Neuron Automation Interview : Sichere Automatisierung: Ein Blick hinter die Kulissen von Neuron Automation

Neuron Automation Robert Mühlfellner Robert Erasmus

Wollen mit Neuron Automation die Synergien zwischen der Entwicklung funktional sicherer Steuerungen und den Laufzeitsystemen sowie Entwicklungswerkzeugen weiter vorantreiben: Robert Mühlfellner (CTO) Robert Erasmus (CSO).

- © Neuron Automation

FACTORY: Neuron Automation ist aus den beiden Unternehmen logi.cals und ISH entstanden. Was bringen diese jeweils mit und was macht diese Kombination aus?

Robert Mühlfellner: ISH hat sich lange Zeit auf Dienstleistungen im Bereich der Entwicklung funktional sicherer Hardware konzentriert. Logi.cals hat hingegen den Fokus auf Entwicklungswerkzeugen und Laufzeitsystemen gelegt, die auf beliebiger Steuerungshardware laufen können. Wir sehen, dass die Kombination von Produkten und Dienstleistungen einen großen Bedarf im Markt anspricht. Viele Automatisierungshersteller benötigen eine umfassende Lösung und suchen Unterstützung bei der Entwicklung funktional sicherer Hardware, da dieses Expertenwissen oft nicht im eigenen Unternehmen vorhanden ist.

Warum fehlt dieses Wissen in den Firmen?

Robert Mühlfellner: Weil es für viele Neuland ist. Die Entwicklung funktional sicherer Hardware erfordert immer eine Zertifizierung in Zusammenarbeit mit dem TÜV. Dabei können Fehler passieren, die sowohl Zeit als auch Geld kosten. Gleichzeitig sieht man auch, dass diese funktional sicheren Systeme ein Entwicklungswerkzeug brauchen, mit dem man die Applikation schreiben kann. All das bieten wir nun aus einer Hand.

Welche Branchen sprechen Sie damit vorwiegend an?

Robert Erasmus: Unsere Lösungen sind besonders für Automatisierungs-, Sensor-, Antriebs-, Roboter- und Flurförderzeughersteller geeignet. Funktionale Sicherheit ist heute aber ein Schlüsselthema in der gesamten Industrie.

Eine Besonderheit in Ihrem Angebot ist auch die Aufhebung der Grenze zwischen funktionaler Sicherheit und Steuerung. Warum braucht es diese Aufhebung?

Robert Mühlfellner: Die Vereinigung dieser beiden Welten - sicher und funktional - in der Steuerungstechnik bietet zwei Hauptvorteile. Der erste besteht in der Möglichkeit zur Realisierung kostengünstiger Hardware.

Wie funktioniert diese Vereinheitlichung?


Robert Mühlfellner: Historisch betrachtet waren diese Systeme getrennt. Die funktionale Hardware übernahm die primären Steuerungsfunktionen auf einer Maschine, während die sichere Steuerung überwachte und bei Gefahr abschaltete. Diese Methode ist seit etwa 20 Jahren Stand der Technik. Wir hingegen integrieren den funktionalen Teil direkt in den sicheren Bereich.

Was ist der zweite Vorteil, von dem Sie gesprochen haben?

Robert Mühlfellner: Der betrifft die Entwicklungswerkzeuge. Hierbei sind normalerweise getrennte Tools erforderlich, um beide Funktionalitäten zu unterstützen. Wir hingegen können sie in einer einzigen Entwicklungsumgebung vereinen und somit Schnittstellen reduzieren. Dadurch entsteht eine gemeinsame Datenbasis, was weniger Konfigurationsaufwand bedeutet. Entwickler:innen können sich auf die Funktionalität konzentrieren und müssen sich weniger um Randdetails kümmern. Das spart Zeit und reduziert die Fehleranfälligkeit.

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  • Robert Mühlfellner

    "Viele Automatisierungshersteller benötigen eine umfassende Lösung und suchen Unterstützung bei der Entwicklung funktional sicherer Hardware, da dieses Expertenwissen oft nicht im eigenen Unternehmen vorhanden ist."

FACTORY: Warum braucht es Ihrer Ansicht nach mehr Automatisierung in der Produktion?

Robert Mühlfellner: Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften in der Produktion wird immer geringer. Dies kann teilweise durch höhere Automatisierungsgrade ausgeglichen werden. Zudem können bestehende Mitarbeiter:innen für sinnvolle Tätigkeiten eingesetzt werden. Störungen in den Lieferketten führen auch dazu, dass die Produktion wieder näher zum Kunden in Europa verlagert wird. Hier spielt Automatisierung eine Schlüsselrolle, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wo sehen Sie aktuell die größten Automatisierungstrends?

Robert Mühlfellner: In einer Ära, in der die Sicherheit am Arbeitsplatz einen zunehmend kritischen Stellenwert einnimmt, gewinnt die Gewährleistung der Sicherheit von Produktionsanlagen und Maschinen enorm an Bedeutung. Hierbei kommt der funktionalen Sicherheit eine immer größere Rolle zu. Eine weitere Entwicklung ist die wachsende Flexibilität in der Fertigung. Durch die Individualisierung steigt die Variabilität in den Fertigungsprozessen. Während man früher hunderttausende von gleichen Produkten auf einer Linie gefertigt hat, bevor man umrüsten musste, geht man jetzt mehr und mehr in Richtung Losgröße 1. Dies erfordert flexible Fertigungslösungen. Ein zusätzlicher Trend, der ins Blickfeld gerückt ist, betrifft die gesteigerte Aufmerksamkeit auf die Logistik. Heute steht die Nachverfolgung des Wegs eines Produkts von der Fertigung bis zum Endverbraucher im Fokus, einschließlich aller dahinterstehenden Prozesse. Um diese Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten, wird auch hier immer mehr Automatisierung integriert. Und ich finde es spannend, mit Neuron hier ein Rädchen in dieser Entwicklung zu sein.

Robert Erasmus: Mir ist zusätzlich auch das Thema Standardisierung sehr wichtig. Die Fähigkeit, wiederkehrende Funktionen durch ein Test-Framework vorab zu prüfen und in einer Bibliothek abzulegen, ermöglicht höhere Qualität und verringert die Anfälligkeit für Fehler. Wenn ein Ingenieur eine Automatisierungsanlage programmiert, muss er nicht mehr SPS-Projekte und Programme, die er schon programmiert hat, zusammenkopieren und dabei womöglich immer wieder denselben Fehler machen. Dank der T3 Qualifizierung unserer Entwicklungsumgebung Neuron Power Engineer sowie dem integrierten Testframework können die Elemente der Bibliothek bis SIL3 vorzertifiziert werden und stehen somit für funktionale Engineering-Aufgaben zur Verfügung – man ist also automatisch funktional sicher unterwegs.

  • Robert Erasmus

    "Die Cloud ist ein Rückgrat in der SPS-Welt. Das geht von Lösungen für SPS-Programmierer, die sie auf ihren Notebooks installieren oder über Cloud-Applikationen umsetzen können, bis hin zu Team-Engineering-Möglichkeiten."

FACTORY: Welche Bedeutung tragen dabei Cloudlösungen?

Robert Erasmus: Die Cloud ist ein Rückgrat in der SPS-Welt. Das geht von Lösungen für SPS-Programmierer, die sie auf ihren Notebooks installieren oder über Cloud-Applikationen umsetzen können, bis hin zu Team-Engineering-Möglichkeiten. Dies ermöglicht Teams, die über verschiedene Länder verteilt sind und an größeren Automatisierungsprojekten arbeiten, gleichzeitig an ihren SPS-Lösungen zu arbeiten.

Robert Mühlfellner: Wir bewegen uns immer noch in einem Umfeld, in dem viele ihre Werkzeuge weiterhin auf dem Desktop nutzen und sich direkt mit Steuerungen verbinden. Zahlreiche dieser Steuerungssysteme sind noch nicht in der Cloud integriert. Allerdings äußern einige unserer Kunden zunehmend den Wunsch, von lokaler Arbeit wegzugehen, da die Teamarbeit durch Cloud-Anbindungen erheblich erleichtert wird. Die Nutzung der Cloud wird also kontinuierlich zunehmen.

Was ist für dieses Jahr mit Neuron Automation noch geplant?

Robert Erasmus: Der Fokus liegt darauf, die Alleinstellungsmerkmale von Neuron Automation klar auf dem Markt zu kommunizieren. In den vergangenen Wochen haben wir intensiv an der Weiterentwicklung unserer Web-Präsenz gearbeitet. Wir werden außerdem auf der SPS-Messe in Nürnberg im November aktiv vertreten sein.

Über die Roberts

Robert Mühlfellner lebt in den USA und verantwortet seit März 2022 als CTO bei Neuron Automation die Definition und Umsetzung der Produktstrategie. Er bringt über 20 Jahre Erfahrung in der Applikation, Projektleitung und im Produktmanagement von Automatisierungslösungen mit. Wenn Robert Mühlfellner nicht gerade an der Verbesserung von Entwicklungswerkzeugen und Safetylösungen für Automatisierer arbeitet, findet man ihn in der Natur beim Laufen oder Radfahren.

Robert Erasmus ist seit Jänner 2023 als CSO für den Vertrieb und das Marketing bei Neuron Automation zuständig. Bis Ende 2022 war er zehn Jahre als Director Professional Services bei einem führenden E-CAD Systemhersteller für Österreich und die Region SEMEA verantwortlich. Davor wirkte er 22 Jahre lang bei logi.cals in Österreich und konnte schon damals die Bereiche Support, QS, Vertrieb mitgestalten. In seiner Freizeit ist er gerne im eigenen Garten, auf Reisen oder – typisch österreichisch – auf den Schipisten unterwegs.