Mobile Instandhaltung bei Schaeffler : „Smartphones sind heute nicht mehr wegzudenken“

Bei Wartungstätigkeiten ist Papier oft das Mittel der Wahl. Relevante Informationen sind an stationären PCs zu finden, an denen Instandhaltungsaufträge gebucht werden. Wenn ein Mitarbeiter wissen will, in welchem Zustand sich eine Maschine befindet, wie lang die letzte Reparatur zurückliegt oder in welchem Stadium ein aktueller Auftrag ist, muss er meistens laufen. Von der Maschine zum Computer, von dort zum Drucker und wieder zurück zur Maschine. Das sind viele leere Kilometer und verlorene Zeit, bis man die gesuchten Informationen findet und schließlich als Zettel in Händen halten kann. Papier ist geduldig, sagt man. Doch die Instandhalter von Schaeffler hatten irgendwann genug von dieser Verschwendung und überlegten, wie man diese Prozesse optimieren könnte. 2019 wurde schließlich die erste App dafür entwickelt – und das Projekt Mobile Maintenance war offiziell geboren.

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Instandhaltung: viel mehr als an Maschinen zu schrauben

Das globale Digitalisierungsprojekt Mobile Maintenance ist mitunter Anna-Theresa Kundmüllers Hauptverantwortungsbereich. Seit einem Jahr ist sie fix an Bord. Über das duale Studium Service-Engineeringund die dazu gehörigen Praxiseinsätze hat sie schon davor Instandhaltungsluft bei Schaeffler geschnuppert – und ihr Steckenpferd darin gefunden. „Beim Wort Instandhaltung denken die meisten, man steht an Maschinen und schraubt. Aber es ist viel mehr als nur das“, sagt die Ingenieurin. Besonders fasziniere sie daran der digitale Aspekt: „In meiner Generation sind Handys und Apps nicht mehr wegzudenken – und daher ist es spannend, auch im Arbeitsumfeld damit zu tun zu haben“. Als Spezialistin für Global Maintenance sitzt sie an der Schnittstelle zwischen den weltweiten Instandhaltungsteams und den Software-Entwickler:innen. Wenn Optimierungen vorgenommen wurden, schickt Kundmüller ihr Test-Team aus und erteilt schlussendlich ihre Freigabe. Sie bespricht mit der Entwicklungsabteilung, welche Verbesserungen notwendig sind und diskutiert deren Durchführbarkeit. „Hier ist neben dem technischen Wissen auch sehr viel Organisationsaufwand dabei“, berichtet sie aus ihrem Arbeitsalltag.

Sechs Apps für effiziente Prozesse

Was Mobile Maintenance betrifft, hat alles mit der sogenannten MeDA (Measurement Document Application) angefangen. Mit dieser App erfassen die Schaeffler-Mitarbeiter:innen ihre Messbelege, wie etwa die Betriebsstunden, den Ölverbrauch, und bestimmen Differenzwerte.

Bald darauf folgte mit der ROCA (Repair Order Creation Application) eine zweite App, mit der sich Reparaturaufträge erfassen lassen. Sie ist eine von zwei Anwendungen, auf die alle Mitarbeiter:innen von Schaeffler zugreifen können. „Bei der ROCA ist es sinnvoll, dass auch ein Fertigungsmitarbeiter einen Auftrag anlegen kann, weil er meistens an der Maschine steht und sieht, wenn etwas nicht so läuft, wie es sollte und somit am schnellsten den Reparaturauftrag erfassen kann“, erklärt Kundmüller. Mithilfe der Reparaturauftrags-App lassen sich auch Schadensbilder dokumentieren, um festzuhalten, welches Bauteil betroffen ist und eventuell ersetzt werden muss.

Mit der nächsten App namens MOCA (Maintenance-Order-Control-Application) kann ein Instandhaltungsmitarbeiter oder eine Instandhaltungsmitarbeiterin diesen Auftrag weiterbearbeiten. „Wenn wir aus der Instandhaltungssicht von der MOCA sprechen, ist das unser Herzstück. Man kann damit Aufträge starten, bearbeiten, unterbrechen, fertig melden und auch hier wieder mit Fotos dokumentieren“, schwärmt die Instandhaltungsspezialistin von dem Tool.

Die vierte App nennt sich PreMA (Preventive Maintenance Application). Damit können die Wartungstätigkeiten mit Fotos und Messwerten dokumentiert werden. „Diese App ist ein wichtiges Beispiel, was die Vermeidung von Papier angeht, weil die Wartungstätigkeiten mittels Kreuzchen-Eintragen meist über ausgedrucktes Papier abgehandelt wurden. Und das konnte mithilfe unserer Wartungs-App digitalisiert werden“, so Kundmüller.

Die EquInA(Equipment Information Application) zeigt die Informationen zur Produktionsmaschine an. Auf ihr sind allgemeine Informationen wie etwa Stammdaten Hersteller, Baujahr und hinterlegte Dokumente abrufbar. Auch aktuelle und vergangene Aufträge sind einsehbar, genauso wie frühere Ausfälle der Maschine.

Die neueste App ist dieses Jahr live gegangen und heißt MaWA (Maintenance Warehouse Application). Mithilfe dieser Anwendung kann der Instandhaltungsmitarbeiter nachsehen, ob ein Ersatzteil auf Lager ist und dieses direkt ausbuchen. Deshalb nennen sie die Instandhalter auch einfach Lager-Entnahme-App.

Aktuell funktionieren all diese Apps ausschließlich auf Arbeitshandys oder Tablets. Dafür muss heute nicht zwingend für alle Instandhaltungs-Mitarbeiter:innen ein eigenes Smartphone angeschafft werden. Damit sich mehrere Kolleg:innen schichtübergreifend ein Gerät teilen können, hat man iPhones unpersonalisiert und auf die ausschließliche Nutzung der Instandhaltungsapps beschränkt.

Foto Anna Theresa Kundmueller
Anna-Theresa Kundmüller nimmt als Speakerin am 21. November an der Instandhaltungskonferenz im Siemens Innovationhub Linz teil. Dort hält sie den Vortrag „Mobile Maintenance @ Schaeffler“. - © Schaeffler

Der Messpunkt an einer Maschine wird via QR-Code einscannt. Danach erscheint die Maske, wo im Anschluss ein Wert definiert werden kann.

- © Schaeffler

Predictive Maintenance als weiterer Schritt

Neue Apps stehen in nächster Zeit keine an. Auch wenn es bereits Ideen dafür gäbe, sitzen diese erstmal auf der Wartebank. Schaeffler ist gerade in einer SAP-Umstellungsphase von R3 zu S4. „Wir arbeiten die Instandhaltungsprozesse per SAP-PM-Modul ab, das heißt, all unsere entwickelten Apps sind SAP-basiert“, erklärt Kundmüller. Im Rahmen dieser Umstellung müssen daher auch die Instandhaltungs-Apps wieder auf den neuesten Stand gebracht werden.

Mit seinem mobilen Instandhaltungskonzept ist Schaeffler vorne dabei, was die Digitalisierung und Optimierung von Prozessen angeht. Mit Apps wie MeDA oder EquInA kann man hier von relativ weit entwickeltem Condition Monitoring sprechen. Wobei Schaeffler hier mit anderen Systemen auch schon sehr weit ist. Inwieweit die angewandten Methoden schon unter den Begriff Predictive Maintenance fallen, ist mitunter Definitionssache. Die Entwicklung führt jedenfalls in diese Richtung: Seit drei Jahren erhalten Schaeffler-Mitarbeiter:innen in den einzelnen Werken Schulungen über vorausschauende Instandhaltung und ihre Einsatzmöglichkeiten. Anna-Theresa Kundmüller ist Teil des Schulungsteams und wird dieses Wissen aus Europa in andere Regionen tragen. Ziel dieser Bemühungen ist die Schaffung eines Predictive Maintenance-Netzwerks an allen Standorten von Schaeffler, damit jeder Instandhaltungsmitarbeiter und jede Instandhaltungsmitarbeiterin diese Methoden kennt und anwenden kann.

Instandhaltungskonferenz am 21. November in Linz

Die “Realtime-Instandhaltung” durch totale Vernetzung und absolute Verfügbarkeit aller Daten und Fakten ist in der Theorie leicht erzählt, in der Praxis jedoch ergeben sich zahlreiche Hürden. Mit digitalen Mitteln können Unternehmen jedoch das Leben ihrer Techniker aktiv erleichtern, die Arbeit effizienter gestalten und so neue Talente für sich gewinnen. Man denke etwa an die Instandhaltungsplanung, Zustandsüberwachung und vorausschauende Wartung. Doch wie bleibt man bei all diesen Innovationen up to date und wie meistert man sie?

Die Instandhaltungskonferenz bietet eine optimale Gelegenheit, bei all den neuen Möglichkeiten auf dem neusten Stand zu bleiben.

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