Kommentar : Bundesvereinigung: Logistik braucht "Fast Lane" für kritische Infrastruktur
Kommentar von Präsident des BVL Österreich, Dr. Roman Stiftner
„Wir haben zahlreiche Herausforderungen an mehreren Fronten gleichzeitig zu bewältigen. Covid und nun der Russland-Ukraine-Krieg haben uns in einen Dauerkrisenmodus versetzt. Die Kriegshandlung führen zu heftigen Disruptionen in den Supply Chains – mit Verwerfungen in den maritimen Transportwegen und eingeschränkten Transportrouten für Luftfracht sowie gestörten Bahnverbindungen zwischen Europa und Asien. Dazu kommen noch Schiffsstau und drohende Streiks in den wichtigen Häfen Europas. Die Logistik erweist sich hierbei einmal mehr als der stabilisierende Faktor für die Wirtschaft und den Standort.“
"Slowbalisierung" der Branche
All das trifft uns jedoch nicht plötzlich. Mehrere Jahre haben Donald Trumps Handelskonflikte die Welt in Atem gehalten. Dann kam Corona und nun stehen die geopolitischen Spannungen zwischen Europa, China und Russland auf der Agenda. Damit verlangsamt sich die Globalisierung und führt zu einer „Slowbalisierung“ mit mehr regionaler Wertschöpfung. Diese Entwicklung hat auch Vorteile und unterstützt die Anstrengungen der Branche in die Nachhaltigkeit und Emissionsfreiheit.
Beschleunigung Genehmigungsverfahren für systemkritische Infrastruktur und Energieversorgung nun Gebot der Stunde
Der Krieg in der Ukraine, die Verknappung und Verteuerung bei Energie und Rohstoffen sowie eine hohe Inflation sind schwierige Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Logistik und belasten Lieferketten. Logistik und Infrastrukturen werden auch für leitungsgebundene Transportwege, wie Gas-Pipelines für LNG und Stromleitungen für Solar- und Windkraftwerke gebraucht. „Diversifikation und Investitionen in die Resilienz unserer Versorgung sind kurzfristig umzusetzen“, appelliert Roman Stiftner an die Politik. Wenn die Gasversorgung für die Industrie ausfällt, brechen auch die Lieferketten zusammen und damit die Versorgung der Bevölkerung, selbst mit dem Lebensnotwendigsten.
Die BVL Österreich fordert folglich Frau Bundesminister Gewessler mit Nachdruck auf, aktiv zu werden und kurzfristig die Energieversorgung mit nichtrussischem Gas sicherzustellen. Ansonsten stehen Produktionen still und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Straße. „Wir haben mit Freude die Ankündigungen der Frau Bundesminister vernommen, dass die Errichtung von Windrädern in Zukunft rascher gehen soll, jedoch greift diese Regelung viel zu kurz“, befürchtet Stiftner. Kurzfristig lassen sich fossile Energieträger nicht durch erneuerbaren Strom ersetzen. Wir brauchen eine Sicherstellung der Gasversorgung durch neue Zugänge zu LNG-Gas und alternative Gas-Lieferanten. Es bedarf einer Fast Lane, einer eigenen Überholspur, in Form von beschleunigten UVP-Verfahren für die kritische Infrastruktur- und Industrieprojekte – wie für neuer Gas-Pipelines oder Stromleitungen. Sowohl Stromleitungen als auch Pipelines werden ohnehin für die Transformation in eine CO2-neutrale Energieversorgung mit Wasserstoff dringend benötigt.
Veränderungen in den der Wertschöpfungsketten: Back to Europe
Darüber hinaus müssen Produktion und Industrie in Europa willkommen sein. Auch wenn es höhere Emissionen am europäischen Kontinent bedeutet, sind sie noch immer niedriger als Importe mit einem hohen Carbon-Foot-Print aus China. Und die globale Erwärmung kennt keine Länder- oder Kontinentgrenzen. Die BVL Österreich unterstützt daher alle von der EU ausgehenden Bemühungen zur Verbesserung der strategischen Autonomie („Strategic Autonomy“). Diese Maßnahmen erfordern mehr Produktion und Industrie in Österreich und Europa sowie veränderte Logistikketten.
Diese mehr auf regionale Wertschöpfung zielende weltweite Änderung der Wertschöpfungs- und Logistikketten hat Positives, denn es werden die Anstrengungen zu einer nachhaltigen und CO2-neutralen Wirtschaft damit unterstützt.Roman Stiftner, Präsident BVL Österreich
Personal- und Fachkräftemangel nehmen weiter zu
Veränderungen in unserer Gesellschaft, aber auch die demografische Entwicklung verschärfen den Personal- und Fachkräftemangel der Branche. Nicht nur LKW-Fahrer – in allen logistischen Bereichen fehlen Fach- und Nachwuchskräfte. Und es fehlt die Frauen-Power. Die BVL Österreich legt daher mit Unterstützung von Dr. Susanne Raab, Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, einen besonderen Fokus auf Frauen in der Logistik.
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