Evercraft Ecotechnologies : Österreichisches Know-how beseitigt Müllproblem in Montenegro

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Die Entsorgungsanlage Kličevo - Nikšić in Montenegro.

- © Evercraft

Montenegros Müllproblem gipfelt darin, dass es über 330 illegale Mülldeponien gibt. Sie sind verteilt über das ganze Land, erstrecken sich gut versteckt über Hügel, aber auch gut sichtbar an Straßenrändern. „Der Unterschied zu vielen anderen Ländern ist allerdings, dass es sich hierbei nicht um ein korruptes System handelt, sondern um ein Land, dem einfach nur die Infrastruktur fehlt“, berichtet Holger Kuhlmann, CFO und Co-Founder von Evercraft vom Lokalaugenschein. Montenegro habe keine flächendeckende Müllstrategie, wie wir sie aus Österreich oder Deutschland kennen. Das führt dazu, das Müll – über Plastikverpackungen hin zu Sperrmüll – einfach in der Natur entladen wird. „Es ist furchtbar zu sehen, wie so ein schönes Land mit Schandflecken übersät ist. Letztendlich leidet auch die Umwelt darunter, gerät durch Ablaufwasser auch Mikroplastik in das Grundwasser und Flüsse“, warnt Mario Wagner, CEO und Co-Founder von Evercraft.

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Um bei der Beseitigung dieses Müllproblems zu helfen und gleichzeitig die landesinterne Energieinfrastruktur zu stärken, reisten Evercraft-Vertreter im Juni nach Montenegro. Denn eine Technologie, die Evercrafts Partner, die Agency for Green Technology, patentiert und weiterentwickelt hat, setzt auf Abfall als Rohstoff. Die Low Temperature Conversion (LTC), zu Deutsch die Niedrigtemperaturkonvertierung, erzeugt aus Müll saubere Energie. „Mittels LTC-Technologie wird Abfall zum Energielieferanten schlechthin“, so Mario Wagner, Geschäftsführer von Evercraft. Die LTC-Technologie setzt anders als andere Energieerzeugungstechnologien auf Sekundärrohstoffe wie Hausmüll, Abfall aus der Natur, alte Autoreifen oder Klärschlamm. „In einem thermo-katalytischen Aufschlussverfahren wird das Inputmaterial auf bis zu 700 Grad erhitzt und ein synthetisches Starkgas, vergleichbar mit Erdgas, entsteht. Dieses kann dann zu Strom, Wärme oder synthetischen Treibstoffen weiterverarbeitet werden und macht buchstäblich aus Dreck saubere Energie“, erläutert Wagner

Unter anderem gab es Treffen mit dem ehemaligen Premierminister Dritan Abazović sowie dem CTO des staatlichen Energieversorgers EPCG, Zoran Šljukić. „Wir stießen sofort auf offene Ohren. Das Bewusstsein für das Müllproblem ist vorhanden und es wird aktiv nach langfristigen Lösungen gesucht. Mittels LTC-Technologie können wir diese bieten. Darum arbeiten wir nun auch ein Konzept aus, wie eines von Montenegros größten Problemen endlich der Vergangenheit angehören kann“, berichtet Kuhlmann.

Mario Wagner, Geschäftsführer der Evercraft GmbH

Saubere Umwelt und Unabhängigkeit

Besonders beachtenswert ist die mögliche Menge der gewonnenen Energie. Mit durchschnittlich zwei Megawatt pro elektrische Tonne steht eine mittlere LTC-Anlage einer PV- oder Windradanlage in nichts nach, benötigt aber nur einen Bruchteil des Platzes. „Der Aufbau der LTC-Anlagen ist modular und beginnt bei einem Input von einer Tonne pro Stunde. Je nach Platz und Volumen kann sie beliebig erweitert werden. Dies würde es sogar ermöglichen, mobile LTC-Anlagen einzusetzen“, erklärt Wagner. Denn mit 20 Prozent des gewonnenen Synthesegases kann eine LTC-Anlage autark betrieben werden und ist nicht auf externe Energiequellen angewiesen.

Evercraft sieht in der LTC-Technologie die Lösung für die weltweite Vermüllung: „Unsere Naturgebiete und Ozeane sind voll mit Restmüll verschiedenster Art. Wir wollen diesen Müll aus der Natur bergen und weiterverwerten. So können wir eine nachhaltige Zukunft gestalten, ohne auf Primärrohstoffe angewiesen zu sein und säubern die Umwelt zugleich“, so Wagner. Ein weiterer Punkt ist Europas Abhängigkeit von Erdgas-Importen. Allein in Österreich ist Erdgas für ein Fünftel des Energiemixes verantwortlich. „Neben den starken Umweltauswirkungen, die Förderung, Verarbeitung und Nutzung von Erdgas mit sich bringen, ist es vor allem auch ein endlicher Rohstoff. Unser mittels LTC-Technologie hergestelltes Synthesegas hat einen ähnlichen Energiewert und trägt zu einer gesünderen Umwelt bei. Unserer Meinung nach ist es die eindeutig bessere Alternative“, so Kuhlmann.

Kombination mit ACA-Anlage macht Müll zum Super-Werkstoff

Das aus dem LTC-Verfahren gewonnene Synthesegas hat die chemische Zusammensetzung CH4, gleich wie Methan, und beinhaltet somit Kohlenstoff. Dieser Kohlenstoff kann durch Evercrafts zweite, bereits im Einsatz befindliche Technologie, die Advanced Carbon Absorption, zu Carbonprodukten weiterverarbeitet werden. „Kohlenstoff ist Ausgangsmaterial für hochwertige Carbonprodukte, wie sie beispielsweise in der Raumfahrt schon lange zum Einsatz kommen. Sie können aber auch als Beimischprodukt in der energieintensiven Betonherstellung oder als Alternative für Lithium in der Autobatterieherstellung genutzt werden. Ganz nebenbei, quasi als Abfallprodukt, erzeugen wir Wasserstoff und damit einen weiteren umweltfreundlichen Energieträger. So schließen wir den Kreislauf“, unterstreicht Wagner.

In einer Demoanlage konnte Evercraft, das zusätzlich im regen Austausch mit der Universität St. Andrews in Schottland steht, einige wichtige Erkenntnisse über die Praxistauglichkeit der von Manfred Lenzi und der Agency for Green Technologies weiterentwickelten Technologie gewinnen.