivation und Disziplin der MitarbeiterInnen. Auch die Vorteile der Transparenz sind meist nicht so klar wie es oft scheint. Der Nutzen hängt vielfach stark von der Ausgangssituation und Anforderungen des Marktes, beispielsweise Rückverfolgbarkeitspflichten inklusive möglicher Strafen und Regresspflichten, ab.
Der gläserne Mittelweg
So gilt es vor allem, einen vernünftigen Mittelweg für Transparenz in der Produktion zu finden. Dieser liegt meist in einer Kombination technischer und organisatorischer Maßnahmen mit Augenmaß, insbesondere beim Thema Privacy und Leistungsüberwachung. Transparenz ist zwar die Grundlage für Verbesserung und Optimierung, stellt aber an sich keinen direkten Mehrwert dar. Insofern sollte auch hier jeder investierte Euro gut überlegt sein.