Autozulieferer erwartet kaum Wachstum : Bosch-Chef Hartung: "Standortschließungen sind für uns nur die letzte Option"
Auf allen Märkten sei die Nachfrage nach E-Autos zögerlich, auch wenn sie weiter zunehme. "Aber auch über alle Antriebsarten hinweg rechnen wir im nächsten Jahr nicht mit einem deutlich höheren Wachstum der Stückzahlen", ergänzte er am Rande der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation in Hannover.
Der Stiftungskonzern erwartet eine stagnierende Fahrzeugproduktion von rund 93 Millionen weltweit. "In Summe ist das ein extrem anspruchsvolles Umfeld, weil sich die Gesamtstückzahlen nicht so positiv entwickeln", sagt Hartung. "Das bleibt auch so." Das Renditeziel des Unternehmens von gut 5 Prozent erfordere angesichts der Risiken im Geschäftsverlauf noch einen sehr anspruchsvollen Jahresendspurt.
Batterieelektrische Pkw wachsen zwar noch gegenüber dem Vorjahr, aber es gibt eine deutliche Eintrübung.
Volatiler Markt im Bereich der E-Mobilität
In Europa fehlten dem Markt wegen der schwachen Nachfrage einige Millionen Autos im Vergleich zu den Erwartungen vor fünf Jahren. "Das heißt nicht, dass der Markt dauerhaft zurückgegangen ist. Es kann aber ein paar Jahre länger dauern, bis wir das alte Niveau erreicht haben", erklärt der Bosch-Chef. Damit sieht er nicht so schwarz wie Volkswagen-Finanzchef Arno Antlitz, der den europäischen Markt dauerhaft 2 Millionen unter dem Volumen von 2019 sieht, dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie. In der Europäischen Union wurden damals 15,3 Millionen Pkw neu zugelassen.
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VW begründete unter anderem mit dieser Prognose den Schritt, das Sparprogramm der Kernmarke zu verschärfen, womöglich mit Werksschließungen und Entlassungen. Die Krise des größten europäischen Autobauers sendet Schockwellen in die Branche, die ohnehin schon unter großem Druck steht. Auch Bosch machte bereits kleinere Standorte zu und streicht insgesamt rund 7.000 Arbeitsplätze, knapp die Hälfte davon im Autogeschäft.
In der E-Mobilität gebe es Überkapazitäten, dafür sei die Produktion an anderer Stelle besser ausgelastet als geplant, sagte Hartung. "Batterieelektrische Pkw wachsen zwar noch gegenüber dem Vorjahr, aber es gibt eine deutliche Eintrübung." Stärker gefragt seien Plug-in-Hybride. Solche Veränderungen seien normal, wenngleich es mit dem Auf und Ab beim Umstieg auf E-Autos häufiger als früher Veränderungen gebe, mit denen das Unternehmen umgehen müsse.
Dass es keinen weiteren Handlungsbedarf gibt, kann heute niemand mit Sicherheit sagen.
Öffnung der Regulatorik gefordert
Eine genaue Vorhersage der Folgen für die Beschäftigung im kommenden Jahr sei nicht möglich. "Dass es keinen weiteren Handlungsbedarf gibt, kann heute niemand mit Sicherheit sagen", sagte der Bosch-Chef. "Standortschließungen sind für uns aber nur die letzte Option."
Bosch werde trotz des Rückschlags beim Hochlauf von E-Autos, der in Deutschland durch den Wegfall der staatlichen Kaufprämie besonders heftig ausfiel, an seiner Strategie festhalten. "Wir werden die Elektrifizierung auch weiter mit hoher Intensität verfolgen." Bei den Klimaschutzvorgaben der Europäischen Union, die von den Autoherstellern im Vergleich zu heute geforderten 95 Gramm/Kilometer CO2-Ausstoß im Schnitt bei Neuwagen eine Reduktion um 55 Prozent bis 2030 verlangt, sieht Hartung Änderungsbedarf. "Wir haben jetzt festgestellt, dass wir uns nicht ganz mit diesen direktiven Elementen zurechtfinden."
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Die für 2026 und 2027 vorgesehene Überprüfung der Vorschriften für Pkw und Lkw solle besser früher kommen. "Es sollte eine Öffnung der Regulatorik hin zu anderen Maßnahmen wie klimaneutralen Kraftstoffen, also e-Fuels und Wasserstoff, geben", forderte Hartung. Zudem hält er nichts von Subventionen zum Kauf von E-Autos oder -Lkw, da dies auf Dauer nicht finanzierbar sei. Sinnvoller wäre es, Steuervergünstigungen für E-Autos zu gewähren und die Besteuerung künftig vom CO2-Ausstoß abhängig zu machen. Verbrennerautos würden so mit der Zeit teurer und das E-Auto attraktiver werden. "Man muss nur aufpassen, dass man nicht schlagartig handelt. Jeder unerwartete Kostenzuwachs ist für den Konsumenten nicht gut. Aber wenn man das schrittweise und systematisch angeht, kann jeder damit planen und rechnen."