Nachteile von Naturkautschuk : Wie Continental für nachhaltigen Naturkautschuk sorgen will
Naturkautschuk ist neben synthetischem Kautschuk, Kohlenstoff, Schwefel und Ölen ein wesentlicher Bestandteil von Autoreifen. Für die Herstellung des natürlichen Rohstoffen gingen in Südostasien in den vergangenen 30 Jahren jedoch mehr als 4 Millionen Hektar drauf. Ein Viertel davon wurde sogar als besonders wichtig für den Erhalt vieler Tier- und Pflanzenarten eingestuft. Die Studie, die kürzlich im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht wurde, brachte dem Naturgummi und damit der Reifenproduktion ein schlechtes Image ein. Am 29. Juni 2023 ist die European Deforestation Regulation in Kraft getreten, in die auch Naturkautschuk einbezogen worden ist.
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Transparenz in den Naturkautschuk-Lieferketten als Herkulesaufgabe
Der weltweit agierende Reifenhersteller Continental unterstützt diese Regulierung und setzt sich laut einer Unternehmenssprecherin bereits seit vielen Jahren gegen die Entwaldung zur Naturkautschuk-Gewinnung ein. Im Schriftstück „Sustainable Natural Rubber Sourcing Policy“ hat das Unternehmen 2018 Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen für sich selbst sowie alle Lieferanten und Dienstleister entlang der gesamten Naturkautschuk-Wertschöpfungskette festgehalten. Eine Grundvoraussetzung für deren Umsetzung ist es, Rückverfolgbarkeit und Transparenz zu schaffen. "Wir erwarten von unseren Lieferanten, dass sie die Menschen- und Umweltrechte sowie die geltenden Gesetze respektieren. Das ist die Grundlage für unsere Geschäftsbeziehungen und in unserem verbindlichen Verhaltenskodex für Geschäftspartner festgelegt", heißt es von Continental-Seite. Darüber hinaus seien die Lieferanten dazu verpflichtet, entsprechende Sorgfaltspflichten umzusetzen. Die Rückverfolgung von Naturkautschuk ist jedoch keine einfache Aufgabe. "Wir gehen davon aus, dass bis zu sechs Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern von der Kautschukgewinnung wirtschaftlich abhängig sind. Zusätzlich sind bis zu sieben verschiedene Zwischenhändler sowie weiterverarbeitende Betriebe beteiligt, bevor der Naturkautschuk unsere Werkstore erreicht", erklärt die Sprecherin.
Ab 2030 den Naturkautschuk möchte Continental für seine Reifenherstellung ausschließlich aus verantwortlicher Beschaffung decken. Das bedeutet auch, dass der Rohstoff aktuell noch mitunter aus bedenklichen Quellen bezogen wird. Als Maßnahmen, mit denen Umwelt-, Menschenrechts- und soziale Risiken minimiert werden sollen, nennt das Unternehmen: Software-Einsatz zur Erfassung von Risiken in der gesamten Lieferkette (Tier-1 und darüber hinaus), Projekte und Initiativen zur Entwicklung von Konzepten zum Aufbau von Kapazitäten, Beschaffungsstandards, kontinuierliche Prozesse zur Überwachung der Lieferanten sowie neue innovative Technologiekonzepte, die derzeit in der Praxis erprobt werden.
Löwenzahn als Naturkautschuk-Alternative?
"Zu den besonderen Eigenschaften von Naturkautschuk gehört die hohe Festigkeit und Haltbarkeit, die durch die dehnungsinduzierte Kristallisation des Kautschuks verursacht wird", weiß die Continental-Sprecherin. Daher sei Naturkautschuk nach wie vor unverzichtbar, um eine hervorragende Reifenleistung zu gewährleisten. Da der natürliche Rohstoff nur begrenzt verfügbar ist, forscht der Reifenhersteller an alternativen Grundstoffe für die Gewinnung von Naturkautschuk. "Unser Ziel ist es, eine nachhaltige alternative Ressource zu Naturkautschuk aus den Tropen zu industrialisieren, die wir in der Nähe unserer Reifenwerke anbauen können", so das Statement des Unternehmens. Damit sollen neben der Verhinderung von weiteren Regenwald-Rodungen auch die CO2-Emissionen durch die Verkürzung der Transportwege reduziert werden.
Erste Testreifen wurden bereits mit Naturkautschuk aus Löwenzahnwurzeln hergestellt. Diese zeigen eine gleichwertige Leistung im Vergleich zu Reifen, die mit Naturkautschuk aus Gummibäumen hergestellt werden. Ein Fahrradreifen aus Löwenzahn-Kautschuk schaffte es bei Continental sogar in die Serienproduktion. Den Kautschukbaum vollständig ersetzen wird der Löwenzahn in den nächsten Jahrzehnten wohl noch nicht, da laut Continental noch viele Schritte nötig seien, um die Nutzpflanze zu industrialisieren.
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