Industrielle Reinigung : Schmutzrückstände: Wie unzureichende Reinigung zum Instandhaltungsproblem wird
„Sauberkeit ist kein eindeutiger Zustand, sondern ein Spektrum, das oftmals sehr breit ausgelegt ist“, meint der Senior-Beratungsingenieur Hans-Jürgen Kastner. Als Mitglied des Deutschen Industrie-Reinigungsverbands spricht er sich für klare Regelungen aus, um den Anlagenbetreibern mehr Macht, aber vor allem auch betriebswirtschaftliche Vorteile in die Hand zu geben. Denn: „Für die technische Sauberkeit nach der Reinigung, zum Beispiel eines Wärmeübertragers, gibt es augenblicklich keine Kriterien, wie sie etwa in der Elektrotechnik üblich sind“, so Kastner weiter. Er argumentiert, dass Reinigungsdienstleister allzu häufig ein bloßes Standard-Programm durchführen. Da Reinigungsmittel jedoch an die Oberfläche und den vorliegenden Schmutz angepasst werden müssen, schade dieses Vorgehen der Qualität der Reinigung.
Diese Sachverhalte verursachen beim Betreiber oder der Betreiberin einen Mehraufwand, der vermeidbar wäre. Unnötige Kosten ergeben sich aus dem Betrieb einer Anlage, die aufgrund mangelnder Sauberkeit mehr Energie verbraucht. Sie ergeben sich aus verkürzten Reinigungsintervallen – und schließlich aus der vorzeitigen Verschrottung und der Wiederbeschaffung der Apparate. All dies ist auch aus Gründen der Nachhaltigkeit nicht wünschenswert.
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Bereits eine Verschmutzung von 0,5 mm über der Oberfläche eines Wärmeübertragers beeinflusst die Wärmeübertragung wesentlich.Hans-Jürgen Kastner
Erhöhter Energieverbrauch durch Verschmutzung
Am Beispiel von Wärmeübertragern zeigt sich, wie die Reinigung die Effizienz eines Apparates beeinflussen kann – und sich dadurch auf den Energieverbrauch auswirkt. „Es wird in der Regel unterschätzt, dass bereits eine Verschmutzung von 0,5 mm über der Oberfläche eines Wärmeübertragers die Wärmeübertragung wesentlich beeinflusst“, so Kastner. Laut dem Experten neigt aufgrund vorgefundener Betriebsbedingungen ein Fünftel aller im Bestand befindlichen Wärmeübertrager zu besonders kritischer Schmutzablagerung.
Restschmutz nach einer Reinigung verstärkt die Wiederverschmutzung, er fördert den Verschleiß, wodurch der Apparat öfter gereinigt werden muss. Besonders nachteilig ist es, wenn bei einer Reinigung in den Rohren eines Wärmeübertragers vorliegende Verschlüsse nicht entfernt werden. In einem solchen Fall fällt die gesamte Fläche dieses Rohres für die Wärmeübertragung aus.
Gängige Reinigungsverfahren
Das Hochdruckverfahren ist das gängigste Verfahren auf dem Gebiet der industriellen Reinigung. Seit Jahrzehnten etabliert, ist der Hochdruckreiniger auch für Dienstleister meist das Mittel der Wahl. Doch: „Das Naheliegende ist nicht immer das Beste!“, merkt Kastner an und verweist auf die alternativen Reinigungsverfahren, wie etwa das Druckwellen-, RTC-, verschiedene Spülverfahren oder auch die Reinigung mit Ultraschall. Letzteres ist für Kastner das vielversprechendste Verfahren. „Erste Erfahrungen belegen, dass sich das Ultraschall-Reinigungsverfahren durchsetzen könnte, weil es dem Hochdruckverfahren in seiner Reinigungsleistung überlegen ist“, gibt sich Kastner überzeugt.
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Wann sauber wirklich sauber ist
Wie können Anlagenbetreiber nun sichergehen, dass die Reinigung ihres Wärmetauschers effektiv war? Die Messtechnik zur Überwachung der Verschmutzung in Wärmeübertragern, die zur Verkrustung und zur Ausbildung von Verschlüssen neigen, werde laut Kastner zu selten eingesetzt. Seiner Meinung nach bedürfe es einer qualifizierten Überwachung des Verschmutzungsfortschritts. So könne auch der optimale Zeitraum für die nächste Reinigung vorausschauend ermittelt werden.
„Die Sauberkeit eines Wärmeübertragers könnte an der Gegenüberstellung der Wärmeübertragungsfähigkeit im Moment der Erstinbetriebnahme und der gemessenen Wärmeübertragungsfähigkeit nach dem Betrieb und der Reinigung dargestellt werden“, regt Kastner an. Dafür empfiehlt er eine Bewertung nach der VDI 4663 „Methodik der Bewertung von Energie- und Stoffeffizienz“, an der er selbst mitgewirkt hat. Damit lasse sich auch die Leistung unterschiedlicher Reinigungsverfahren unter gleichen Verschmutzungsbedingungen in baugleichen Wärmeübertragern vergleichen. Im DACH-Raum bisher wenig bekannt ist ein von der Firma TALCYON angebotenes reflektometrisches Messverfahren, das akustische Impulse misst. Es wurde in Asien bereits mit dem Preis „Technologieführerschaft Rohrinspektion“ ausgezeichnet, und auch Kastner setzt einige Hoffnung in das Verfahren.
Wie man die Verschmutzung auch misst: Mit mehr Einsicht über den Zustand ihrer Apparate ergeben sich für die Betreiber betriebswirtschaftliche Vorteile. Sie können eine mangelhafte Reinigung nachweisen und von den Dienstleistern eine höhere Reinigungsqualität einfordern. Damit alle dasselbe unter „sauber“ verstehen.
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