Maschinenbau : Andritz auf Höhenflug

ANDRITZ-Stoffaufbereitungssystem

ANDRITZ-Stoffaufbereitungssystem.

- © ANDRITZ

Beim Grazer Technologiekonzern Andritz boomt das Geschäft. Im ersten Geschäftshalbjahr stieg der Konzerngewinn heuer im Vergleich zur Vorjahresperiode um 22,3 Prozent auf 167,2 Mio. Euro, wie das Unternehmen am Freitag bekanntgab. Der Auftragsbestand erreichte per Ende Juni mit 9,86 Mrd. Euro (plus 33,2 Prozent) "einen neuen Höchststand". "Der Auftragseingang lag das dritte Quartal in Folge über 2 Mrd. Euro", berichtete Konzernchef Joachim Schönbeck, der derzeit in Südamerika verweilt. Im ersten Halbjahr 2022 wuchs der Ordereingang um ein Drittel von 3,59 auf 4,77 Mrd. Euro an.

Finnland, China, Indien - Andritz weltweit

In Finnland hat Andritz den Zuschlag für die Lieferung der weltgrößten Anlage zur Produktion bzw. Aufbereitung von Biomethanol für ein Werk des Zellstoffproduzenten Metsä Fibre erhalten. "Das konnten wir im zweiten Quartal einbuchen und wird im Jahr '24 in Betrieb gehen", so Schönbeck. Im Geschäftsbereich Metals habe Schuler einen Großauftrag für eine Pressenlinie in China erhalten. Nach Indien liefern die Steirer Ausrüstungen für ein großes Pumpspeicherkraftwerk - eine integrierte Lösung aus Solarstrom und Wasserkraft. Für das 1.680-MW-Pumpspeicherkraftwerk entstehe ein großer Solarpark. Das Auftragsvolumen bewege sich "im niedrigen dreistelligen Millionenbereich", also zwischen 100 und 300 Mio. Euro, Auftraggeber sei das indische Privatunternehmen Greenko.

EBITA und Erlöse

Im Geschäftsbereich Hydro habe sich der Auftragseingang heuer im ersten Halbjahr fast verdoppelt, der Umsatz hingegen sei nur leicht gestiegen und das EBITA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) habe sich nur leicht verbessert. "Der Auftragseingang geht erst deutlich zeitversetzt in den Umsatz rein", sagte Schönbeck und verwies dabei auf das langfristige Geschäft in diesem Bereich. "Hier sehen wir die Talsohle durchschritten, wenn wir als Gesellschaft die Energiewende ernst nehmen." Die Verkaufserlöse des Konzerns stiegen heuer in den ersten sechs Monaten im Jahresabstand um 9,6 Prozent auf 3,32 Mrd. Euro. "Der Umsatz konnte nicht ganz so schnell steigen wie der Auftragseingang - das ist dem Projektgeschäft geschuldet", erklärte der Vorstandsvorsitzende. Die EBITA-Marge habe sich von 7,9 auf 8,2 Prozent verbessert. "Erfreulich ist, dass alle Geschäftsbereiche zu dieser positiven Entwicklung beigetragen haben", so Schönbeck.

Erst kürzlich, im Juni, hat der steirische Konzern eine Akquisition in Italien getätigt - Andritz übernahm die Firma Bonetti, einen Hersteller und Lieferanten von Verschleißteilen und Serviceleistungen für Papiermaschinen mit 150 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von 25 Mio. Euro.

Andritz in Russland

Den Ausblick für das gesamte Geschäftsjahr 2022 ließ das Management trotz Ukraine-Kriegs, "heraufziehender Energiekrise in Europa", international angespannter Lieferketten und hochfliegender Inflation unverändert. Die Wirtschaftssanktionen des Westens gegen Russland trägt Andritz mit: "Wenn sie helfen, die Krise beizulegen, unterstützen wir sie in jedem Umfang und hoffen, dass die Maßnahmen entsprechend wirken, damit die Krise eingedämmt wird." Aus dem Auftragsstand seien rund 80 Mio. Euro "aus bestehendem Russlandgeschäft ausgebucht" worden.

Wir befinden uns ja nicht im Krieg mit unseren Kunden und werden in dem Umfang, in dem wir liefern dürfen, liefern.
Joachim Schönbeck, CEO Andritz

Ausblick

Beim Ausblick für den weiteren Geschäftsverlauf im Konzern selbst ist er weitaus optimistischer: "Aus heutiger Sicht" werde "in einem herausfordernden Umfeld" mit einem "Anstieg gegenüber dem Vorjahr" bei Umsatz (2021: 6,46 Mrd. Euro), EBITA (2021: 547 Mio. Euro) und Konzernergebnis (2021: 322 Mio. Euro) gerechnet. Die Weltwirtschaft, insbesondere Europa, dürfte sich indes bis zum Jahresende weiter abkühlen.

Aktuell sei die Projekt- und Investitionstätigkeit weiterhin gut, erklärte das Unternehmen unter Verweis auf sein Produktportfolio, das unter anderem Bereiche wie erneuerbare Energie, Recycling und Biokraftstoffe bedient. Die hohe Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Anwendungen wirke der gesamtwirtschaftlichen Eintrübung entgegen.

Hinzu kommt die noch immer nicht ausgestandene Coronapandemie. Mit den neuen Regelungen der Bundesregierung, die ab Montag für Firmen in Österreich gelten, arrangiert sich der Konzern. "Die Coronamaßnahmen setzten wir so um, wie sie auch im öffentlichen Raum gehandhabt werden - eine Änderung ist derzeit nicht entschieden", so Schönbeck. "Unsere Sorge ist schon groß, weil wir im Sommer so viele Infektionen in Österreich sehen", hielt der Manager aber fest. "Wir können uns schlecht von den Vorschriften in Österreich befreien", sagte er weiters. "Von der österreichischen Lösung würden wir uns auch nicht abkoppeln." Künftig dürfen Infizierte arbeiten, müssen dabei aber durchgängig eine FFP2-Maske tragen.

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