Weltpremiere im STRABAG-Steinbruch : Realitycheck: Wasserstoffantriebe in der schweren Bauindustrie

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Erstmals ersetzt grüner Wasserstoff konventionellen Diesel beim Einsatz von Großradladern im Praxisbetrieb. Dadurch können bis zu 37.500 Liter Diesel oder rund 100 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.

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Es war ein regnerischer Tag im STRABAG-Steinbruch Gratkorn, aber die Laune aller Anwesenden war ausgelassen. Relevante Personen vor Ort waren die Mitarbeitende des Steinbruchs, die mit dem Gerät schlussendlich arbeiten müssen. VertreterInnen der Energie Steiermark bis hin zu deren Vorstandsdirektor Martin Graf sowie eine Delegation von Liebherr samt Jan Liebherr, Präsident des Verwaltungsrats der Liebherr-International AG, fanden sich ein. Die STRABAG war selbst bis hinauf zum Vorsitzenden des Vorstands der STRABAG SE Klemens Haselsteiner vertreten. Die amtierende Klimaschutzministerin Leonore Gewessler komplettierte die hochkarätige Runde.

Denn es wurde eine Weltpremiere vorgestellt, die zwar noch im Prototypenstadium ist, aber bereits im Betrieb funktioniert: Ein Großradlader, der große Mengen an Abraummaterial im Steinbruch klimafreundlich bewegen kann.

STRABAG und Liebherr werden den Radlader in einem mehrjährigen Testbetrieb im täglichen Einsatz erproben. Die Technologie des Wasserstoffmotors erlaubt es, auch große Fahrzeuge, die aufgrund hoher Energiebedarfe schwer zu elektrifizieren sind, CO2 frei zu betreiben.

Ein „Minimum Viable Product“ (MVP) im Realbetrieb

Der Großradlader ist von Liebherr in der Schweiz entwickelt und vom Liebherr-Werk in Bischofshofen gebaut worden. Der Wasserstoff, der für den Betrieb benötigt wird, liefert die Energie Steiermark mittels eines Wasserstoff-Trailers von einem Elektrolyseur in Gabersdorf. Der Elektrolyseur wird mit Strom aus Photovoltaik betrieben, womit der Wasserstoff „grün“ wird. Lediglich der Transport durch den Trailer ist aktuell noch nicht klimafreundlich, denn der Wasserstoff-Trailer darf bis dato noch nicht von einem wasserstoff- oder batteriebetrieben LKW gezogen werden.

Lesetipp: Wasserstoff ist sinnvoll, aber kein Wundermittel

Der Großradlader befindet sich weiter im Besitz von Liebherr und die STRABAG setzt das Fahrzeug im Realbetrieb im Steinbruch ein. Damit kann Liebherr seine Neuentwicklung unter Realbedingungen testen und bekommt kundenorientierte Rückmeldungen durch die Mitarbeitenden der STRABAG. Die Erkenntnisse werden zur Verbesserung des Produkts verwendet.

Dieses Konzept des „Minimum Viable Product“, kurz MVP, das dem Kunden verfügbar gemacht aber noch nicht verkauft wird, kennt man ursprünglich aus der Softwareentwicklung. Die Tatsache, das schnelles Lernen mit Kunden unter Realbedingungen möglich ist, spricht für eine gewisse Reife der Entwicklungsabläufe bei Liebherr.

STRABAG CEO Klemens Haselsteiner im Wasserstoff-Radlader.

Wasserstoff verbrennen ist nicht die perfekte Lösung

Es handelt sich bei dem Antrieb des Großradladers um einen Kolbenmotor, der statt mit Diesel mit grünem Wasserstoff betrieben wird. Laut Angaben der STRABAG lassen sich damit jährlich 37.500 Liter Diesel und damit etwa 100 Tonnen CO2 einsparen. Das ist in der Tat eine signifikante Verbesserung und jedes Gramm CO2 zählt. Jedoch kommt unweigerlich die Frage auf: Warum muss man Wasserstoff verbrennen? Das Molekül ist generell ein seltenes Gut, da es auf der Erde fast nur in gebundener Form – meist in Wasser oder Kohlenwasserstoffen – vorkommt. Man braucht beträchtliche Mengen Energie, um molekularen Wasserstoff (H2) zu erzeugen. Das Verhältnis im Elektrolyseur ist etwa 4:1 – vier Teile elektrische Energie ergeben einen Teil Wasserstoff.

Derzeit wird nur etwa 1 % des weltweiten Wasserstoffs aus regenerativer Energie erzeugt, der Rest stammt aus fossilen Energieträgern und ist in Zeiten der Klimakrise definitiv keine Alternative. Zudem gibt es Sektoren, wie die Stahl- oder Glasherstellung, die diesen Stoff für die Prozesse selbst brauchen. An diesem Punkt wird spätestens klar, warum grüner Wasserstoff kostbar ist und möglichst effizient verwendet werden muss. Da Verbrennungsprozesse aus physikalischen Gründen immer große Effizienzvernichter sind, stellt sich auch beim gegenständlichen Radlader unweigerlich die Frage, ob es nicht effizienter geht. Doch das ist aktuell noch keine Option.

Im Beisein von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hat STRABAG mit seinen Partnern Liebherr und Energie Steiermark ein Pilotprojekt zum Einsatz eines wasserstoffbetriebenen Radladers im Steinbruch Gratkorn gestartet.

Elektromotoren und Brennstoffzelle im Steinbruch derzeit nicht geeignet

Der Wirkungskrad, den ein Elektromotor bisher schafft, ist nach Angaben der Liebherr-Entwickler noch nicht tauglich, um Lasten eines Großradladers zu bewegen. Bei Baufahrzeugen bis zu 15 Tonnen sind elektrifizierte Antriebe schon heute problemlos möglich.

Die Brennstoffzelle versagt derzeit noch bei den vorherrschenden Bedingungen in einem Steinbruch. Dreck und Staub setzen Membranen zu und größere Neigungswinkel sind für eine Brennstoffzelle problematisch. Das kann sich sicher in einigen Jahren geändert haben. Aber derzeit scheint es für den Anwendungsfall mit großen Lasten in einer dreckigen Umgebung mit steilen Hangneigungen nur die Option des Verbrennungsmotors zu geben.

Meilenstein mit vielen offenen Fragen

Aufgrund der gegebenen Rahmenbedingungen ist die Anwendung eines wasserstoffgetriebenen Kolbenmotors zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll. Dabei ist es aber wichtig, die Problematik des Verbrennungsprozesses und dem knappen Gut von grünem Wasserstoff immer im Blick zu haben.

Lesetipp: Meilenstein für die Entwicklung von Brennstoffzellen

Interessant wäre zu wissen, mit welchem Wirkungsgrad der Wasserstoffmotor tatsächlich auskommt. Die Entwickler von Liebherr hüllten sich dazu in Schweigen. Die einzige Antwort, die man bekam, war, dass dieser „sehr effizient“ sei. Aber eben nur so effizient, wie ein Verbrennungsmotor sein kann und das ist aufgrund der physikalischen Gesetze der Thermodynamik bei etwa 25 %. Womit ein Großteil der eingesetzten Energie nach wie vor als Wärme und nicht in gewünschte Bewegung umgesetzt wird.