Energieeffizienz in der Produktion : Vier Millionen Euro Ersparnis: Wie Energiemanagement die Kosten senkt
Würden Sie sagen, Sie sprechen die Sprache der KMUs? Wenn ja, was ist ihnen wichtig?
Meiner Ansicht nach sind die wichtigsten Vokabeln im Mittelstand „effektiv“ und „effizient“. Energiemanagement ist ein gutes Beispiel dafür. Gewöhnlich setzen sich Mittelständler Ziele, die sie mit ihren Ressourcen effektiv erreichen können. Gleichzeitig wollen sie auf dem Weg dahin möglichst effizient arbeiten. So ist es beispielsweise wenig sinnvoll, eine kleine Einsparung bei den Energiekosten durch hohen Aufwand zu erreichen, indem man etwa Maschinen vorzeitig austauscht. Besser ist es dagegen, zunächst ein Energiemonitoring einzuführen, um Datentransparenz zu schaffen. Erst in einem zweiten Schritt kann man anhand der Messergebnisse eine effiziente Maßnahme auswählen.
Muss KI noch spektakulärer werden oder wie kann man ihre Nützlichkeit am besten vermitteln?
Wenn ich mir die Medienberichterstattung über Künstliche Intelligenz in den letzten Monaten anschaue, dann geht es kaum spektakulärer. Die apokalyptischen Warnungen, aber auch viele weitreichende Versprechungen führen aus meiner Sicht in die Irre. KI ist für mittelständische Unternehmen eine intelligente Lösung für einzelne Aufgaben im Geschäftsbetrieb. Hilfreich ist sie zum Beispiel bei Optimierungsproblemen, die in klassischen Mittelstandsfeldern wie Maschinenbau oder Industrieproduktion auftreten. Der Nutzen von KI zeigt sich insbesondere darin, dass Unternehmen damit überhaupt erst in die Lage kommen, die vorhandenen Daten sinnvoll auszuwerten. So gut wie jedes Unternehmen produziert in allen Fachbereichen große Mengen an Daten, die allerdings häufig weder sinnvoll erhoben noch analysiert werden. KI ist hier eine große Hilfe, da sie beispielsweise Muster in den Daten erkennen kann, die einem Menschen leicht entgehen.
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Der Schlüssel zur Energieeffizienz liegt in der Nutzung von Daten zur Entwicklung einer ganzheitlichen Strategie.
Zum Energiemanagement: Wo stecken überall nützliche Daten und welche lohnt es, für mehr Energieeffizienz zu tracken?
Der Schlüssel zur Energieeffizienz liegt in der Nutzung von Daten zur Entwicklung einer ganzheitlichen Strategie. Damit können die Unternehmen die häufig üblichen Ad-Hoc-Lösungen ersetzen. Sie werden eingeführt, um Probleme rasch zu beheben, haben aber zu hohe Kosten. Auf Basis von Daten können die Kosten vorher viel besser eingeschätzt werden. Die Unternehmen erhalten zuverlässige datengestützte Erkenntnisse, um Initiativen zur Senkung der Energieausgaben vor und nach ihrer Umsetzung zu bewerten.
Sind es einzig die Stomdaten, die beim Energiemanagement relevant sind?
Für das Energiemanagement gibt es eine Vielzahl an nützlichen Datenquellen. Im Vordergrund stehen Energieverbrauchsdaten, also Strom, Gas oder Heizwärme für alle Gebäude. In den meisten Gewerbebetrieben sind darüber hinaus die Betriebsdaten von Geräten und Anlagen wichtig. Sie geben Einblick in die Leistung und Effizienz der Maschinen. Wichtig sind diese Daten vor allem, um ineffiziente Maschinen mit zu hohem Energieverbrauch zu identifizieren. Weitere entscheidende Daten sind beispielsweise die Temperatur an verschiedenen Stellen im Gebäude oder die Effizienz der Heizsysteme. Wichtig sind auch Nutzungsdaten des Gebäudes, etwa Anwesenheitszeiten, Raumbelegung oder die Dauer der Beleuchtung. Alle diese Daten können für eine bessere Energienutzung ausgewertet werden. Sie zeigen beispielsweise, wo es zu vermeidbaren Energieverlusten kommt oder und sie werden zur Basis einer Strategie, die Raumnutzung zu optimieren.
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Können Sie ein Beispiel geben? Vielleicht eines, wo mehr eingespart wurde als vom Anwender erwartet?
Ja, da gibt es ein interessantes Beispiel aus der Lackiererei eines großen Automobilherstellers. Dieser wollte die Energieeffizienz seiner Lackierkabinen verbessern. Die Situation dort ist komplex: Die in die Kabine gepumpte Außenluft muss bestimmte Werte hinsichtlich Luftfeuchtigkeit und -temperatur einhalten und wird also vorbehandelt. Abhängig vom Wetter müssen die Klimaanlagen die Luft mal befeuchten, mal entfeuchten, mal aufwärmen, mal abkühlen. Durch eine unzureichende Regelung haben sie oft überkompensiert und waren deshalb ineffizient.
Wie konnte der von Ihnen angesprochene Hersteller dieser Energieverschwendung Herr werden?
Nach unserer Analyse hätte ein vorgefertigter Algorithmus nicht ausgereicht. Deshalb haben wir eine KI-gestützte Lösung in zwei Schritten eingeführt. Im ersten Schritt haben wir eine Datengrundlage geschaffen. Dafür mussten wir Sensoren in die Kabinen einbauen und eine Zeit lang Daten erheben. Sie gaben uns Einblick in die Geräteeinstellungen, die Wettersituation und das Verhältnis beider zueinander. In einem zweiten Schritt haben wir auf Basis der Daten aus der oben geschilderten Trainingsphase eine passende KI-Lösung entwickelt. Sie trifft automatisch optimale Einstellungen basierend auf Werte- und Energieparametern. Das Ergebnis: Unser Kunde hat eine Gesamtenergieeinsparung von etwa 20 Prozent erzielt, etwa vier Millionen Euro pro Jahr.
Über das Unternehmen:
SoftServe ist ein internationales Softwareentwicklungs- und IT-Beratungsunternehmen. Mit Hauptsitzen in Austin (Texas), Lwiw (Ukraine), Frankfurt am Main und München (Deutschland) beschäftigt das Unternehmen über rund 13.000 Mitarbeiter:innen. Mit seinen IT-Lösungen spricht es Kund:innen aus den Bereichen Fertigung, Finanzdienstleistungen, Einzelhandel, Energie und Gesundheitswesen an.