Anwenderbericht : Prozesswasser-Management: Wie man beim Gleitschleifen sparen kann

Bei der Firma Wegmann kommt das Digitale Prozesswassermanagement in der Ausbaustufe „Advanced“ zum Einsatz. Ab Ende dieses Jahres werden weitere Funktionen verfügbar sein, mit denen sich der Bearbeitungsprozess weiter optimieren lässt.

Bei der Firma Wegmann kommt das Digitale Prozesswassermanagement in der Ausbaustufe „Advanced“ zum Einsatz. Ab Ende dieses Jahres werden weitere Funktionen verfügbar sein, mit denen sich der Bearbeitungsprozess weiter optimieren lässt.

- © Wegmann

Wegmann wurde 1882 als Waggonbau-Firma gegründet. Heute steht der Name für eine Unternehmensgruppe; die Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG. Sie entwickelt, fertigt und betreut ein breites Produktspektrum im Bereich Sicherheits- und Verteidigungstechnik. Die Wegmann Automotive GmbH deckt mit ihrem Sortiment an Auswuchtgewichten, Autoventilen, Batteriepolen, Reifendruck-Kontrollsystemen die Anforderungen namhafter Fahrzeughersteller und des Automotive Aftermarktes ab. Mit einer Produktionsmenge von über einer Milliarde Teilen pro Jahr ist das bayerische Unternehmen laut eigenen Angaben sogar Weltmarktführer für Auswuchtgewichte.

Anspruchsvolle Gleitschliffbearbeitung

Die Herstellung der Gewichte erfolgt aus Stahl und verzinktem Stahl sowie aus Zink und Zinklegierungen als Stanz- und Druckgussteile. „Nach dem jeweiligen Fertigungsprozess durchlaufen die Gewichte eine Teil-gegen-Teil-Gleitschliffbearbeitung in einem Rundvibrator. Dabei sind die Reste der beim Stanzen eingesetzten Öle beziehungsweise Rückstände eines wasserbasierten Trennmittels aus dem Druckgießprozess abzureinigen. Gleichzeitig wird durch den eingesetzten Compound auf den Stahlteilen ein Korrosionsschutz aufgebracht. Bei den Teilen aus Zink muss dagegen aufgrund einer nachfolgenden Beschichtung eine vorgegebene Oberflächenspannung erzielt werden, was auch kontrolliert wird“, berichtet Eugen Weizel, Abteilungsleiter Gleitschleifen und Beschichten bei Wegmann Automotive. „Haben wir einen zu hohen Compoundgehalt im Prozesswasser, verbessert dies zwar den Korrosionsschutz bei den Stahlteilen, allerdings erreichen wir dann die vorgegebene Oberflächenspannung bei den Zinkteilen nicht. Das kann zu Beschichtungsfehlern und Ausschuss führen“, ergänzt Kollege Manuel Salomon, der als WAPS (Wegmann Automotive Production Systems) - Einrichter in der Abteilung Beschichtung auch für Prozessoptimierungen, Schulungen und Lean Management zuständig ist.

Der Zusammenhang zwischen der Qualität des Prozesswassers und der Teilequalität war uns seit der Inbetriebnahme der Gleitschleifanlage und der Zentrifuge bewusst.
Manuel Salomon

Teilequalität abhängig von der Prozesswasserqualität

Einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität der Auswuchtgewichte hat daher die Reinigung des Prozesswassers, die mit einer vollautomatischen Zentrifuge Z1000 von Rösler erfolgt, und die Überwachung der Compoundkonzentration. „Der Zusammenhang zwischen der Qualität des Prozesswassers und der Teilequalität war uns seit der Inbetriebnahme der Gleitschleifanlage und der Zentrifuge bewusst. Wir haben deshalb wöchentlich eine Messung der Compoundkonzentration durchgeführt und die ermittelten Werte dokumentiert. So konnten wir die Konzentration für unseren Prozess genau definieren und anpassen“, berichtet Manuel Salomon. Unabhängig davon stieß das Angebot von Rösler, das neue Produkt „Digitales Prozesswassermanagement Advanced“ als Pilotanwender zu nutzen, auf Interesse. „Wir sahen den Vorteil, das Produkt gemeinsam mit Rösler nach unseren Anforderungen weiterzuentwickeln und gleichzeitig unser Prozess-Know-how zu vertiefen“, begründet Eugen Weizel die Entscheidung.

Die neue interaktive Monitoring-Lösung für die Prozesswasserreinigung mit halb- und vollautomatischen Zentrifugen ist in die Zentrifugensteuerung integriert. Sie ermöglicht die Überwachung, Erfassung und Auswertung relevanter Prozessparameter. Bei Wegmann sind dies insbesondere die Inhaltsstoffkonzentration mittels Titration oder Brechungsindex (BRIX), pH-Wert, Leitfähigkeit, Wasserhärte, mikrobiologische Belastung durch Bakterien, Hefen und Pilze, Chloridgehalt, CSB-Wert (chemischer Sauerstoffbedarf), BIT-Gehalt (Biozide im Prozesswasser) sowie Aussehen und Geruch der Prozessflüssigkeit. Die zu überwachenden Prozesswasserparameter sind individuell wählbar und dem Anforderungsprofil anpassbar.

Rösler Smart Solutions - digitales Prozesswassermanagement im Detail

In der ersten Ausbaustufe werden die Proben manuell entnommen und mit entsprechender Messtechnik, die auf Wunsch mitgeliefert werden kann, analysiert. Nach Eingabe der ermittelten Daten berechnet der in der Software hinterlegte Algorithmus, ob alle Werte im Soll- bzw. Toleranzbereich liegen. Ist dies nicht der Fall, werden auf dem Dashboard entsprechende, direkt umsetzbare Handlungsempfehlungen angezeigt. Sie erklären dem Mitarbeitenden genau die Zusammenhänge und welche Wartungsmaßnahmen durchgeführt werden können, um den oder die abweichenden Parameter wieder in den vorgegebenen Bereich zu bringen und damit die Prozessstabilität zu gewährleisten. Da alle Parameter gespeichert werden, ist es jederzeit möglich, auf die Daten in Form einer Tabelle und eines Verlaufsdiagramms zuzugreifen. Letzteres ermöglicht es, ungeplante Betriebsunterbrechungen aufgrund eines notwendigen Wechsels der Prozessflüssigkeit zu vermeiden und einen erneuten Anlauf zu einem optimal in den Betriebsablauf integrierbaren Zeitpunkt zu planen.

Die lückenlose Erfassung der Betriebsdaten ist weiterhin sehr hilfreich als Nachweis der Prozessqualität und -stabilität bei Qualitätsaudits und zu Dokumentationszwecken. Darüber hinaus stehen Handlungsempfehlungen zur Verfügung, wenn verschiedene qualitätsmindernde Ereignisse im Gleitschleifprozess auftreten. Dazu zählen Schaumbildung im Prozess, Korrosion an den Werkstücken sowie eine unzureichende Bauteilsauberkeit, die beispielsweise Folgeprozesse beeinträchtigt. „Früher hat man gemessen und war bei Abweichungen auf sich allein gestellt. Auch bei Prozessproblemen musste man selbst nach Lösungen suchen oder telefonisch Unterstützung anfordern, heute bekommt man diese automatisch. Das ist besonders hilfreich für Kollegen, die sich mit der Gleitschleiftechnik und der Prozesswasseraufbereitung nicht so gut auskennen“, erklärt Manuel Salomon.

Einfach und schnell einsetzbar

Im Einsatz ist die smarte Prozesswassermanagement-Lösung bei Wegmann Automotive seit Mitte März 2021. „Der Aufbau der Software ist gut strukturiert und übersichtlich. Nach einer kurzen Einweisung kann man gut und sicher damit arbeiten. Es ist alles auf einen Blick sichtbar und die Informationen werden verständlich dargestellt“, merkt Eugen Weizel an.

Im Gegensatz zu früher wird die Compoundkonzentration seither zweimal wöchentlich morgens und abends gemessen. Parallel dazu erfolgen die Messung des pH-Werts sowie die Beurteilung von Aussehen und Geruch. Darüber hinaus wird einmal wöchentlich die mikrobiologische Belastung kontrolliert. „Wir erhalten dadurch sehr aussagekräftige Informationen zu unserem Prozess. Ich kann beispielsweise am Verlauf der Compoundkonzentration erkennen, dass wir durch die vermehrte Bearbeitung öliger Teile mehr Compound zudosieren müssen, um die Prozesswasserqualität aufrecht zu erhalten“, beschreibt Manuel Salomon. „Ein anderes Beispiel ist die mikrobiologische Belastung, die wir vorher nicht kontrolliert haben. Ist sie zu hoch, hat dies Auswirkungen auf den Korrosionsschutz bei den Stahlteilen.“

Durch das Prozesswassermanagement stellen wir rechtzeitig fest, wenn beispielsweise der Compoundgehalt nicht passt, was definitiv Auswirkungen auf nachfolgende Bearbeitungsschritte hat.
Eugen Weizel

Mehraufwand mit erfreulichen Folgen

Da Wegmann Automotive mit dem digitalen Prozesswassermanagement mehrere Parameter überwacht, beträgt der Zeitaufwand für die Messungen zirka 20 Minuten in der Woche. Im Vergleich zur alleinigen, einmal wöchentlichen Erfassung der Compoundkonzentration liegt der Mehraufwand bei rund 15 Minuten. Den technischen und wirtschaftlichen Nutzen, der sich daraus ergibt, möchte man aber nicht mehr missen, wie Eugen Weizel bestätigt: „Durch das Prozesswassermanagement stellen wir rechtzeitig fest, wenn beispielsweise der Compoundgehalt nicht passt, was definitiv Auswirkungen auf nachfolgende Bearbeitungsschritte hat. Unser Prozess läuft daher nicht nur stabiler, sondern ist auch wirtschaftlicher geworden.“ Daher ist man auch daran interessiert, die bestehende Lösung um die nächste Ausbaustufe der Rösler Smart Solutions digitales Prozesswassermanagement zu erweitern. Damit können dann verschiedene Messungen automatisiert durchgeführt, analysiert und erfasst werden.

Hören Sie auch unsere Podcast-Folge zum Thema Trockenbearbeitung!