Chemische Industrie : Unstimmigkeiten bei Novartis: Muss die Produktion gedrosselt werden?
Der Schweizer Pharmakonzern Novartis denkt an seinem Standort Schaftenau in Tirol angeblich (laut Meldung der APA) über eine Produktionsdrosselung nach. Grund dafür seien laut Berichten von der "Tiroler Tageszeitung" und dem "Kurier" die stark gestiegenen Energiekosten. Die Pharma-Produktion sei sehr energieintensiv, man verbrauche so viel Strom wie die gesamte Stadt Innsbruck.
(Lesen Sie auch: Was die neue Biopharma-Anlage Novartis zur modernsten macht)
Widersprüchliche Aussagen
Bei gleichbleibend hohen Energiepreisen könnten sich die Kosten von zwischen 10 bis 15 Mio. Euro im Vorjahr auf fast das Zehnfache (100 bis 120 Mio. Euro) erhöhen, rechnete Geschäftsführer Mario Riesner dem "Kurier" vor. „Wenn sich die Preissituation nicht entschärft, könnte es uns in eine Situation bringen, energieintensive Herstellverfahren einschränken zu müssen.“ Betroffen sein könnte etwa die Antibiotika-Produktion. (Kurier-Bericht & TT-Artikel)
Laut fundscene.com hingegen sei die Preissteigerung kein Problem. „Das Unternehmen rekrutiert Hunderte von Mitarbeitern, um die Produktion von Medikamenten an unseren Standorten in Tirol zu unterstützen, da wir den Bedürfnissen der Patienten weiterhin Priorität einräumen“, erklärte ein Novartis-Sprecher angeblich auf Anfrage. Das Unternehmen habe Maßnahmen ergriffen, um die kurzfristigen Auswirkungen der aktuellen Marktsituation zu minimieren, und werde weiterhin prüfen, wie der Betrieb an das sich verändernde externe Umfeld angepasst werden könne.
Investitionen in Europa und Tirol
Zuletzt hatte der Schweizer Konzern mehrmals im Tiroler Unterland mit 75 Mio. in den Bau neuer Anlagen investiert. Erst Mitte Mai waren am Tiroler Standort zwei neue Anlagen zur Entwicklung und Produktion biopharmazeutischer Arzneimittel eröffnet worden. Rund 300 Mio. Euro wurden investiert und 180 Arbeitsplätze geschaffen. 2020 hat es politische Diskussionen um den Standort gegeben, man wollte verhindern, dass Novartis die einzige Penicillinproduktion in Österreich und Europa nach Asien verlagert. Das Land Tirol unterstützte den Konzern dafür mit 50 Mio. Euro.
(Lesen Sie dazu auch: Novartis öffnet Tiroler Standort für Life-Science-Firmen)
Insgesamt investiert Novartis an drei Standorten in Europa in den kommenden Jahren rund 300 Mio. Euro in die Entwicklung moderner Biopharmazeutika. Neben Schaftenau seien weitere Investitionsschwerpunkte auch am Novartis Campus in Basel (Schweiz) und in Mengeš (Slowenien) geplant.
Börsengang kostet Arbeitsplätze
Zudem war bekannt geworden, dass Novartis seine Generika-Sparte Sandoz abspalten und an die Börse bringen will. Der Konzern stellt derzeit seine Hauptsparte -Innovative Medicines - neu auf und richtet sie stärker auf den US-Markt aus. Der Umbau soll 8.000 Stellen oder rund 7 Prozent der Belegschaft den Job kosten. In Tirol sind momentan 4.500 Menschen beschäftigt.
Weitere interessante Artikel:
Wie man CO₂ durch nachhaltiges Engineering reduziert
Produktion drosseln? Österreichs Industriebetriebe in der Zwickmühle