Metallurgie : Warum Niob derzeit der begehrteste Rohstoff ist

Niob
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Niob ist einer der begehrtesten Stoffe der Erde. Und das kommt nicht von ungefähr: Der Werkstoff wird meist dort verwendet, wo die Anforderungen besonders extrem sind. Zum Beispiel als Ummantelung von Kernbrennstäben, in Raketentriebwerken oder an deren Außenhaut, wo sehr hohe Temperaturen entstehen. Dank Niob konnte das Space Shuttle den enormen Temperaturen widerstehen, die beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre an den Materialien wirken. So wurden Hülle und Steuerruder zu Testzwecken in einem Hochofen der NASA einer Temperatur von mehr als 1.000 Grad Celsius ausgesetzt. Das Material zeigte an der obersten Schicht der Niob-Legierung nur wenige Kratzspuren. Kein Wunder, denn der Schmelzpunkt von Niob liegt bei sagenhaften 2.477 Grad Celsius.

Nur wenige Metalle verhalten sich so resistent gegenüber hohen Temperaturen. Ohne die zahlreichen Rohre, Schrauben, Muttern, Drähte und Bleche aus Niob würden die Erfolge in der Raumfahrt weitaus bescheidener ausfallen. Auch im Baubereich, wenn vor allem ein sehr hohes Maß an Stabilität gefordert ist, kommt man an Niob kaum vorbei. Wie z. B. für kilometerlange Pipelines, Hochspannungsmasten oder hohe Brückensäulen.

Niob liegt nur an 42. Stelle hinsichtlich der Häufigkeit an Vorkommen in der Erdkruste.
Hans B. Wehren, HWN titan

Superstar mit kleinen Schönheitsfehlern

Niob ist als Refraktärmetall ein Wundermaterial mit erstaunlichen Fähigkeiten, das von vielen Hightech- und Industrieentwicklern benötigt wird. Warum soll dann Niob ein Schattendasein fristen? Wo ist der Haken? „Niob liegt nur an 42. Stelle hinsichtlich der Häufigkeit an Vorkommen in der Erdkruste“, erklärt Hans B. Wehren, Geschäftsführer der HWN titan GmbH. „Beispielsweise im Vergleich zu Titan bewegen wir uns bei Niob in einem ‚Mikrokosmos‘.“

Das Material ist nicht nur selten, sondern es wird im Wesentlichen nur in drei Regionen der Erde abgebaut. Hinzu kommt, dass die meisten Vorkommen in der Hand von etwa drei Gesellschaften liegen. Wobei über 80 Prozent des weltweiten Angebots aus einem Bergwerk in Brasilien des Konzerns Brasileira de Metalurgia & Mineracao (CBMM) stammt. Im Jahre 2006 lag die gesamte Jahresproduktion weltweit bei fast 60.000 Tonnen. 90 Prozent davon wurde in Brasilien gefördert. Wogegen sich die Ausbringung im Jahre 2013 mit 59.400 t kaum geändert hat. Der Hauptproduzent war wieder Brasilien. „Hier müssen die Dimensionen betrachtet werden“, mahnt Wehren. „Bei Niob reden wir von Nischenmärkten, das heißt auch die Abbaumengen sind im Verhältnis zu anderen Bergbaubranchen sehr klein.“ Entwicklungsabteilungen von Unternehmen überlegen es sich sehr genau, ob sie größere Volumenprodukte auf Basis von höheren Niob-Anteilen produzieren und sich so in große Abhängigkeiten begeben.

(Hier weiterlesen: Warum Niob geopolitisch schwierig ist)

Metallischer 3D-Druck

Eine weitere ganz wichtige Besonderheit: Da Niob nicht gediegen, sondern immer mit Tantal vorkommt und somit nicht ausschließlich aus dem gleichen Metall besteht, werden Niob- und Tantalerze zunächst gemeinsam aufgeschlossen. Erst in der Folge werden beide Erze durch fraktionierte Kristallisation oder unterschiedliche Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln voneinander getrennt. Wobei Tantal im Vergleich zu Niob der in vielen Anwendungen deutlich leistungsfähigere Rohstoff darstellt. Gleichzeitig ist bei der Förderung der Anteil von Tantal meist geringer, was Tantal unter anderem wieder deutlich teurer macht. Den Ausblick für zukünftige Einsätze von Niob sieht Wehren dagegen positiv: „Niob wird vor allem als Legierung und Legierungswerkstoff sowie als neue Technologien wie zum Beispiel beim metallischen 3D-Druck zum Einsatz kommen.

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Wo ist Niob drin?

  • Rostfreier Stahl: Niob kommt als Legierungszusatz für rostfreie Stähle, Sonderedelstähle (z. B. Rohre für die Salzsäureproduktion) und Nichteisenlegierungen zum Einsatz.
  • Rohrleitungsbau: Mit Niob veredelte Stähle werden häufig für Pipelines verwendet.
  • Schweißerzusatz: Als starker Karbidbildner kommt Niob auch in Schweißzusatzwerkstoffen zum Abbinden von Kohlenstoff zum Einsatz.
  • Walzen: Bei Konzentrationen von 0,01 bis 0,1 Massenprozent kann Niob in Verbindung mit thermomechanischem Walzen die Festigkeit und Zähigkeit von Stahl deutlich verbessern.
  • Raketenteile: Der schwarze Teil von Raketendüsen wird aus Niob-Titan-Legierungen hergestellt.
  • Fliegende Gasturbinen: Größere Mengen werden als Ferroniob und Nickelniob in der metallurgischen Industrie zur Herstellung von Superlegierungen (Nickel-, Cobalt- und Eisenbasislegierungen) verwendet. Daraus entstehen Bauteile für stationäre bzw. fliegende Gasturbinen, Raketenteile sowie hitzebeständige Komponenten für Heizanlagen.
  • Teilchenbeschleuniger CERN: Niob kommt nicht nur bei extrem hohen Temperaturen zum Einsatz, sondern auch bei sehr niedrigen. Bei Temperaturen unterhalb von 9,5 K ist reines Niob ein Supraleiter des Typs II. Supraleiter sollen vor allem starke Magnetfelder erzeugen. Diese werden zum Beispiel im Teilchenbeschleuniger CERN genutzt, in dessen langen Röhren Atome mit Lichtgeschwindigkeit aufeinander geschossen werden.
  • Laser: Supraleitende Kavität aus hochreinem Niob für den Freie-Elektronen-Laser FLASH am DESY.
  • Elektrolytkondensatoren: Niob wird als Anodenmaterial Elektrolytkondensatoren verbaut, da Nioboxid eine hohe Spannungsfestigkeit besitzt.
  • Optische Oberflächen: Mit Niob werden diese kratzfester und entspiegelt. Einsatzbeispiele sind Touchscreens, Bildschirme und optische Linsen.

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