Batterieproduktion : „Batterien müssen in Hochgeschwindigkeit produziert werden“

Guber Ronny

Ronny Guber ist seit Februar 2022 zentraler Ansprechpartner für den Bereich E-Mobilität bei B&R. Er ist seit mehr als 15 Jahren im Unternehmen und leitete zuletzt das Vertriebsbüro in Regensburg. Zuvor sammelte er als Applikationist Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit Kunden aus der Automobilindustrie und der Batterieproduktion.

- © B&R

FACTORY: Herr Guber, wir sehen immer mehr Elektrofahrzeuge auf den Straßen. Wird dieser Trend anhalten?

Ronny Guber: Definitiv. Der Marktanteil von Elektrofahrzeugen ist exponentiell gestiegen, selbst während des weltweiten Rückgangs der Autoverkäufe aufgrund der Pandemie. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2036 Elektrofahrzeuge die Mehrheit aller weltweit verkauften Autos ausmachen werden.

Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Guber: Verbraucher legen immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit. Ob sie sich beim nächsten Autokauf für ein Elektroauto entscheiden, hängt für viele von zwei Faktoren ab: Preis und Reichweite. Im Hinblick auf diese beiden Aspekte spielen Batterien eine entscheidende Rolle.

Warum ist die Batterie so entscheidend?

Guber: Batterien machen etwa ein Drittel der Kosten für Elektrofahrzeuge aus. Ihre effiziente Herstellung ist daher entscheidend, um die Preise auf ein für Verbraucher akzeptables Niveau zu bringen. Für eine optimierte Reichweite ist es notwendig, die neueste Batterietechnologie so rasch wie möglich auf den Markt zu bringen und eine besonders hohe Fertigungsqualität zu erzielen.

(Lesen Sie auch: Wilfried Sihn: "E-Mobilität ist nicht die einzige Lösung")

Um die erforderliche Kapazität und Kosteneffizienz zu erreichen, müssen Hersteller von E-Fahrzeugen Zykluszeiten erreichen, die um einiges schneller sind als für herkömmliche Autoteile.
Ronny Guber

Wird die Batterieproduktion mit den wachsenden Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen mithalten können?

Guber: Das ist die entscheidende Frage. Die Antwort hängt zu einem großen Teil davon ab, wie gut die Fabriken automatisiert sind. Um die erforderliche Kapazität und Kosteneffizienz zu erreichen, müssen sie den Stop-and-go-Verkehr zwischen den Bearbeitungsstationen eliminieren und Zykluszeiten erreichen, die um einiges schneller sind als für herkömmliche Autoteile. Diese Fabriken müssen kontinuierlich in Hochgeschwindigkeit produzieren.

Welche Rolle wird Automatisierungstechnik dabei spielen?

Guber: Die Maximierung der Geschwindigkeit ist die zentrale Aufgabe der Automatisierungstechnik, insbesondere von intelligenten Transportsystemen. In diesen Systemen bewegen sich die Produkte durchgehend – ein manuelles Eingreifen ist nicht nötig. Darüber hinaus können Bearbeitungsschritte bei voller Geschwindigkeit im laufenden Betrieb ausgeführt werden. Durch die enge Synchronisierung aller Automatisierungskomponenten können die Verarbeitungszeiten der einzelnen Stationen noch weiter verkürzt werden.

(Lesen Sie auch: B&R ernennt erstmals Ansprechpartner für E-Mobilität)

Battery Production
Im Jahr 2036 werden die Elektroautos gegenüber Verbrennern weltweit das Rennen machen. Ronny Guber, der Experte für E-Mobilität bei B&R, verrät, wie Automobilhersteller und Zulieferer bei der Batterieproduktion aufs Gas steigen können. - © b&r
Es ist nicht mehr notwendig, Batteriezellen manuell von einem Transportsystem zum nächsten zu übergeben. Dieser Prozess dauerte für einen Satz von zehn Zellen bisher fast eine Minute.
Ronny Guber

Was bedeutet das in Zahlen ausgedrückt?

Guber: Durch die enge Synchronisierung zwischen Track-System und Bildverarbeitung sind wir in der Lage, Batteriezellen in 50 Millisekunden zu identifizieren, während sie mit vier Metern pro Sekunde vorbeiziehen. Dafür werden keine externen Auslöser, Lichter oder teure Kameras benötigt. Müsste man das Produkt dafür anhalten, würde das zwei volle Sekunden dauern. Für den Identifizierungsprozess ergibt sich damit eine Zeitersparnis von 97,5 Prozent. Auch viele andere Schritte der Batteriezellenproduktion, zum Beispiel wenn die Zellen verklebt werden, können bei voller Geschwindigkeit ausgeführt werden und erzielen so Zykluszeitverkürzungen von 90 Prozent.

Kann man also sagen, dass man die Produktivität erhöht, indem man die einzelnen Bearbeitungsschritte beschleunigt?

Guber: Ganz genau. Zudem ist es nicht mehr notwendig, die Zellen manuell von einem Transportsystem zum nächsten zu übergeben. Dieser Prozess dauerte für einen Satz von zehn Zellen bisher fast eine Minute. Wenn man all diese Sekunden zusammenzählt und mit den Mengen multipliziert, über die wir hier sprechen, ist das ein absoluter Meilenstein in puncto Teile pro Minute. Aber auch im Hinblick auf die Produktionsdichte und die Maschinenverfügbarkeit.

Wenn Sie eine Fabrik haben, die zwei- oder dreimal so schnell ist, ist es im Grunde so, als hätten Sie zwei oder drei Fabriken.
Ronny Guber

Können Sie das genauer erklären?

Guber: Intelligente Track-Systeme ermöglichen es, den gesamten Produktionsfluss als ein großes Netzwerk zu gestalten, das aus vielen miteinander verbundenen Stationen besteht. So können Zykluszeiten optimal koordiniert und Bearbeitungsstationen reduziert werden. Puffer und Leerläufe, die nur unnötig Platz brauchen und keinen Mehrwert bringen, können ganz einfach eliminiert werden. Indem Sie langsame Verarbeitungsstationen parallelisieren, lässt sich die Produktivität steigern, ohne dass der Footprint in gleichem Maße wächst. Sollte eine Station defekt sein, werden die Teile im vernetzten Produktionsfluss einfach umgeleitet. Kleine Unterbrechungen haben daher keine so große Auswirkung auf die Gesamtanlageneffektivität wie in einer herkömmlichen Anlage.

Was bedeutet das für die Batterieproduktion?

Guber: Es könnte möglich sein, die siebenfache Leistung pro Linie zu erreichen. Hersteller könnten dann zum Beispiel vier konventionelle Linien durch eine Hochgeschwindigkeitslinie ersetzen und so nur noch ein Viertel der Stellfläche benötigen. In anderen Worten: Wenn Sie eine Fabrik haben, die zwei- oder dreimal so schnell ist, ist es im Grunde so, als hätten Sie zwei oder drei Fabriken.

(Außerdem interessant: Immer effizientere Roboter führen zum Umbruch in der Produktion)