Anlagenbau 2016 : Wie 2016 den Anlagenbau veränderte
Er ist das Stehaufmännchen der Nation. Franz Kreuzer, ehemaliger Chef des insolventen Kärntner Anlagenbauers Kresta, wagte vor rund drei Monaten den Neustart. Er gründete die Firma K Industries, meldete 135 der 237 Kresta-Mitarbeiter um und übernimmt 68 laufende Kresta-Aufträge aus der Masse. Eine schwere Zeit, an der Ranking-Dauer-Platzhirsch Andritz nicht ganz unschuldig sein dürfte.
Andritz versus Kresta
Diesen Sommer Ende Juli hat der Kärntner Anlagenbauer Kresta Insolvenz angemeldet. Eine kleine Firma, die sich genau 30 Jahre lang und mit einigem Erfolg am Markt behaupten konnte, schlitterte plötzlich in die Pleite. Schuld daran, Großprojekte in Uruguay und Chile. Eine Insolvenz ist freilich im volatilen Anlagenbaugeschäft nichts Ungewöhnliches. Dennoch sorgte gerade diese Pleite für viel Aufregung in den Medien. Kresta war nämlich Sublieferant des Andritz-Konzerns. Und die Vorwürfe, die der Kärntner Anlagenbauer gegenüber seinem steirischen Großkunden macht, wiegen schwer. Andritz habe fertige und mit Abnahmeprotokoll erbrachte Leistungen bis heute nicht bezahlt. Kresta saß demnach auf 38,5 Millionen Euro Forderungen gegenüber Andritz fest.
Wer ist der wahre schwarze Peter?
„Dieses Verhalten hat nichts mit Unternehmensethik zu tun“, hieß es von den Kärntnern. Der Grazer Großkonzern wehrt sich und argumentiert, dass man durchaus selbst Gegenforderungen an Kresta habe, weil Andritz Leistungen der Lieferanten von Kresta vorfinanziert habe. Eine Bankgarantie in Höhe von neun Millionen Euro wurde dennoch von den Grazern zurückgezogen. Kresta ging pleite. Interessant ist, dass der Insolvenzverwalter danach von Andritz ein Angebot erhielt, wonach nun eine eigene Firma Newco gegründet wurde. Sie kauft 100 Prozent der Anteile an den Kresta-Tochtergesellschaften für die Projekte in Uruguay und in Chile aus der Masse – und das um nur eine Million Euro statt 38,5 Millionen Euro. Alle Infos lesen Sie bei unserer Schwester Industriemagazin. Ob Andritz tatsächlich schuld an dem Pleitegang der Kresta war, bleibt offen. Insidern zufolge wäre die schwierige finanzielle Lage schon lange bekannt gewesen und das Unternehmen sei nicht erst seit kurzem unter keinem guten Stern gestanden (was hohe Mitarbeiterfluktuationen beweisen sollen) Es mehren sich auch Gerüchte, dass Kreuzer deshalb absichtlich sein Unternehmen an die Wand fahren lies. Wer schlussendlich der tatsächliche schwarze Peter im Duell Andritz vs. Kresta ist - bleibt wohl unklar. Klar ist, dass es mittlerweile viel ums persönliche Ego geht.
Rettung für die insolvente Ingenia
Stehaufmännchen Franz Kreuzer hat seit der Gründung von K Industries auch bereits neue Aufträge bekommen. Im Unternehmen versteht man das ausdrücklich als Unterstützung der eigenen Kunden und Zulieferer in einer schweren Zeit. Nur mit Andritz wird er wohl in Zukunft keine Geschäfte mehr machen. Dass es auch anders geht, beweist der Insolvenzfall des Linzer Spezialisten für Feuerverzinkungsanlagen Ingenia. Mit 10 Millionen Euro Schulden schlitterte dieser Ende Juli in den Konkurs. Zum Verhängnis wurden Russland-Deals und der damit verbundene Euro-Rubel-Wechselkurs. Eine Weiterführung des Unternehmens war nicht geplant, wären da nicht Menschen wie Johann Vielhaber. Der Geschäftsführer und Inhaber des Traunviertler Anlagenbauers ASMAG will Ingenia retten. „Es kann nicht sein, dass ein solides Unternehmen, getragen von einem wachen Unternehmergeist und gewachsen mit einem wirtschaftlichen Hausverstand, von Österreichs Bildfläche einfach verschwindet“, hieß es im Sommer von Vielhaber. Eine Schließung des Unternehmens konnte er Mitte August erfolgreich verhindern und eine Weiterführung durch Einbringung eines Sanierungsplanantrages ist gesichert.
Chinesen übernehmen Linzer TMS
Erst vor kurzem wurde bekannt, dass der Linzer Anlagenbauer TMS von chinesischen Investoren übernommen wird. Die Eigentümerfamilie Solcz, deren Mitglieder sich schon vor Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen haben, verkauften das Unternehmen an Chinesen. Die Identität des chinesischen Käufers wird bis zum Abschluss der Transaktion geheim gehalten. Über den Wert der Transaktion wurden auch keine Angaben gemacht. Das Geschäftsführerduo Stefan Wilden und Marc Deimling werde wohl künftig unter chinesischer Flagge arbeiten. In deroffiziellen Presseaussendung hieß es, man freue sich darauf, Teil eines chinesischen Konsortiums zu werden. „Dadurch erhält unser talentiertes Team die Chance und die Ressourcen, um weiterhin Innovationen voranzutreiben“, so Wilden. Für weitere Statements war die Geschäftsführung dann aber doch nicht zu haben.
Engie Austria will Umsatz verdoppeln
Noch dürfte dieser Name nicht jedem geläufig sein. Seit Mitte Oktober geistert Engie Austria durch Österreichs Firmenregister. Dahinter verbergen sich drei Unternehmen: Anlagenbauer Cofely Gebäudetechnik, Proenergy und GDF Suez Gasvertrieb. Mit einem gebündelten Portfolio rüsten sie sich für die Veränderungen am Energiemarkt. Und die sind tragend. Billigstbieterprinzip, harter Wettbewerb und großer Preisdruck beherrschen den Markt. Der Bedarf an Contractingmodellen nimmt zu. Als Anlagenbauer steht für Adolf Lauber, CEO der Engie Austria, die Energieeffizienz ganz oben auf seiner Agenda. Allein in Wien haben die Anlagenbauer derzeit 32 Energiesparprojekte am Laufen. „Das sind Einsparungen von rund 3,8 Millionen Euro und 6.500 Tonnen Co2 pro Jahr“, so Laubner. Mit Engie Austria streben die Wiener ein motiviertes Wachstum an. Derzeit beschäftigen sie rund 1.000 Mitarbeiter. Umsatzmäßig wollen sie sich in den nächsten sieben Jahren verdoppeln und damit viele neue Arbeitspätze schaffen.
Pörner und der digitale Wandel
Auf der Webseite gleich neben dem Firmennamen prangt das Marketingwort: „Anlagenbau 4.0“ steht bei Pörner hoch im Kurs. Dennoch bringt Geschäftsführer Andreas Pörner den Hype gerne auf den Boden der Tatsachen oder in seinem Fall auf den Boden seines gleichnamigen Anlagenbaubetriebs. Für ihn ist Anlagenbau 4.0 vor allem ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP), nur eben mit den Möglichkeiten der heutigen Zeit. Andreas Pörner sieht das Thema sehr pragmatisch, ja fast schon menschlich. Aber er weiß auch, dass bei verfahrenstechnischen Anlagen neue Geschäftsmodelle schlagend geworden sind, bei denen die Digitalisierung wesentlicher „Teil des Deals“ ist. „Die Industrie betreibt massives Outsourcing und wünscht verlässliche Kontinuität bei ihren Partnern“, so Pörner über diesen Geschäftsbereich, der schon jetzt über 50 % seines Umsatzes beträgt.
Und gerade hier wird der 4.0-Ansatz tragend. Heute werden komplette Anlagen in 3D-Modellen und integrierten Datenbanken hinterlegt. „So können dann während des Betriebs eventuelle Schwächen in einem ERP-System dokumentiert werden, um sie dann beim nächsten Anlagenstopp gezielt zu verbessern“, erklärt Pörner. Was den Wienern bei ihren riesigen Turnarounds, bei denen viele hunderte Menschen zu koordinieren sind, in die Hände spielt. Digitale Modelle erlauben die exakte Vorplanung der Anlagenmontagen bei Revamps. Eines ist für Andreas Pörner nämlich klar: „Die Idee von Anlagenbau 4.0 liegt nicht auf der Billigschiene. Es ist ein Manifest der Vernetzung mit den besten Ausrüstungslieferanten und ausführenden Firmen für eine optimale Anlage.“ Die Anlagenbauer leben und arbeiten nach dem Bestbieter-Prinzip. Und hier dürften die Wiener ihren Trumpf haben. Seit über 40 Jahren im Geschäft haben sie sich genau jenes Netzwerk an Zulieferern geschaffen, das ihre Auftragsbücher voll werden lässt. Als „Technischer Anwalt“ vertreten sie konsequent die Belange ihrer Kunden weltweit.
Hier geht's zum Ranking der 50 stärksten Anlagenbauer Österreichs.