Experten geben Tipps : EU-Maschinenverordnung: Frühzeitige Vorbereitung zahlt sich aus
Ziel der EU-Verordnung ist es, die Sicherheit auf dem Maschinenmarkt zu erhöhen, insbesondere im Hinblick auf die rasante Digitalisierung. Experten sehen dies als eine längst überfällige Modernisierung, die den Stand der Technik abbildet. Die Bedeutung, die die EU der Maschinensicherheit beimisst, zeigt sich auch darin, dass es sich bei der neuesten Gesetzgebung um eine Verordnung handelt und nicht wie beim Vorgänger um eine Richtlinie. Richtlinien müssen zuerst in nationales Recht umgesetzt werden. Verordnungen hingegen gelten sofort und haben Vorrang vor nationalem Recht der jeweiligen Mitgliedstaaten.
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Rudolf Bültermann Experte für Maschinensicherheit bei TÜV SÜD Industrie Service
"Die Maschinenverordnung markiert einen Wendepunkt bei der Maschinensicherheit. Die EU berücksichtigt damit moderne Technologien wie KI und das IoT, die in der vorherigen Richtlinie nicht enthalten waren."
Die Rolle der Wirtschaftsakteure
Obwohl die MVO schon im Juni des vergangenen Jahres in Kraft trat, gilt sie für die Wirtschaftsakteure erst ab Januar 2027 - und dann ausschließlich. Die bisherige Maschinenrichtlinie wird zu diesem Zeitpunkt dann ungültig. Das New Legislative Framework (NLF) führt den Begriff der „Wirtschaftsakteure“ ein. Das sind Beteiligte, die mit der Entwicklung, Herstellung oder dem Vertrieb eines Produkts verbunden sind. Während dieses Konzept in der vorherigen MaschRL ausgespart wurde, werden damit im Nachfolger die Verantwortlichkeiten je nach Rolle in der Lieferkette genau geregelt. Einige Akteure können deshalb erstmals von den Vorgaben betroffen sein, wenn sie beispielsweise eine gebrauchte Maschine verkaufen, und damit gemäß der MVO zu „Händlern“ werden. Verändert ein Betreiber seine Maschine so, dass sich das auf ihre Sicherheit auswirkt, wird er nach den neuen Vorgaben zum Hersteller und kann ebenso zum ersten Mal betroffen sein.
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Benedikt Pulver Leiter Maschinensicherheit bei TÜV SÜD Product Service
"Unternehmen, die die 42-monatige Übergangsfrist zur Vorbereitung nutzen, sichern sich einen strategischen Marktvorteil.“
Innovation in der Dokumentation
Die aktualisierte MVO integriert digitale Innovation in der Dokumentation. Betriebsanleitungen lassen sich auch in digitaler Form bereitstellen – sie müssen in diesem Fall für die gesamte Lebensdauer der Maschine (mindestens jedoch zehn Jahre) verfügbar sein. Auf Verlangen des Nutzers (Kunden) der Maschine – zum Zeitpunkt des Kaufs – stellt der Hersteller die Betriebsanleitung innerhalb eines Monats kostenlos in Papierform bereit. Für Maschinen, welche nichtgewerblich verwendet werden, sind die Sicherheitsinformationen stets in Papierform bereitzustellen.
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Pascal Staub-Lang Leiter Maschinensicherheit bei TÜV SÜD Industrie Service
„Dass Unternehmen die Betriebsanleitungen auf Wunsch sowohl digital als auch gedruckt erhalten, ermöglicht eine flexible und sichere Maschinennutzung – ein unverzichtbarer Fortschritt. Bei einem Strom- oder Internetausfall kann beispielsweise auf die Papierform zurückgegriffen werden. Ein digitales Handbuch ist jedoch kompatibler mit unterstützenden Technologien, die Personen mit Beeinträchtigungen nutzen.“
Neue Bewertungskriterien
Um den Betrieb zu verbessern, führen Betreiber häufig Modifikationen oder Upgrades während der Lebensdauer einer Maschine durch. Wird eine Maschine „wesentlich“ verändert, ist eine Risikobeurteilung durchzuführen und neues Konformitätsbewertungsverfahren erforderlich. Im Unterschied zur aktuellen Richtlinie definiert die MVO genau, wann eine erneute Bewertung erforderlich ist. Die Maschinenrichtlinie überlässt entsprechende Anforderungen den jeweiligen Mitgliedstaaten und lässt somit mehr unklaren Interpretationsspielraum für die jeweiligen Betreiber.
Lesetipp: Worauf es bei der Prüfung von CFK-Behältern ankommt
Maschinen mit höherem Risikopotenzial (u. a. auch Maschinen mit selbstlernendem Verhalten, z. B. KI, in Bezug auf Sicherheitsfunktionen) werden in Anhang I der MVO, Teile A und B, behandelt. Da diese Liste von der Kommission aufgrund von Bewertungen, Überprüfungen und Erkenntnissen vom Markt aktualisiert werden kann, sollten Unternehmen regelmäßig prüfen, ob ihre Maschinen im Anhang I aufgeführt sind. Maschinen, welche im Anhang I aufgeführt sind, sind einem gesonderten Konformitätsbewertungsverfahren zu unterziehen. Dieses führt beispielsweise TÜV SÜD als unabhängige Prüfstelle durch.
Die meisten Unternehmen mit Erfahrung im Bereich Maschinensicherheit werden in der Lage sein, die Änderungen der MVO mit entsprechenden Mitteln zu adaptieren. Vorsicht ist geboten, wo sich die Pflichten von Händlern und Maschinenbetreibern erweitern. Alle Unternehmen sollten jedoch beachten, dass die 42-monatige Übergangsphase möglicherweise nicht ausreicht, um die neuen Vorschriften normativ vollständig zu implementieren. Ein frühzeitiger Beginn ist daher der Schlüsselfaktor, um sicherzustellen, dass die Maschinen konform sind. TÜV SÜD bietet Seminare zur erfolgreichen Umsetzung der neuen Verordnung an.