Automatisierung im Mittelstand : Wo bleibt die Unterstützung der Maschinenhersteller?
Im Bereich der Zerspanung gibt es nur heterogene Fertigungsumgebungen, d.h. es gibt praktisch keinen Fertigungsbetrieb, der nur Maschinen eines Herstellers einsetzt. Ab einer gewissen Größe ist es auch unwahrscheinlich, dass immer die gleichen Maschinensteuerungen vorhanden sind. Das Durchschnittsalter der „deutschen“ Werkzeugmaschine liegt bei ca. 15 Jahren, was die Situation nicht wirklich verbessert. Hinzu kommt, praktisch keine Werkzeugmaschine ist wie die andere, selbst wenn es sich um den gleichen Hersteller und vielleicht sogar das gleiche Modell handelt. Die Anzahl der Variablen ist so groß, dass es praktisch keine absolut identischen Maschinen gibt. Somit ist jede Automatisierung eine Individualanfertigung, sicher in verschiedenen Ausprägungen, aber doch immer unterschiedlich.
Dies macht es nahezu unmöglich, die Automatisierungsanlagen zu standardisieren und somit auch einen Skalierungseffekt zu erreichen. Grundsätzlich kann man als Kunde in die Welt der Automatisierung von Werkzeugmaschinen mit oder ohne Schnittstelle einsteigen. Es gibt hier verschiedene Philosophien, die im Einzelfall zu bewerten bzw. zu verwenden sind. Ist z.B. in der Werkzeugmaschine bereits eine automatische Tür verbaut, geht es fast nie ohne Schnittstelle zwischen Automation und Maschine, um CE konform zu automatisieren. Es gibt noch viele weitere Punkte, die im Vorfeld zu klären sind, von einwandfreier mechanischer und elektrischer Funktion, über funktionierende Zerspanungs- bzw. Gesamtprozesse bis hin zu ausreichendem Platzbedarf vor bzw. um die Maschine herum, um nur einige zu nennen.
Leider sind die Maschinenhersteller auch keine große Unterstützung, denn egal ob es bereits vorhandene Schnittstellen gibt oder nicht, die Unterstützung für die „third party“ Anbieter von Automatisierungslösungen ist überschaubar. Von Standards darf man auch nur träumen und so bleibt nur der mühsame Weg, jede Anlage individuell zu planen und zu bauen.
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Was wir dringend benötigen, sind kurzfristige Erfolgsgeschichten, die quer durch die Fertigungsindustrie wirken.Christian Wagner
KMUs als Leidtragende
Dass die KMUs der Fertigungsindustrie darunter leiden, weil sie entweder ziemlich viel Geld investieren müssen oder eben keine Automatisierung bekommen können, ist die Konsequenz aus dieser Marktsituation. Dass allerdings jeder Kunde, der eine Bestandsmaschine erfolgreich automatisiert, seine neuen Maschinen praktisch automatisch mit einer Automatisierung kaufen wird, ist wohl an der ein oder anderen Stelle noch nicht wirklich ins Bewusstsein vorgedrungen. Deshalb wäre mehr Unterstützung von Seiten der Hersteller für „ältere“ Maschinen, sicher eine sehr hilfreiche Sache. Auch die Verbände können hier mitwirken, denn Initiativen wie Manufacturing-X sind meines Erachtens nicht pragmatisch genug. Auf lange Sicht gesehen vielleicht schon, was wir allerdings dringend benötigen, sind kurzfristige Erfolgsgeschichten, die quer durch die Fertigungsindustrie wirken. Hier sollte man die Maschinenhersteller an einen Tisch holen und nach Lösungen suchen, um die Anschaffung einer Automatisierung an eine Bestandsmaschine, für einen Fertigungsbetrieb selbstverständlich und einfach zu machen. Das ginge beispielsweise über eine genormte Schnittstelle, was gerne auch als „magic box“ bezeichnet wird.
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