Materialausbeute erhöht : So erreicht HAI Aluminium hohe Recyclingquoten
Geschlossener Materialkreislauf: Alle Produktionsreste schmilzt Hammerer Aluminium Industries zur erneuten Verwendung ein. Säge-, Fräs- und Bohrspäne werden dafür brikettiert, um eine möglichst hohe Materialausbeute zu erreichen.
- © Hammerer Aluminium IndustriesAluminium ist unter den Metallen der Leichtbauwerkstoff schlechthin. Er kommt im gesamten Transportbereich – wie beispielsweise bei Pkw Nutzfahrzeugen und im Railwaysektor – sowie in vielen anderen Industriebereichen zum Einsatz und ermöglicht deutliche Energieeinsparungen. Hammerer Aluminium Industrie (HAI) mit Zentrale im österreichischen Ranshofen will das Leichtmetall möglichst lange und mit hoher Qualität im Kreislauf halten. Dabei hilft dem in Familienbesitz befindlichen Konzern, dass er die komplette Wertschöpfungskette abbildet – von der Gießerei und dem Recycling bis zum fertigen Produkt.
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HAI betreibt in Europa insgesamt acht Werke. Das Unternehmen produziert in zwei modernen und flexiblen Gießereien Knet- und Gusslegierungen in Form von Pressbolzen und Walzbarren oder als Zweiteiler-Masseln – bis zu 250.000 Tonnen pro Jahr. Zudem kann HAI im Bereich Extrusion auf 13 Strangpressanlagen jährlich bis zu 140.000 Tonnen Aluminiumprofile herstellen, die entweder direkt an Kunden geliefert oder im Bereich Processing zu fertigen Produkten verarbeitet werden.
Sekundäraluminium verringert den CO2-Fußabdruck
Durch den Einsatz von rund 80 Prozent Sekundäraluminium sowie Primäraluminium, das vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, liegt der CO2-Fußabdruck der von HAI gelieferten Produkte deutlich unter dem europäischen Durchschnitt und bei einem Bruchteil des weltweiten. Die anfallenden Produktionsreste werden stets erneut eingeschmolzen. Dabei steigt insbesondere der Anteil der Säge- und Frässpäne immer weiter an. "Wir haben in den vergangenen Jahren stark in Fertigungstechnologien investiert, damit unsere Kunden fertige Produkte bekommen und nicht nur ein Standardprofil, das sie selbst bearbeiten müssen“, erläutert COO Markus Schober.
Die möglichst effiziente Verarbeitung der Späne nimmt daher stetig an Bedeutung zu. Seit 2011 hat HAI nach und nach für verschiedene Standorte insgesamt fünf Brikettpressen geordert – allesamt von dem Zaisertshofener Maschinenbauer RUF. "Diese Anlagen funktionieren hervorragend, besser als jene eines anderen Herstellers“, erläutert Schober: "Die machten aufgrund gestiegener Späne-Mengen immer häufiger technische Probleme.“
Die jüngste Brikettieranlage ist die im Herbst 2024 in Ranshofen installierte RUF 90/3900/120. Sie erzeugt mit einer elektrischen Leistung von 90 kW einen Pressdruck von bis zu 3900 kg/cm² und produziert Briketts mit einem Durchmesser von 120 mm. Diese sind etwa 65 mm hoch und wiegen 1,7 kg. Die Dichte der Briketts liegt bei mindestens 2,3 kg/l und ihre Restfeuchte bei maximal zwei bis vier Prozent.
Spänebriketts tauchen im Schmelzbad sofort unter
Das direkte Einschmelzen loser Späne, das HAI ebenfalls in begrenztem Umfang praktiziert, ist für den COO keine Option für große Spänemengen. Denn dabei entstehen hohe Materialverluste. Allein durch eine längere Lagerung können laut Projektmanager Gerhard Huber unter ungünstigen Umständen Oxidationsverluste von 30 bis 40 Prozent auftreten. Eine weitere Oxidation ist unvermeidlich, wenn die Späne dem Schmelzbad zugeführt werden.
Zwar hat HAI einen Prozess entwickelt, um die Einbußen möglichst gering zu halten. „Doch bei diesem Verfahren können wir nur eine stark begrenzte Menge an Spänen einbringen“, erklärt Huber. "Spänebriketts hingegen lassen sich nahezu unbegrenzt in den Schmelzaggregaten einsetzen. Sie tauchen sofort unter.“ Und auch bei der Lagerung vor dem Einschmelzen findet fast keine Oxidation statt.
Die Materialausbeute steigt um etwa acht Prozentpunkte
Unterm Strich wird beim Einschmelzen loser Späne nur eine Materialausbeute von rund 85 Prozent erreicht. Mit Briketts hingegen erzielt HAI 92 bis 93 Prozent. „Bei einem Preis von 2000 oder 2500 Euro pro Tonne Aluminium entspricht dieser Unterschied in der Ausbeute 160 bis 200 Euro je Tonne“, rechnet Markus Schober vor.
Von Vorteil ist zudem, dass die Briketts weitgehend frei von Kühlschmierstoffen sind. So verursachen sie im Schmelzofen kaum Abgas. Die noch vorhandenen KSS verdampfen nahezu komplett, während die Briketts im Zweikammerofen auf der Schmelzbrücke liegen, bevor sie weiter in das Schmelzbad geschoben werden.
Deutlich einfacher wird auch der Transport. Denn die Briketts beanspruchen nur einen Bruchteil des Volumens loser Späne. Und weil beim Pressen der Späne die Kühlschmierstoffe entfernt werden, treten unterwegs auch keine Verunreinigungen durch abtropfende KSS auf.
Ausgelegt für den mannlosen 24/7-Betrieb
Der Aufwand für den Betrieb der Pressen von RUF ist sehr gering denn sie sind für einen mannlosen 24/7-Betrieb ausgelegt. Lediglich Anlieferung und Abtransport des Materials erfordern Personal. Die an Sägen und Bearbeitungszentren in Kübeln gesammelten Späne werden per Stapler zur Presse gefahren und in deren Sammeltrichter gekippt. RUF-Projektleiter Stefan Schulz erläutert: "Der Spänetrichter ist mit einer Lichtschranke versehen, sodass die Anlage automatisch startet, wenn genügend Späne im Trichter liegen. Ebenso stoppt sie ohne Zutun, wenn die Späne verarbeitet sind.“
Über zwei Auslaufschienen schiebt die Presse die fertigen Briketts in einen Sammelcontainer. HAI hat die Anlage so eingestellt, dass sie den Container mit 2.000 Briketts füllt, dann stoppt und mit einer Signallampe anzeigt, dass der Container auf den Transport zur Gießerei wartet. So können Staplerfahrer im Vorbeifahren den Füllstand erkennen, die Briketts zur Gießerei bringen und den vollen durch einen leeren Container ersetzen. Schließlich bestätigt der Mitarbeiter per Knopfdruck, dass nun ein leerer Sammelcontainer bereitsteht, und die Presse kann ihre Arbeit fortsetzen.
Sortenreinheit ist wichtig für eine hohe Qualität
Aktuell arbeitet die neue RUF 90/3900/120 acht bis zehn Stunden an fünf Tagen pro Woche und dürfte in ihrem ersten Einsatzjahr auf etwa 1000 bis 1500 Tonnen Briketts kommen. Das entspricht einer Auslastung von etwa 25 bis rund 37 Prozent. Dass es auch anders gehen kann, zeigt ein Vergleich: Die 2012 von RUF für HAI gelieferte Presse vom Typ RUF 90/2500/150, erreichte in 13 Jahren mit 70.000 Betriebsstunden eine Auslastung von über 60 Prozent.
Trotz der wirtschaftsbedingten, aktuell relativ geringen Auslastung, rechnet Schober für die jüngste RUF-Presse in Ranshofen mit einer Amortisationszeit zwischen zwei und vier Jahren, je nachdem, wie sich die weltwirtschaftliche Lage entwickelt. Zur Berechnung setzt HAI bei den internen Transfers von Spänen oder Briketts die jeweiligen Marktpreise an. Nicht in Zahlen angeben lässt sich hingegen ein weiterer, besonders wichtiger Vorteil, den der COO hervorhebt: "Durch das Recycling der eigenen Produktionsreste ist absolute Sortenreinheit der Legierung gewährleistet.“