Verpackungsbranche im Wandel : Verpackung: Nachhaltigkeit wird zum Wettbewerbsfaktor
In der Papier- und Verpackungsindustrie wurden Entscheidungen lange aufgrund von Kosten und Funktionalität getroffen. Mittlerweile aber steht Nachhaltigkeit im Vordergrund. Allerdings mangelt es vielen Unternehmen an einer stringenten Strategie. „Wer bei Nachhaltigkeit und Innovation konsequent auf die richtigen Themen setzt, kann gegenüber dem Wettbewerb einen deutlichen Vorteil erreichen und anderen Marktanteile abnehmen“, ist Florian Müller, Bain-Partner und Branchenexperte überzeugt.
Papier, Kunststoff, Metall oder Glas - auf welche Materialien die Papier- und Verpackungsindustrie künftig den Fokus legen will, ist noch unklar. Viele Hersteller tun sich schwer, hier Entscheidungen zu treffen. Und das nicht ohne Grund. So schneiden laut aktuellem Bain-Report beispielsweise flexible Verpackungen aus Kunststoff wie leichte Folien oder Beutel zwar in Bezug auf die CO2- Emissionen bei Produktion und Transport mit am besten ab, allerdings sind sie am wenigsten kreislauffähig oder biologisch abbaubar. „Bei der Wahl des Verpackungsmaterials gibt es derzeit keinen klaren Sieger“, stellt Silvan Goeldi, Associate Partner bei Bain in Wien und Branchenkenner, fest. „Die nachhaltigste Option kann je nach Anwendung und geografischer Lage stark variieren.“ Führende Unternehmen würden deshalb vielmehr die Umweltauswirkungen verschiedener Materialien bewerten und den gesamten Lebenszyklus berücksichtigen – von der Rohstoffgewinnung und Produktion über den Transport bis hin zum Ende des Produktlebenszyklus.
Trotz neuer Herausforderungen bleibt der Papier- und Verpackungssektor weltweit eine Wachstumsindustrie. Dem Bain-Report zufolge könnte die Branche bis 2026 ihren Umsatz auf rund 1,2 Billionen US-Dollar steigern. Gemessen an 2021 würde dies einem Plus von rund 21 Prozent entsprechen. Dabei wird die Kategorie Kartonverpackung am stärksten zulegen und in puncto Wachstum das Plastiksegment übertreffen.
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Verpackungsmaterial: Wer macht das Rennen?
Im Zusammenhang mit den Nachhaltigkeitsbestrebungen der Branche gehört auch das Thema Biodiversität auf die Agenda der globalen Papier- und Verpackungsindustrie. Denn Herstellungsverfahren von Papier und Papierverpackungen bedingen unter anderem eine intensive Forstwirtschaft sowie einen hohen Wasserverbrauch, was die biologische Vielfalt beeinflussen kann. Damit befassen sich die Branchenplayer bislang allerdings nur bedingt. So hat Bain jüngst weltweit rund 100 Unternehmen aus der Papier- und Verpackungsindustrie analysiert, die an die globale Nachhaltigkeitsinitiative Carbon Disclosure Project (CDP) berichten. Dabei zeigte sich, dass sich lediglich 22 Prozent mit den Auswirkungen ihrer Wertschöpfungskette auf die Biodiversität auseinandersetzen. Immerhin geben aber auch 31 Prozent an, bereits Maßnahmen zur Bekämpfung des Biodiversitätsverlusts zu ergreifen.
Auch in puncto Dekarbonisierung gibt es für die Branche einiges zu tun. Zwar hat sich die Anzahl der Unternehmen, die im Rahmen der Science-Based Targets Initiative (SBTi) wissenschaftlich fundierte Nachhaltigkeitsziele identifiziert oder sich zu deren Erreichung verpflichtet haben, im ersten Halbjahr 2023 auf 223 erhöht – 2019 waren es gerade einmal fünf gewesen. Doch zuletzt haben mehr als 30 Prozent dieser Firmen die kurzfristigen Ziele der von ihnen direkt beeinflussbaren Emissionen (Scope 1 und Scope 2) verfehlt. Und hinsichtlich der Emissionen, die innerhalb der Lieferkette und bei der Nutzung ihrer Produkte (Scope 3) entstehen, sind 41 Prozent in ihren Bemühungen bisher gescheitert.
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Technologischer Fortschritt als Herausforderung und Chance
Insgesamt steht die Papier- und Verpackungsbranche weltweit vor einer Vielzahl an Herausforderungen. Neben den Fragen rund um Nachhaltigkeit und Net-Zero-Konzepten, müssen die Fabriken flexibler und technologiegetriebener werden. Zusätzlich braucht es neue Konzepte, um mit den zunehmenden Unsicherheiten in Bezug auf die Volatilität der Rohmaterialen, regulatorischen Änderungen oder auch technologischem Fortschritt rund um künstliche Intelligenz und Smart Packaging erfolgreich umgehen zu können. Doch Bain-Partner Müller ist sich sicher: „Wer all diese Herausforderungen annimmt und meistert, wird nicht nur hochprofitabel sein, sondern auch im Wettbewerb den Ton angeben.“