Elektromobilität : Wilfried Sihn: "E-Mobilität ist nicht die einzige Lösung"

Wilfried Sihn Fraunhofer Österreich

Prof. Wilfried Sihn, Professor an der TU Wien und Geschäftsführer der Fraunhofer AG

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Immer weniger private Neuzulassungen, steuerliche Erhöhungen, Covid-19 aber auch immense Importprobleme von wichtigen Zulieferteilen aus Asien sowie wirtschaftliche Abhängigkeiten sind nur einige der Probleme mit denen die Branche zu kämpfen hat. Prof. Wilfried Sihn, Professor an der TU Wien und Geschäftsführer der Fraunhofer AG weiß in diesem Zusammenhang: „Die Ziele der Hersteller und die Wunschfahrzeuge der Kundinnen und Kunden überschneiden sich mittlerweile nur mehr in seltenen Fällen“. Zulieferer sind mittlerweile mehr an der Verbauung ihrer Teile in E-Autos oder in teure Automodelle interessiert, für die sich die Nachfrage in Grenzen hält. Wenn man sich die Verkaufszahlen genauer ansieht, wird dies nur bestätigt. Zwar stürzen sich Firmen auf E-Autos und alternative Kraftstoffe, nicht aber Privatpersonen. Daher ist ein allgemeiner Verkaufsrückgang merkbar.

Fokus auf E-Mobilität politisch motiviert

In der Gesamtüberlegung hinsichtlich Zukunft und Mobilität stehen aber natürlich nicht nur E-Autos in Diskussion. „Wir haben in den letzten Jahren verstärkt gelernt, vorhandene und neue Technologien einzusetzen. Diese werden mittlerweile nicht mehr nur in der Kommunikation, sondern auch in der Automobilindustrie eingesetzt“, sagt Prof. Sihn darüber. Weiters gibt es andere alternative und nachhaltig gehandelte Kraftstoffe, chemische wie Wasserstoff oder Kraftstoffe aus Biomasse. Prof. Sihn meint hierzu weiter: „Der Wandel, die Transformation in der Mobilität, und in der Automobilbranche im Speziellen, sind politisch motiviert. Es waren nicht die Automanager_innen, die von heute auf morgen meinten, sie müssten E-Mobilität an die erste Stelle setzen als die einzige Lösung unserer Probleme.“ Dies sei für ihn grundsätzlich ein guter Weg, aber man muss diese Umstellung ganzheitlich betrachten und nicht die Probleme, die mit der Produktion, Lieferung und Entsorgung einhergehen, vernachlässigen. „Für die nächsten Jahrzehnte werden unterschiedliche Systeme nebeneinander existieren, Wasserstoff wird dann vor allem für Lkws und Busse zum Einsatz kommen, aber auch Diesel und Benzin werden weiterhin Thema bleiben. Da führt noch kein Weg daran vorbei“, ergänzt Prof. Sihn.

Handlungsbedarf bei Fachkräftemangel

„Österreichische Unternehmen sind für die Transformation gut aufgestellt, es braucht aber Unterstützung. Durch die Elektromobilität gibt es zusätzliches Beschäftigungspotential, dieses bedarf aber zusätzlicher Aus- und Weiterbildung. Beim Fachkräftemangel sowie bei Managementpositionen besteht Handlungsbedarf.“, meint Prof. Sihn. Es müsste aber der gesamte Mobilitätsprozess berücksichtigt werden, um in Zukunft bestehen zu können.
„Kurz gesagt braucht es in Zukunft sicher mehr Wissen, und es werden auch neue Management-Methoden und -Kompetenzen gefragt sein“, so Prof. Sihn. Der MBA Automotive Industry der Academy for Continuing Education etwa bietet Einblicke in die Strukturen und Prozesse sowie die aktuelle Lage in der Automobil- und Zulieferindustrie.