Entwicklungspartner heben ab : LCM und Pankl Turbosystems optimieren Verdichter für Stratosphärenflug

HERMANN WAKOLBINGER

Hubert Mitterhofer, Business Area Manager Drives bei LCM, hat den Stator des neu entwickelten, hochdrehenden Elektromotors für Pankl Turbosystems im Fokus.

- © HERMANN WAKOLBINGER

Sowohl bei Brennstoffzellen-Luftversorgungssystemen (FCAS) als auch bei elektrisch unterstützten Abgasturboladern (EAT) sieht Pankl Turbosystems aus Mannheim großes Wachstumspotenzial. Um den technologischen Vorsprung auszubauen, müssen jene Elektromotoren, die in FCAS- und EAT-Systemen die Verdichterräder antreiben, leichter, kleiner und leistungsstärker werden. Zum Einsatz kommen diese in der Luftfahrt, in Nutzfahrzeugen, Schiffen oder Zügen, sowie in stationären Systemen. Nach nur neun Monaten lieferte LCM die ersten Funktionsmuster für die hochdrehenden Elektromotoren. Diese erfüllten die Erwartungen von Pankl vollauf und liefern Drehzahlen von bis zu 140.000 U/min und eine Nennleistung von 22kW. Ein von Pankl Turbosystems und LCM optimierter Verdichter dürfte es an sogar an Bord eines unbemannten Zero-Emission-Flugobjekts schaffen.

Lesetipp: Linz Center of Mechatronics für elektrischen Propeller ausgezeichnet

Jonas Kranz, Entwicklungsingenieur Leistungselektronik bei der Pankl Turbosystems GmbH in Mannheim, bewertet jenes innovative Luftzufuhrsystem, das für Flüge in die Stratosphäre entwickelt wurde, als zukunftsweisend. "Selbst wenn dieses Projekt noch in einem sehr frühen Stadium ist, zeigt es die enorme Dynamik in der Brennstoffzellen-Technologie“, erklärt Kranz. Im Auftrag der britischen Stratospheric Platforms Ltd, eines Herstellers von Bauteilen für die Luft- und Raumfahrt, hat Pankl gemeinsam mit weiteren internationalen Unternehmen an der Entwicklung eines unbemannten Zero-Emission-Flugobjekts gearbeitet.

Vrnl.: Hubert Mitterhofer, Business Area Manager Drives bei LCM, Josef Passenbrunner, Leader des Motor Technology-Teams von LCM, und LCM-Geschäftsführer Gerald Schatz präsentieren Vertretern von Pankl Turbosystems die Neuentwicklung.

Leichter, kleiner, stärker

Dieses soll künftig aus der Stratosphäre unterbrechungsfreie LTE/4G/5G-Datenverbindungen sicherstellen. Das von Pankl entwickelte mehrstufige System sichert in jeder Flughöhe die optimale Luftzufuhr für die Brennstoffzelle. Die erfolgreiche Validierung erfolgte durch Simulation stratosphärischer Umweltbedingungen bei Bodentests. "Auch bei diesem Wasserstofftechnologie-Projekt war das Motor Technology-Team von LCM rund um Team-Leader Josef Passenbrunner ein unentbehrlicher Partner“, lobt Kranz die Zusammenarbeit. So unterschiedlich die Technologie bei Verbrennungsmotoren und Wasserstoffantrieben auch ist, die Aufgabenstellung für das LCM-Entwicklungsteam ändert sich kaum.

"Es geht immer darum, den Motor für die Luftzufuhr leichter, kleiner und leistungsstärker zu machen“, so Passenbrunner. "Einerseits war eine möglichst hohe Drehzahl für die Verdichterräder gefordert, was kleine Rotordurchmesser erfordert, die den Fliehkräften standhalten können.“ Der Motor könne im Gegenzug aber nicht beliebig verlängert werden, da sowohl der verfügbare Bauraum als auch die Rotordynamik klare Grenzen setzen. "Überschreitet man die Stabilitätsgrenze, kann es zu Vibrationen kommen, die bis zur mechanischen Zerstörung des Motors führen“, erklärt Passenbrunner. Um auf spezifische Kundenanfragen rasch mit maßgeschneiderten Lösungen reagieren zu können, hat Pankl Turbosystems LCM mit einer kompletten Neuauslegung des Elektromotors beauftragt.

Nach nur neun Monaten lieferte LCM die ersten Funktionsmuster für die hochdrehenden Elektromotoren an Pankl Turbosystems. Diese erfüllten die Erwartungen von Pankl vollauf und liefern Drehzahlen von bis zu 140.000 U/min und eine Nennleistung von 22 kW.

Optimierung als Drahtseilakt

Dass sich die Neuauslegung des Motors nicht mit am Markt verfügbaren Standardkomponenten realisieren lässt, wird schon bei den speziellen und herausfordernden Randbedingungen klar. Ausgehend von einer speziellen Motortopologie muss bei hochdrehenden Maschinen großer Wert auf die Betrachtung von AC-Verlusten gelegt werden. „Alleine in der Wahl der Leiteraufteilung liegt Optimierungspotenzial“, umreißt Passenbrunner die Komplexität der Aufgabe.

Um alle Komponenten – von der Baugröße des Motors über die Materialauswahl bis zur Dimensionierung jedes Bauteils – so aufeinander abzustimmen, um den optimalen Antrieb zu erhalten, kommt „SyMSpace“ zum Einsatz. Diese Software-Plattform von LCM führt dabei die dafür nötige sogenannte „multikriterielle Optimierung“ (Mehrzieloptimierung) durch. Dabei werden Zielgrößen wie die Länge des Motors und das Gewicht minimiert, der Wirkungsgrad hingegen maximiert. Auch die Rotorintegrität bildet dabei ein wesentliches Kriterium, welches in der Optimierung mit betrachtet werden muss. „Das Ergebnis dieser Berechnung mit mehreren tausenden Varianten ist ein Elektromotor in der geforderten Baugröße, der in der Simulation 97 Prozent Wirkungsgrad erreicht. Es lässt sich kein Parameter weiter verbessern, ohne einen anderen zu verschlechtern“, erklärt Passenbrunner.

Entwicklungspartner ohne Serienfertigung

Bis zu 140.000 Umdrehungen pro Minute schafft der von LCM neu entwickelte Motor mit rund neun Zentimetern Länge und einem Durchmesser von rund zehn Zentimetern. "LCM hat uns schon mit dem ersten Funktionsmuster überrascht und unsere Erwartungen vollauf erfüllt. Seither haben wir das Tempo unserer Entwicklungszusammenarbeit sukzessive erhöht“, resümiert Pankl-Entwicklungsingenieur Kranz. Da die Brennstoffzellen-Luftversorgungssysteme und Abgasturbolader von Pankl für sehr spezifische Anwendungen entwickelt werden, sind die Stückzahlen naturgemäß gering. "Unsere Entwicklungszusammenarbeit mit LCM ist langfristig, weil wir ständig neue Anfragen mit ebenso neuen Aufgabenstellungen bekommen“, sagt Jonas Kranz, der an seinen Linzer Partnern neben der herausragenden Kompetenz und dem Tempo auch die hohe Transparenz der Prozesse und die offene Kommunikation schätzt. "LCM hat es geschafft, technisch und zeitlich extrem sportliche Herausforderungen zu meistern. Mittlerweile schaffen wir es, innerhalb von sechs bis neun Monaten nach Kundenanfrage einen Prototyp zu liefern.“

Lesetipp: Know-how für die französische Raumfahrt aus Linz

Weil Pankl außerdem in die Entwicklungsarbeit von LCM-Einsicht bekommt, können sich die Partner gemeinsam auf die Suche nach geeigneten Produktionsbetrieben für Kleinserien machen. Als reines Entwicklungsunternehmen ohne nachgelagerte Produktionsabteilung könne LCM mit hoher Schlagzahl agieren, sagt LCM-Geschäftsführer Gerald Schatz. „Wir sind keinen Lieferanten verpflichtet und müssen unsere Entwicklungen nicht auf spezielle Produktionsprozesse ausrichten. Dadurch können wir uns voll und ganz auf die technisch und wirtschaftlich beste Lösung für unsere Kunden konzentrieren.“ Dass LCM im Entwicklungsprojekt mit Pankl auch die Effizienz der Brennstoffzelle und damit die Energiewende vorantreibt, freut Schatz besonders. "Es ist für unser gesamtes Team immer eine besondere Motivation, Zukunftstechnologien praxistauglich zu machen.“