Kolumne : Aus Fehlern lernen, ohne sie zu machen
Fehler in diesem Sinn sind Abweichungen von einem Standard, im industriellen Umfeld vor allem außerhalb vordefinierter Toleranzen. Mit jedem Fehler sind in der Regel eine Auftretenswahrscheinlichkeit, eine potentielle Schadensschwere und eine Entdeckungswahrscheinlichkeit verbunden. Die Schadensschwere nimmt dabei in der Regel zu, wenn ein Fehler nicht erkannt und das fehlerhafte Artefakt weiterverarbeitet wird.
Jedes Unternehmen, das etwas auf sich hält, setzt heutzutage auf eine positive Fehlerkultur und ermutigt zu einem offenen Umgang mit Fehlern. Und das ist auch gut so! Aus Fehlern, ihrer Feststellung, Interpretation und einer nachfolgenden Verhaltensanpassung können MitarbeiterInnen und Organisationen besser und nachhaltiger lernen. Andersrum ist es tatsächlich schwierig, überhaupt zu lernen, ohne Fehler zu machen – bzw. machen zu dürfen.
Fehler sind zu vermeiden
Jetzt wäre es aber naiv zu glauben, dass Fehler gut und erstrebenswert sind. Nicht umsonst hat sich das Qualitätsmanagement als ganzheitlicher Ansatz zur Qualitätserzeugung aus der Qualitätsprüfung, also der Fehlerentdeckung, entwickelt.
Fehler kosten Geld, Kunden und Reputation. Die Folgekosten steigen mit jedem nachgelagerten Prozessschritt, in dem ein Fehler nicht entdeckt wird, an. Heute nutzen wir unter dem Überbegriff Predictive Maintenance hochtrainierte Algorithmen um das Ausfallverhalten von Maschinenaggregaten (erstaunlich gut!) vorherzusagen und entsprechend vorausschauend (präskriptiv) zu reagieren. Was gilt denn nun? Aus Fehlern lernen, ohne diese zu machen, wird nicht funktionieren.
Ein Ausweg aus dem Dilemma
Eine vielversprechende Lösung ist es, die Fehler in einen geschützten Raum zu verlagern, der gezielt für diese Zielsetzung vorgesehen ist und genutzt wird. Eine der Hauptherausforderungen bei menschlichen Eingriffen in hochautomatisierten Systemen ist, Fehler als Lernmöglichkeiten zu erhalten. Ähnlich einem Flugsimulator zur Ausbildung von Piloten können dezidierte Trainings-, Einlern- und Testbereiche das gezielte Ausprobieren fördern, die Lernkurven für benötigte Fähigkeiten erhöhen und gezielt Unterstützung bei Fehlern geben. Entsprechende Assistenzsysteme und die gezielte Prozessdokumentation, bspw. über Videos können hier helfen. Statt Überwachung wird hier die menschliche Arbeit unterstützt und zielgerichtet Hilfestellung am Ort des Geschehens gegeben. In Österreich existiert zu diesem Zweck ein Netzwerk aus Pilotfabriken. Diese werden von der TU Wien, der TU Graz und der JKU Linz betrieben. Dazu gibt es zahlreiche weitere Standorte, österreichweit verteilt, vor allem auch an Fachhochschulen, sodass hier regional und ohne weite Wege Unterstützung bereitsteht, um in einer geschützten Umgebung aus Fehlern lernen zu dürfen.