Computersysteme : Warum Bosch in Arduino investiert

Opta

Das italienische Unternehmen Finder nutzt den Arduino Opta und nennt ihn Programmable Logic Relay.

- © Finder

Arduino erblickte 2005 erstmals das Licht der Welt. Als vollwertigen Rechner kann man diesen sicher nicht bezeichnen, denn es läuft kein Betriebssystem auf ihm. Und trotzdem begeistert er viele Unternehmen – große und kleine. Zuletzt bestaunen konnten Interessierte ihn auf der SPS in Nürnberg. Factory berichtete in der letzten Ausgabe über den Arduino Opta, die Industrievariante des Einplatinenrechners. Er soll in einer Entwicklungsumgebung auch IEC-Sprachenfähig sein, hieß es auf der Messe. Er hat digitale Ein- und Ausgänge und unterstützt Modbus oder Ethernet. Das System wird hart geflasht und fällt dann wohl eher in die Kategorie embedded Controller.

Mittlerweile setzen Autobauer, Medizintechnikhersteller und auch die Wissenschaft auf die Lösung aus Europa. Die Computersysteme sind attraktiv, da die zum Betrieb benötigten elektronischen Elemente auf nur einer Leiterplatte liegen. Auch Motorsteuerungen sind mit dem Arduino möglich. Die Begeisterung der Industrie nimmt zu. Zum einen, weil er preislich weit unter den klassischen Steuerungen liegen wird, zum anderen, weil Arduino kaum Lieferkettenprobleme hat und der Kunde mit dem Open-Source-Produkt am Ende nicht in einem Ökosystem „gefangen“ ist.

Open Source fordert hohe Innovationskraft und Geschwindigkeit, man muss immer vor dem Markt sein.
Christoph Ferle

Ist Open-Source Hardware das next big thing?

Christoph Ferle von der Gesellschaft Robert Bosch Venture Capital (Bosch Ventures) muss man Arduino nicht mehr erklären. Er arbeitet bei der Wagniskapitaltochter der Bosch Gruppe als Investment Director und war in jenem Team, das sich Arduino sehr genau angeschaut hat. Im Sommer 2022 führte Bosch Ventures dann die Serie B-Finanzierungsrunde mit einem Gesamtvolumen von 32 Millionen US-Dollar an und ist seitdem auch im Board der Arduino vertreten. „Open Source fordert hohe Innovationskraft und Geschwindigkeit, man muss immer vor dem Markt sein“, erklärte Ferle im Podcast-Gespräch „Open Source in der Industrie.“ Ihn erinnere Arduino mehr an eine Softwarefirma als an ein Hardwareunternehmen. In den unterschiedlichsten Branchen sei ihnen Arduino begegnet, erklärt Ferle. In der Open-Source-Welt, die stark Software getrieben ist, ist dieser Flywheel-Effekt mit vielen Partnern, in unterschiedlichen Branchen schon seit vielen Jahren bekannt. „Dazu kommt der Fokus auf die Developer Experience, die hebt sich stark von anderen Anbietern ab, sowie die Erweiterbarkeit der Hardware “, meint Ferle.

„Open Source im Hardwaremarkt kann das nächste große Ding werden“, ist der Investor überzeugt. 2021 wurden von Investor:innen weltweit über zehn Milliarden US-Dollar in Open-Source-Start-ups investiert. Tendenz steigend. Sobald in einer Branche der erste Anbieter erfolgreich auf Open Source setze, verändere das den gesamten Markt, heißt es in der Venture Capital-Branche. „Meiner persönlichen Meinung nach ist die Web 3.0- und Krypto-Welle hingegen aktuell vorbei“, so Ferle. Für alle Investments von Bosch Ventures ist dabei das Ziel stets einen guten finanziellen Return zu erreichen. Seit 15 Jahren investiert die Bosch Tochter nun schon weltweit in Start-ups, im aktuellen, fünften Fond, wurden 250 Millionen Euro bereitgestellt. Bosch Ventures öffnet zudem für Start-ups und deren Technologien gerne Türen im Bosch-Konzern. „Außerdem agiert das internationale Team als Frühwarnsystem für neue Entwicklungen“, so Ferle, der seinen Schwerpunkt auf Software-Start-ups gelegt hat. Ausnahme: Arduino.

ctrlX-Steuerung und Arduino arbeiten zusammen

„Arduino könnte eine Kategorie-definierende Firma werden“, meint Ferle. Auch einen Börsengang können sich Branchenbeobachter vorstellen. „In vielen Firmen arbeiten die Menschen bereits heute mit Arduino, wollen aber nicht immer ihrem Chef davon erzählen“, berichtet er aus den Interviews, die vor dem Investment getätigt wurden. Das Hobby-Bastler-Image klebt noch an vielen Open-Source-Lösungen, wenn alteingesessene Industrielenker den Ton angeben. Diese finden aber in Zukunft kaum noch junge Leute, die Steuerungen mit IEC 61131 programmieren können oder wollen. „Der Fachkräftemangel trifft alle Branchen, nicht nur Gasthäuser“, unterstreicht Ferle. Die Industrie muss umdenken. Auch der Bosch Konzern bietet Unternehmen Steuerungen an. Die ctrlX-Steuerung arbeite bereits mit der Professional-Linie von Arduino zusammen. Er ist sich sicher: „Software is eating the world, but Open Source is eating the world faster.“ Für dieses Jahr erwartet er daher große Ankündigungen in der Partnerlandschaft von Arduino.