Maschinenbau : Trotz Krisen: Deutsche Werkzeugmaschinenindustrie setzt auf Investitionen
Chipmangel, Materialknappheit, unsichere Energieversorgung – diese Herausforderungen ziehen sich derzeit durch alle produzierenden Branchen. Dennoch zeigen aktuelle Zahlen, dass praktisch alle Industriesektoren in neue Maschinen und Anlagen zur Metallbearbeitung investieren wollen. Nach dem Tief im Auftragseingang des deutschen Werkzeugmaschinenmarktes im Jahr 2020 zeigte sich in den Monaten Januar bis Mai des laufenden Jahres sogar ein Zuwachs von 40 Prozent. Das Rekordniveau aus dem Jahr 2018 ist damit fast wieder erreicht.
Verantwortlich für diese Bestellungen sind der boomenden Elektroniksektor, die wieder erstarkende Luftfahrtindustrie, der Trend zur E-Mobilität, Investitionen im Umwelt- und Energiebereich sowie das als Folge des russischen Krieges in der Ukraine sprunghaft gestiegene staatliche Militärbudget. Darüber hinaus erwarten die Markt-ExpertInnen vom VDW, dass auch die Automobil- und Zulieferindustrie im kommenden Jahr bei sukzessiver Besserung des Chipmangels wieder vermehrt Produktionstechnik nachfragen wird. Die nächste Gelegenheit für einen Stimmungstest erhalten die Teilnehmenden der AMB 2022, die vom 13. bis 17. September 2022 in Stuttgart stattfinden wird.
Wermutstropfen wird aber bleiben, dass sich die Lieferzeiten aufgrund der Lieferengpässe weit in das kommende Jahr hinein verschieben dürften. Dies wird auch zahlreiche Komponenten in und um Werkzeugmaschinen betreffen. Laut dem deutschen statistischen Bundesamt liegt die Auftragsreichweite in der Werkzeugmaschinenindustrie bei etwa zwölf Monaten. Demzufolge wird die Produktion im aktuellen Jahr nur bedingt wachsen können. Die Sommerprognose liegt momentan bei sieben Prozent Zuwachs. Sollten die Lieferketten nach und nach wieder reibungsloser ineinandergreifen, steht der Industrie also ein starkes Wachstumsjahr 2023 bevor.
Auswirkungen des Ukrainekriegs und des China-Lockdowns
Im Juni beurteilte die Mehrheit der zur Ermittlung des ifo Geschäftsklimaindexes befragten Unternehmen der deutschen Investitionsgüterindustrie die Lage als gut, allerdings ist der Saldo der Erwartungen für die kommenden sechs Monate immer noch moderat negativ. Die Folgen des Ukrainekriegs und der China-Lockdowns sind hier noch deutlich zu spüren.
Mit einigem Abstand nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben sich die Prognosen für die Weltwirtschaft auch des englischen Wirtschaftsforschungsinstituts Oxford Economics verschlechtert. Die MarktbeobachterInnen rechnen mittlerweile für das weltweite Bruttoinlandsprodukt 2022 mit einem Plus von 3,1 Prozent, für die Industrieproduktion bei weiterhin angespannten Lieferketten und hohen Material- und Energiepreisen mit einem Zuwachs von 3,4 Prozent und bleiben damit unter den Erwartungen vom Frühjahr dieses Jahres.
Die Konjunkturindikatoren Einkaufsmanagerindex und Geschäftsklima signalisieren für die nächste Zeit ebenfalls eine Abkühlung. Der weltweite Einkaufsmanagerindex (PMI) fällt im Juni auf ein 22-Monats-Tief. Allerdings liegt er immer noch über der 50er-Marke, deren Überschreiten Wachstum signalisiert. Positive Zeichen kommen aus China, wo der Index nach fünf Monaten den Rezessionsbereich verlässt und auf 51,7 Zähler klettert. Märkte wie Japan, Südkorea und Indien bleiben ebenfalls in der Wachstumszone, auch wenn die Dynamik nachlässt. Für die Eurozone fällt der PMI ebenfalls auf ein 22-Monats-Tief. Deutschland büßt fast drei Punkte ein und markiert mit 52 Punkten den europäischen Durchschnitt. In den USA hat sich der Index ebenfalls verschlechtert. Besonders gut steht die Industrie in den Niederlanden (55,1) und der Schweiz (59,1) da. Angespannt ist dagegen die Lage in Polen (44,4) und der Türkei (48,1).
Dass die Zeiten unsicher und damit die Risiken sehr hoch sind, zeigt auch der viel diskutierte Gaslieferstopp. Die Auswirkungen einer Erdgasmangellage auf die industriellen Lieferketten ist nur sehr schwer kalkulierbar – Verwerfungen sind jedoch vorprogrammiert und Erschütterungen werden sich sicher auch auf die Werkzeugmaschinennachfrage auswirken. Daher empfiehlt der VDW, dass sich Unternehmen aus kaufmännischer Vorsicht auch auf einen deutlicheren Abschwung als mögliches Szenario vorbereiten.
(Lesen Sie hierzu auch: FCIO begrüßt Einigung zum Gasnotfallplan)
VDW-Aktivitäten auf der AMB
Der VDW beteiligt sich wieder mit einigen Aktivitäten an der AMB 2022. So trifft sich der Branchennachwuchs am Sonderstand Jugend der Nachwuchsstiftung Maschinenbau unter dem Motto „Mach‘ was mit Zukunft – Deine Chance im Maschinenbau“ im Foyer am Eingang Ost des Messegeländes.
Dass datenbasierte Geschäftsmodelle immer wichtiger für die Branche werden, zeigt sich auch an den Aktivitäten des VDW für eine einheitliche Sprache für Werkzeugmaschinen und -komponenten: Basierend auf OPC UA vereinfacht umati die Anbindung von Werkzeugmaschinen an fertigungsnahe IT-Systeme erheblich. Hintergrundinformationen und Antworten auf Fragen werden bei umati@AMB2022 in Halle 10 am Stand A75 sowie beim Thementag „Digitalisierung, Vernetzung und Konnektivität (umati)“ am Freitag, 16. September, in der AMB Trend-Lounge im Foyer ICS Eingang Ost geboten.
Über die AMB
Seit 1982 präsentiert die AMB die Highlights der internationalen Metallbearbeitungsindustrie. Zur letzten AMB im Jahr 2018 wurden in Stuttgart über 90.000 FachbesucherInnen und über 1.400 AusstellerInnen empfangen. Sie zeigten Innovationen und Weiterentwicklungen für spanende und abtragende Werkzeugmaschinen, Präzisionswerkzeuge, Messtechnik und Qualitätssicherung, Roboter, Werkstück- und Werkzeughandhabungstechnik, Industrial Software & Engineering, Bauteile, Baugruppen und Zubehör. Unterstützt wird die AMB 2022 von den ideellen Trägerverbänden VDMA Präzisionswerkzeuge e.V., VDMA Software und Digitalisierung e.V. sowie VDW Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V.
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