Virtual Reality : Datenbrillen: Gerade noch kritisch beäugt, heute nicht mehr wegzudenken
Die Gerätetechnik in den Anlagen wird intelligenter und die Vernetzung steigt im Zuge von Industrie 4.0 rapide – sowohl unternehmensintern als auch über Unternehmensgrenzen hinaus. Einen zusätzlichen Push gaben die Covid-Restriktionen in der Pandemie. Kürzlich noch eher zögerlich verwendet, kam es zu einem kräftigen Anstieg des Einsatzes von Virtual und Augmented Reality-Geräten in der Produktion.
Hände frei als „Must“ in produzierenden Verfahren
„Der Hauptvorteil der Datenbrille ist: Ich habe die Hände frei", sagt Robert Duchac, Business Unit Manager Wearables beim Datenbrillen-Anbieter Barcotec. Alles andere könne man mit einem Smartphone, mit einem Tablet oder mit einem Laptop genauso gut oder sogar besser bewältigen als mit einer Datenbrille mit Micro-Display. Die Freiheit der Hände und die Möglichkeit manuelle Arbeitsschritte durchzuführen, während man digital assistiert wird, sei also das Grundfeature, von dem die Anwendungsgebiete abgeleitet werden. Funktionalitäten wie gemeinsame Videocalls, eingespielte Montageanleitungen, Fotos ausgelöst durch Sprachbefehle und Speech-to-Text verfeinern die Anwendungsmöglichkeiten. Zudem bringen sie Effizienz und vereinfachte Prozesse.
„Der Hauptvorteil der Datenbrille ist: Ich habe die Hände frei"Robert Duchac, MA, Business Unit Manager Wearables Barcotec
Downtime reduzieren durch Remote Assistance
Die Länge der Downtime entscheidet, wie schnell die Verluste in die Höhe schnalzen können. Jede Minute zählt. Eine Downtime von 30 Minuten, und Fehlerbehebung über die Verwendung von Smart Glasses macht im Vergleich zur Anreise des Technikers in frühestens vier Stunden einen gravierenden finanziellen Unterschied. Remote Assistance ist im Produktionsumfeld ein starker finanzieller Faktor. Viele Unternehmen investieren mittlerweile in virtuelle Infrastruktur, denn nicht zu investieren ist auf lange Sicht teurer. „Wenn eine Abfüllanlage bei einem großen Lebensmittel produzierenden Unternehmen oder auch nur ein Teil davon steht, dann erzeugt das per se schon einen Schaden für die Firma“, sagt Robert Duchac.
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Mit Datenbrille zu höheren First-Time-Fix-Raten
„Wir haben Zeit, Geld und die Frustration gespart, Tausende von Kilometern zurückgelegt zu haben.“, so Klemens Fliri, Collaboration Services Manager, Hirschmann Automotive. Die Wissensbasis des Zulieferers für Automobilkomponenten befindet sich in Österreich, die Produktionsstätte für den nordamerikanischen Markt aber beispielsweise in Mexiko. Problemlösung per Telefon ist nicht immer wirkungsvoll, da die visuelle Komponente nicht gegeben ist und die verbale Beschreibung oft nicht ausreicht, um ein komplexes Problem beheben zu können. Mittels der Datenbrille, einem Android-Gerät von RealWear, konnte man die First-Time-Fix-Raten erhöhen, die Kommunikation drastisch vereinfachen und die Kosten senken.
Wissenstransfer von digitalisierten Prozessen
Aber nicht nur Quick-Fixes sind mit Smart Glasses zu lösen. Auch der Know-How-Transfer von starren Prozessen oder speziellen Produktionszyklen ist nicht immer zu 100 Prozent gegeben. Personalfluktuation und Fachkräftemangel, die Bottle-Necks des Wissenstransfers, werden in der Anwendung der Datenbrillen in eine überschaubare und skalierbare Größe umgewandelt. Transferiert wird das kostbare Gut während der Anwendung über Schritt für Schritt Anleitungen in Form von simplen PDFs, mittels Videos, oder mittels Augmented Reality je nach Digitalisierungsgrad des Unternehmens. Bei AR wird beispielsweise im Display angezeigt, wo sich z.B. eine Schraube befindet, welcher Hebel gezogen werden muss oder wo sich die Füllstandsanzeige, die kontrolliert werden muss, befindet. So werden Einschulungszeiten minimiert und das Personal schneller in die Produktion geschickt, oder dort auch länger allein gelassen, weil die ihnen die digitale Assistenz zur Seite steht.
„Durch den Einsatz von HoloLens2 können Expert:innen ihre Kolleg:innen vor Ort sofort unterstützen. Die Zeitersparnis die dadurch entsteht, ist für unsere Kunden ausschlaggebend“Thomas Lutz, Unternehmenssprecher, Microsoft Österreich
Die digitale Inbetriebnahme der Zukunft bereits jetzt
Das österreichische Unternehmen Global Hydro Energy GmbH, hat die Inbetriebnahme der Wasserkraftwerke komplett digitalisiert. Die technische Expertise, die Einhaltung der Prozesse, Protokolle und Checklisten, erfolgt aus dem oberösterreichischen Niederranna, mittels HoloLens 2 von Microsoft. Über die Datenbrille werden die Techniker: innen vor Ort durch den gesamten Prozess der Inbetriebnahme geführt. Experten sind bei kritischen Prüfungen live dabei und können dank Fernwartung direkt in die Inbetriebnahme eingreifen.
Der mehrere Wochen dauernde Prozess wurde doch den Datenbrilleneinsatz für alle Beteiligten wesentlich erleichtert. „Durch den Einsatz von HoloLens2 können Expert*innen ihre Kolleg*innen vor Ort, sei es in einem Wasserwerk oder einem Produktionsstandort, sofort mit technischer Expertise unterstützen. Die Zeitersparnis, die durch den Wegfall von Anreise- und Wartezeiten entsteht, ist für unsere Kunden ausschlaggebend“ sagt Thomas Lutz, Unternehmenssprecher, Microsoft Österreich.
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