Material der Zukunft : CO2 wird zu Supermaterial: Weltpremiere in Utzenaich
Wie kam es zur Entwicklung dieser Referenzanlage in Utzenaich?
Mario Wagner: Mein Hintergrund liegt eigentlich im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe und der Gewässerökologie. Ich habe mich intensiv mit diesen Themen beschäftigt und bei meiner Suche nach geeigneten Verwertungstechnologien stieß ich Ende 2014 auf die Firma AGT, die in Person von Manfred Lenzi auch die ACA-Technologie erfunden hat. Die ersten Gespräche begannen damals, und es ging sehr schnell voran. Im Jahr 2015 startete die Forschung in St. Andrews, bei der ich als Privatinvestor eingestiegen bin. Dort wurde die Grundlagenforschung zur Spaltung von CO2 und Methan in Gang gesetzt. Das ist schon eine Weile her, aber ich habe die Forschung seitdem begleitet, und 2017 hatten wir bereits die Gewissheit, dass alles funktioniert. Nun setzen wir diese Technologie gemeinsam mit der AGT zum weltweit ersten Mal kommerziell um.
Welchen Vorteil hat die ACA-Methode, die an der Universität St. Andrews weiterentwickelt wurde?
Wagner: Bisher erforderte die CNT-Produktion sehr hohe Energieaufwendungen und extrem hohe Temperaturen. Dies machte die Produktion kostspielig, da der Energieverbrauch enorm hoch war. Unser völlig neuer Ansatz besteht darin, Gase katalytisch bei niedrigen Temperaturen zu spalten. Statt brutalem Energieeinsatz setzen wir auf eine chemische Reaktion, um die Gase in ihre Bestandteile zu zerlegen.
Für uns ist CO2 ein wertvoller Rohstoff, und das ist bahnbrechend. Statt es in die Erde zu pumpen oder in Gesteinsschichten zu speichern, nutzen wir es als Rohstoff.
Es gibt zwei Aspekte hier, die Röhrchenproduktion und die Bindung von CO2. Angesichts der politischen Vorgaben der EU und der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit dieser Methode: Gibt es vergleichbare Unternehmen, die ähnliches tun, oder sind Sie Pionier auf diesem Gebiet?
Wagner: Ja, in gewisser Weise sind wir sicherlich Pioniere. Es gibt weltweit Bemühungen in diese Richtung, und auch in den USA beschäftigen sich Unternehmen damit. Aber wir haben einige Alleinstellungsmerkmale, wie die katalytische Spaltung. Mit unserer ACA-Methode setzen wir bereits eine Weltneuheit um. Andere Unternehmen mögen ähnliche Bemühungen anstellen, aber wir sind ihnen in vielen Aspekten weit voraus. Für uns ist CO2 ein wertvoller Rohstoff, und das ist bahnbrechend. Statt es in die Erde zu pumpen oder in Gesteinsschichten zu speichern, nutzen wir es als Rohstoff. Gleiches gilt für Müll, den wir ebenfalls als wertvollen Rohstoff betrachten. Dies ermöglicht es uns, auf endliche Ressourcen zu verzichten.
Lassen Sie uns über die CNT-Röhrchen sprechen. Diese sollen bis zu 100-Mal härter sein als Stahl. Welche Anwendungsbereiche sehen Sie hier?
Wagner: Carbon Nanotubes besitzen einzigartige Eigenschaften und können andere Materialien mit ähnlichen Eigenschaften substituieren. Ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht ist von großer Bedeutung. Sie können auch seltene Erden wie Indium oder Cobalt ersetzen und finden in zahlreichen Industriezweigen Anwendung.
Gibt es bei der CNT-Produktion Sicherheits- oder Umweltbedenken?
Wagner: CNTs sind feine Nanomaterialien und unterliegen den üblichen Arbeitsschutzvorschriften, wie sie für andere feine Stoffe gelten. Bei der Produktion achten wir jedoch besonders auf Umweltaspekte. Unser Prozess ist geschlossen, es gibt keine Emissionen, weder Staub noch andere Gase, die entweichen könnten. Im Gegensatz dazu entstehen bei vergleichbaren Produktionen häufig problematische Emissionen. Wir verwenden Synthesegas oder überschüssiges CO2 als Ausgangsmaterial und benötigen keine primären Rohstoffe wie fossile Gase oder Graphit.
Unsere Technologie kann in zahlreichen Industriezweigen eingesetzt werden, ohne in Konkurrenz zu stehen. Das ist ein entscheidender Vorteil.
Die neue Referenzanlage in Oberösterreich ist in sich geschlossen und nutzt Abfallstoffe, stimmt das?
Wagner: Genau, wir betreiben einen vollständig geschlossenen Kreislauf. In dieser Anlage läuft eine Biogasanlage. Dieses CO2 muss normalerweise in die Atmosphäre abgegeben werden. Wir schließen uns jedoch an diese Anlage an, leiten das CO2 in unsere ACA-Anlage und spalten es auf. So bewegen wir uns in Richtung CO2-Neutralität. Die Biogasanlage selbst ist bereits CO2-neutral, aber indem wir das entstehende CO2 sinnvoll nutzen, erhöhen wir ihren Wert. Das ist ein Referenzprojekt für viele Biogasanlagen.
Und wie sieht die Zukunftsvision aus? Können Sie sich an jede industrielle Anlage anschließen?
Wagner: Ja, das ist unsere Vision. Ein großer Vorteil unserer Technologie ist, dass wir keine zusätzlichen Flächen benötigen, da industrielle Betriebe bereits über ausreichend Platz verfügen. Unsere Technologie kann in zahlreichen Industriezweigen eingesetzt werden, ohne in Konkurrenz zu stehen. Das ist ein entscheidender Vorteil.
Gibt es bereits Kontakt zu Industrieunternehmen, die Interesse an Ihrer Technologie haben?
Wagner: Ja, wir haben bereits Kontakt zu Unternehmen aus dem Bereich Photovoltaik, Batterieherstellung und Reifenherstellung. Diese Unternehmen sehen auch das Potenzial unserer Carbon-Nano-Tubes, um ihre Materialien zu verbessern und zu stärken.
Die ACA-Referenzanalage in Utzenaich
In Zusammenarbeit mit dem Unternehmen BioG, das vor Ort eine Biogasanlage betreibt, wird aus dem dort entstandenen Methan Kohlenstoff abgespaltet. In der industriellen Referenzanlage der Evercraft GmbH, die bereits auf den aus zwei Pilotanlagen gewonnenen Erkenntnissen beruht, werden hochwertigste Carbonprodukte hergestellt. Dadurch wird CO2 gebunden und gelangt nicht in die Atmosphäre.
Dabei handelt es sich um ein vielseitiges und außergewöhnlich strapazierfähiges Material, das aufgrund seiner speziellen röhrenförmigen Struktur hundertmal stärker als Stahl ist, jedoch nur ein Sechstel wiegt. Die Eigenschaften von CNTs bezüglich Strombelastbarkeit und Wärmeleitfähigkeit sind ebenfalls überragend. So wird künftig CO2 nicht verbrannt, sondern im Sinne der Ressourcenschonung eingesetzt, ohne Primärrohstoffe zu verschwenden.