Kolumne : Die versteckte Fabrik und ihre unsichtbaren Kosten

Versteckte Fabrik
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Der Begriff „versteckte Fabrik“ suggeriert ein Problem, das nur in Produktionsbetrieben auftaucht – aber der Eindruck täuscht. Instabile Prozesse und schwache Führungskräfte, die Angst vor Entscheidungen haben, sind Probleme, die alle Organisationen betreffen können.

Der gute Wille zählt

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass Menschen an ihrem Arbeitsplatz gewillt sind, das Beste für die Organisation herauszuholen. Das führt dazu, dass Schwächen im Prozess oder seitens der Führung von engagierten Mitarbeitenden ausgeglichen werden. Indem sie extra Arbeitsumfänge auf sich nehmen, die eigentlich nicht Teil ihrer Aufgabe sind, wie etwa das Suchen von Teilen (physisch) oder Informationen (digital), Korrekturen von Fehlern und Abweichungen oder Zusatzarbeit durch vermehrten Abstimmungsbedarf.

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Der Mehraufwand führt zu erheblichen Mehrkosten, die in keiner Kostenrechnung auftauchen.

Der gefährliche Gewohnheitseffekt

Das Gefährliche daran ist, dass Führungskräfte aber auch betroffene Mitarbeitende irgendwann davon ausgehen, dass dieser Mehraufwand normal sei. Man akzeptiert den schlechten Zustand und denkt nicht daran, die Ursachen zu beheben. Das Problem ist jedoch, dass dieser Mehraufwand zu erheblichen Mehrkosten führt, die in keiner Kostenrechnung auftauchen. Darunter fallen bspw. Überstunden, Qualitätsverluste und Nacharbeit oder erhöhter Krankenstand etwa durch Stress. Vor allem stehen Mitarbeitende, die diese Zusatzaufwände machen, in der Zeit nicht für ihre eigentliche Aufgabe zur Verfügung und haben auch nicht den Freiraum, den eigenen Bereich kontinuierlich zu verbessern.

Die versteckte Fabrik ist ein massiver finanzieller Schaden, von dem die meisten Führungskräfte oft gar nichts wissen.

Das eindeutige System als Lösung

Die Lösung für das Problem ist die Gestaltung eines eindeutigen Systems. Das ist nicht gleichbedeutend mit einem starren System, denn ein eindeutiges System kann und muss kontinuierlich verändert werden. Dazu braucht es zwei wesentliche Elemente:

  1. Echte Führungskräfte, die Dinge aufgrund der vorliegenden Faktenlage entscheiden und diese Entscheidung dann gemeinsam mit den Teams strukturiert umsetzen. Sprunghafte Reaktionen auf äußere Einflüsse oder die Flucht vor Entscheidungen hinterlassen ein Chaos, das zur versteckten Fabrik führt.
  2. Eine Prozesslandschaft mit klaren Regeln und Standards. Auch die Digitalisierung kann diese nicht ersetzen, denn ein instabiler Prozess wird durch Digitalisierung nicht besser, sondern schlechter. Ein idealer Prozess braucht keine zusätzliche Steuerung, er läuft eigenständig und ohne Rückfragen oder Sonderschleifen ab.

Die versteckte Fabrik ist ein massiver finanzieller Schaden, von dem die meisten Führungskräfte oft gar nichts wissen. Die Auswirkungen sind monetär, die Ursachen dagegen oft menschlich. Aber sie können behoben werden.

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