Kolumne von Mario Buchinger : Globale Lieferketten und Resilienz – ein Widerspruch
In den letzten Jahrzehnten wurden Lieferketten voll durchoptimiert. Das Ergebnis sind weit verzweigte, global strukturierte Lieferbeziehungen und Transportwege. Doch der Glaube an globale Lieferketten bröckelt. An die Corona-Pandemie können sich einige vielleicht noch erinnern. Als die Grenzen schlossen, wurden Lieferwege zumindest aufwendiger oder gar unterbrochen. Die Covid-Pandemie wird nicht die letzte gewesen sein, und es gibt noch weitere Probleme:
Piraterie und Angriffe, wie aktuell von Huthi-Rebellen im Roten Meer, führen zu großen Umwegen und Verzögerungen. Die Folge sind erheblich längere Durchlaufzeiten und damit höhere Bestände oder verzögerte Liefertermine, ergo Kosten und unzufriedene Kunden. Produktionsstandorte – besonders in Asien – werden immer öfter von extremen Wetterereignissen betroffen sein. Aber auch hier merken wir, dass die Einschläge näherkommen. Zudem können Unwetter Lieferwege auf See und an Land blockieren. Zum Beispiel war im letzten Jahr eine wichtige Verkehrsader wie der Panamakanal wegen Wassermangel nur schwer passierbar. Auch daraus resultieren erheblich längere Durchlaufzeiten und dementsprechende Kosten.
All diese Gefahren werden nicht weniger, sondern mehr. Die alten, komplexen Lieferketten werden immer mehr zum Problem.
Resiliente Lieferketten: Was soll das heißen?
Eine resiliente Lieferkette bedeutet, dass diese wenig bis gar nicht anfällig für äußere Gefahren ist. Eine absolute Sicherheit gibt es natürlich nicht, aber man kann die Gefahren reduzieren. Zuerst braucht es eine vollständige Risikoanalyse, um die unterschiedlichen Bedrohungen jetzt und auch in Zukunft zu verstehen.
Ein wichtiges Mittel für Resilienz ist die Regionalisierung von Lieferketten. Hier muss jedoch betrachtet werden, was „regional“ bedeutet. Je nach Branche kann „regional“ auch der europäische Kontinent sein.
TCO greift zu kurz und funktioniert nicht mehr
TCO (Total Cost of Ownership) wurde in den letzten Jahrzehnten in allen Facetten gerechnet. Doch das greift zu kurz. Transportkosten werden durch höhere Emissionskosten in absehbarer Zeit teurer. Die Auslegung der Entkopplungsstufen (Bestände oder Zeit) und die Reaktionszeit bei Qualitätsabweichungen sind beide deutlich kleiner, wenn Lieferanten näher am Standort sind. Die Zusammenarbeit mit den Lieferanten wird in Zeiten weiterer Berichtspflichten (z. B. CSDDD, LKSG) immer wichtiger.
Am Ende geht es auch um die Stärkung des eigenen Wirtschaftsraums. Denn irgendjemand muss die Produkte und Dienstleistungen, die man anbietet, auch kaufen. Und das klappt nur, wenn es Menschen gibt, die die nötige Kaufkraft besitzen.