Im Gespräch: Norbert Haslacher : Wiener Frequentis positioniert sich als global Player

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Frequentis-CEO Norbert Haslacher will zur globalen Nummer Eins bei Kommunikationslösungen für Kontrollzentren werden.

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Frequentis hat bei den Geschäftszahlen für 2024 bei Umsatz, EBIT und Auftragseingang die Markterwartungen übertroffen. Vor allem das US-Geschäft entwickelt sich sehr gut. Erwarten Sie negative Auswirkungen durch den Handelskonflikt mit der Regierung Trump?

Haslacher: Frequentis ist seit 20 Jahren in den USA präsent. Wir haben eine Niederlassung in der Nähe von Washington, die das Thema zivile Flugsicherung mit der US-Flugsicherungs-Behörde FAA fokussiert. Dazu haben wir 2023 die Abteilung USA Frequentis Defence gegründet, um klassifiziertes Militärgeschäft vor Ort zu adressieren. Dieses Büro ist ausschließlich mit Staatsbürgern aus den USA besetzt und operiert sehr autark. Deshalb werden sie als US-amerikanische Unternehmen wahrgenommen. 

Ist die Produktion in den USA auch der Schlüssel, um bei Projektausschreibungen im militärischen Bereich zum Zuge zu kommen? 

Haslacher: Wir halten die Vorschriften für Unternehmen, die in den klassifizierten militärischen Bereichen arbeiten wollen, ein. Alle unsere US-Büros arbeiten mit 60 bis 80% an lokaler Wertschöpfung. Darüber hinaus sind die Produkte so konzipiert, dass das lokale Know-How bei der Produktion eingebracht wird. Wir führen lediglich Lizenzierungen durch für Produkte, die in Österreich entwickelt wurden, mit europäischen Forschungsgeldern finanziert und dann an die USA ausgeliefert wurden. 

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Wird Frequentis noch stärker in seine US-Standorte investieren?

Haslacher: Das ist unser Plan. Wir haben 2024 von der FAA den Auftrag erhalten, deren Netzwerk von analogen Funkansteuerungsgeräten im US-Luftraum auf das digitale System APCS umzurüsten. Das vorgesehene Budget, aus dem Frequentis finanziert wird, beträgt etwa 500 Mio. US-Dollar. Um diese Projekte rechtzeitig abwickeln zu können, müssen wir schnelleres Wachstum sicherstellen und deshalb massiv vor Ort investieren.

Die Cybersicherheit gegen Angriffe auf die sicherheitskritische Infrastruktur gewinnt immer mehr an Bedeutung.

20 Prozent der Konzernerlöse stammen aus militärischen Anwendungen, Tendenz weiter steigend. Welche technologischen Erfordernisse sind damit in der Produktentwicklung verbunden?

Haslacher: In der militärischen Flugsicherung haben wir hier zusätzliche Standards, damit die Interoperabilität der Kommunikationssysteme mit dem zivilen Bereich gewährleistet ist. Damit diese Systeme bei Konflikthandlungen nicht ausfallen, führen wir Härtetests durch. Und natürlich gewinnt die Cybersicherheit gegen Angriffe auf die sicherheitskritische Infrastruktur immer mehr an Bedeutung. Mit dem Sortiment der 2023 übernommenen deutschen Firma FRAFOS bieten wir hier eine breite Produktpalette.

Sehen Sie Frequentis als Nutznießer des milliardenschweren Investitionsprogramms der neuen Bundesregierung in Berlin?

Haslacher: Ich gehe davon aus. Wir haben schon beim ersten Paket des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens wahrgenommen, dass die Zahl der Ausschreibungen gestiegen ist. Nach den Hardware-Beschaffungen kommt Frequentis jetzt ins Spiel, wenn es um die digitale Integration der Datenströme in den Kontrollzentralen geht. Zusammen mit der Bundeswehr führen wir seit 2024 im Rahmen des MilRADNET-Projekts für die Radardatennetze an den 20 deutschlandweiten Radar-Standorten der Bundeswehr die neue Generation des Surveillance Data Distribution System ein. Im März zogen wir einen Auftrag der Bundeswehr an Land, in dem es darum geht, angreifende und unkooperative Drohnen im Drohnenverkehr zu identifizieren und zu markieren.

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Frequentis verfügt über ein weltweites Netzwerk an Niederlassungen, Tochtergesellschaften und lokalen Repräsentant:innen in über 50 Ländern. Produkte und Lösungen von Frequentis sind an mehr als 49.000 Arbeitsplätzen und in rund 150 Ländern zu finden. - © Frequentis
Marktstudien beziffern das jährliche Umsatzpotenzial unserer Zielmärkte auf 13 Mrd. Euro.

KI-assistierte Technologien gewinnen an Bedeutung. Denken Sie für Frequentis hier eher an die eigene Entwicklung oder an Zukäufe?

Haslacher: Wir sehen uns als Frontrunner in der Software für sicherheitskritische Einsatzleit- und Kontrollzentralen. Dabei haben wir uns als Systemintegrator positioniert, etwa bei der Verarbeitung von Radar- und Sensordaten.

Frequentis hat sich als langfristiges Ziel gesetzt, die globale Nummer Eins bei den Kommunikationslösungen für Kontrollzentren zu werden. Wie soll das gelingen?

Haslacher: Wir werden im Laufe des Jahres 2025 die Zahlen aus unserem überarbeiteten Marktmodell vorliegen haben. Marktstudien beziffern das jährliche Umsatzpotenzial unserer Zielmärkte auf 13 Mrd. Euro. Mit unserem aktuellen Produktportfolio können wir davon bis zu 3,5 Mrd. Euro adressieren. Wir sind mit 550 Behördenkunden in 150 Ländern eine Organisation, die sich zu 100% auf sicherheitskritische Kontroll- und Einsatz-Leitzentralen fokussiert. Keiner unserer Wettbewerber ist so eindeutig positioniert und spezialisiert. Mit unserem künftigen Marktmodell wollen wir mehr an diesem 13 Mrd. Euro Milliarden-Markt adressieren. Umsetzen werden wir das durch die Kombination von eigener Forschung und Entwicklung und gezielten Zukäufen.