OMV-Turnaround mit Revamp von Pörner : OMV: Wie eine Generalinspektion zum Modernisierungsprojekt wurde

Bei der OMV steht alle sechs Jahre eine verpflichtende Generalinspektion an, die der TÜV Austria durchführt. Anfang Juni 2023 war es wieder soweit: der Petrochemie-Konzern nahm einen Großteil der Raffinerie Schwechat für 2 Monate außer Betrieb, um den Turnaround (TAR) vorzunehmen. Dabei konzentrierten sich die diesjährigen Maßnahmen auf die gründliche Inspektion und Wartung der Petrochemie- und teilweise der Raffinerieanlagen.

Die Pörner Gruppe hat sich in den letzten Jahrzehnten als Revamp-Spezialist auf dem heimischen und internationalen Markt etabliert und steht OMV sowie Borealis bereits seit vielen Jahren als Engineering-Partner zur Seite. Für gleich vier TAR-Projekte erhielt Pörner von OMV die EPCM-Aufträge. Sie umfassten Detail Engineering, Einkaufsunterstützung, Bau- und Montagemanagement sowie Inbetriebnahmeunterstützung.

Für die Finalisierung der Revamp-Projekte nutzten die Pörner Mitarbeitenden die routinemäßige Anlagenabstellung. Um die umfangreichen Maßnahmen in diesem knapp bemessenen Zeitfenster, parallel zu den Turnaround-Arbeiten sicher realisieren zu können, gingen monatelange akribische Vorbereitungen voran.

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Über Pörner

Die Pörner Gruppe ist ein unabhängiges Ingenieurunternehmen für verfahrenstechnischen Anlagenbau in Zentraleuropa und wurde 1972 von Kurt Thomas Pörner in Wien gegründet. Als Gesamtanlagenplaner umfasst das Angebot die vollständige Engineering-Leistungspalette: von Projektstudien und Behörden-Engineering über Basic und Detail Engineering, Beschaffung bis zur Bauleitung und Inbetriebnahme der Anlage.

Seit der Firmengründung wurden über 2.000 Projekte in den Bereichen Raffinerie, Petrochemie, Energie- und Umwelttechnik sowie chemische und pharmazeutische Industrie realisiert. Neben dem Hauptsitz in Österreich ist das Unternehmen mit über 580 Mitarbeiter:innen an zehn Standorten in Europa vertreten.

Projekt 1: Revamp der FCC-Anlage

Im katalytischen Teil der FCC-Anlage (Fluid Catalytic Cracking) mussten mehrere Teilbereiche erneuert bzw. mit neuen Anlagenkomponenten ausgestattet werden, da sie das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hatten. Pörner führte die gesamte Studien- und Ausführungsphase dieses umfangreichen Revamps durch. Sie übernahm dabei das Detail Engineering, die Einkaufsunterstützung sowie die Bau- und Montageüberwachung. Die Herausforderung in diesem Projekt bestand darin, neben den Komponenten, welche im geplanten sechs Jahre TAR-Intervall getauscht werden, auch die neuen Ausrüstungen mit prozesstechnischen Anforderungen zu installieren und nebenbei notwendige Reparaturarbeiten am Bestand durchzuführen. Die prozesstechnische Auslegung des neuen Equipments, wie z.B. Stripper, Reaktorkompensator, Vapourline, etc. erfolgte in enger Abstimmung durch den Lizenzgeber der FCC-Anlage. Parallel hierzu setzte Pörner auch Maßnahmen, wie etwa die Vergrößerung des Regeneratormannlochs, um zukünftige Turnarounds zeitlich kürzer gestalten zu können. Aufgrund der hohen Komplexität der auszutauschenden Equipments war eine detaillierte und vernetzte Planung gemeinsam mit der ausführenden Montagefirma von essentieller Bedeutung, um einen möglichst kurzen Stillstandszeitraum zu gewährleisten.

Pörner OMV Revamp
Beim FCC-Revamp kamen zeitweise auf engstem Raum bis zu 4 Kräne gleichzeitig zum Einsatz. - © Pörner

Der neue Kopf des FCC-Reaktors wird als letztes Teilstück eingesetzt.

- © Pörner

Projekt 2: Revamp der Ethylen-Anlage

Der Revamp der Ethylen-Anlage betraf im Wesentlichen die Leittechnik der Dampfturbinen, die auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden musste. OMV betraute Pörner mit dem Austausch bzw. der Adaptierung der Systeme der Maschinenregelung und -überwachung, sowie der Anpassung der Betriebsmittelverrohrung an die neue Turbine. Die Herausforderung dieser technisch komplexen Anlage lag in der Schnittstellenabstimmung zu den weiteren Akteuren des Großprojekts und den Instandhaltungsmaßnahmen im Rahmen des Turnarounds. Das Projekt war terminkritisch, da die Propylen- und Ethylen-Versorgung der benachbarten Borealis von der fristgerechten Inbetriebnahme der Anlage abhing.

Ein Anlagen-Revamp ist immer eine komplexe Aufgabe. Diese Wochen im TAR waren Arbeiten am Limit.
Petja Fiebinger, Pörner-Teamleiter Schwechat

Projekt 3: Umbau der Wasserstoff-Produktionsanlage

Die OMV nutzt bereits seit Jahren neue Technologien zur Erhöhung der Qualität und Stabilität von Kraftstoffen mit biogenen Anteilen durch das sogenannte Co-Processing. Bei diesem Verfahren wird der biogene Rohstoff während der Kraftstofferzeugung zugeführt – im Unterschied zur herkömmlichen Methode, bei der der biogene Anteil dem Kraftstoff erst nach der Produktion zugesetzt wird. Pörner setzte das Teilprojekt 2 des BioOil Co Processing Projektes um und modernisierte dabei zwei Anlagen. Die Verfahrensumstellung erforderte unter anderem den Umbau der Wasserstoffanlage der Raffinerie Schwechat. Die dafür erforderlichen anlagenübergreifenden Erweiterungen erfolgten in mehreren Teilabschnitten und werden demnächst in Betrieb genommen. Ziel des Revamps ist eine Kapazitätserhöhung und eine Qualitätssteigerung der bestehenden Wasserstoff-Produktionsanlage, um den höheren Wasserstoffbedarf für die Verarbeitung der biogenen Rohstoffe zu decken.

Nach jahrelangen Projektvorbereitungen wurden alle Pörner-Projekte nahezu zeitgleich erfolgreich mechanisch fertiggestellt

- © Pörner

Projekt 4: die integrierte Terminplanung

Wie auch in den vergangenen Turnarounds in 2022, 2017 und 2016 war Pörner maßgeblich an der integrierten Terminplanung beteiligt. 10 Monate vor Start des TAR 2023 begann für Pörner bereits die Planungs- und Vorbereitungsphase, welche eine Größenordnung von mehr als 1.000 Apparaten umfasste. Danach wurden die Terminpläne aller Instandhaltungsmaßnahmen anlagenspezifisch von den beauftragten Haupt-Kontraktoren ausgearbeitet und in weiterer Folge vom Pörner-Planungsteam evaluiert, kommentiert, in einem integrierten Gesamtterminplan zusammengeführt, übergeordnet koordiniert und an die OMV TAR-Leitung rapportiert. Hinter jedem Apparat steckte ein enormer Planungsaufwand. Für einen reibungslosen Turnaround wurden alle Aktivitäten detailliert geplant, aufeinander abgestimmt und wo erforderlich Zeitpuffer vorgesehen.

1,2 Millionen Stunden: eine Generalinspektion in Zahlen

Während des Turnarounds kamen täglich über 2.000 Fahrräder zum Einsatz, wenn die Arbeitenden, bei Temperaturen von bis zu über 30 Grad, in Brandschutzmontur von den jeweiligen Mannschaftsräumen zu den Anlagen fuhren. Oft arbeiteten sie im Rahmen einer 7-Tage-Woche, 24 Stunden im Schichtbetrieb. Alles für ein Ziel: einen erfolgreichen Turnaround. Auf engstem Raum und unter Zeitdruck wurden ca. 500.000 Schrauben und 4 km Rohrleitungen ausgetauscht sowie 18 Prozessöfen, 121 Kolonnen bzw. Reaktoren, 513 Wärmetauscher oder auch 3.000 Armaturen und 1.800 Sicherheitsventile im Rahmen von Revisionsarbeiten geprüft und gegebenenfalls erneuert. Dazu wurden neben den ca. 900 festangestellten Facharbeiter:innen der Raffinerie zusätzlich ca. 4.000 Mitarbeitende aus 50 Partnerfirmen beschäftigt. Das gesamte Arbeitspensum aller Beteiligten in dem zweimonatigen TAR betrug rund 1,2 Millionen Stunden.

Arbeiten am Limit

In den letzten Tagen vor dem Start der Anlagen kehrte langsam wieder Normalität am Raffineriegelände ein, die Menge an Fachkräften und Fahrrädern lichtete sich. Gemeinsam mit dem Auftraggeber OMV, dem TÜV und Pörner-Spezialist:innen wurden die Anlagen auf Funktionalität und Eignung für die Wiederinbetriebnahme geprüft – und bestanden den Test. „Dank der starken Unterstützung sämtlicher Mitarbeiter:innen und Partnerfirmen sowie den umfassenden Sicherheitsmaßnahmen wurde der geplante Turnaround erfolgreich abgeschlossen.“, so Martijn van Koten, OMV Executive Vice President Fuels & Feedstock.

Petja Fiebinger, Pörner-Teamleiter Schwechat, resümiert: „Ein Anlagen-Revamp ist immer eine komplexe Aufgabe. Diese Wochen im TAR waren Arbeiten am Limit. Unser eingespieltes Team konnte aber alle Projekte unfallfrei und im Rahmen der Kosten- und Zeitvorgaben abschließen.“ Nach den erfolgreich bestandenen Tests wurden die Anlagen schrittweise in Betrieb genommen und die Produktion läuft seit Mitte August wieder im Vollbetrieb