Gelingt der Turnaround? : Industrielle Papierverarbeiter hoffen auf Nachhaltigkeits-Boom

PROPAK-Obmann Georg Dieter Fischer: "Wir können hier nicht wirklich von Wachstum reden."
- © PROPAKDem Umsatzrückgang steht zwar ein Plus bei der Menge gegenüber, aber: "Wir können hier nicht wirklich von Wachstum reden, sondern stehen damit nach acht Jahren wieder auf dem Produktionsniveau von 2017 – mit den Kosten von 2025“, betont PROPAK-Obmann Georg Dieter Fischer. Auch im Export, dem Rückgrat der Branche mit einer Exportquote von 80 Prozent, sank der Wert sogar um 5 Prozent. "Vier von fünf Euro werden im Ausland verdient. Wenn wir im Export weniger erwirtschaften, trifft das unsere Unternehmen mit voller Wucht“, so Fischer.
Besonders verschlechtert hat sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Deutschland, mit über 30 Prozent der Haupthandelspartner der PROPAK-Industrie. "Unsere Exportstärke wird nicht zuletzt durch den Nachteil in den Arbeitskosten ausgebremst. Ohne Umdenken verliert der Standort Österreich an Boden“, warnt Fischer.
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Die Branche ist grundsätzlich resilient, aber die Herausforderungen sind enorm. "Trotz der Innovationsstärke der Branche muss die Konkurrenzfähigkeit auf den wesentlichen Exportmärkten Priorität haben. Wir brauchen daher einen Paradigmenwechsel in der Lohn-/Gehaltsgestaltung“, sagt PROPAK-Obmann-Stellvertreter Marko Bill Schuster. „Ein Abschluss unter der Inflation darf kein Tabu mehr sein, wenn wir Arbeitsplätze sichern wollen. In anderen Ländern ist das längst gelebte sozialpartnerschaftliche Praxis.“ Die hohe Lohnkostenbelastung werde dazu führen, dass standardisierte Produkte in Österreich nicht mehr konkurrenzfähig hergestellt werden können. "Ziel muss ein stabiles Gleichgewicht zwischen fairen Einkommen für die Beschäftigten und leistbaren Rahmenbedingungen für die Unternehmen sein“, unterstreicht Marko Bill Schuster.
Bürokratiebelastungen hemmen die Entwicklung
Die Zahl der Beschäftigten ging im vergangenen Jahr leicht um 1,9 Prozent auf rund 8.500 zurück. "Unsere Unternehmen stehen für soziale Verantwortung, auch wenn die wirtschaftliche Lage angespannt bleibt“, so Schuster. Herausfordernd bleibt weiterhin die Verfügbarkeit von Fachpersonal, für mehr als die Hälfte der PROPAK Unternehmen ist sie sogar „schwierig“, wie eine aktuelle Branchenumfrage bestätigt. Erfreuliche Signale kommen aus dem Ausbildungsbereich der PROPAK. Die Anzahl der Lehrlinge konnte 2024 um sechs Prozent gesteigert werden. "Unsere gezielten Ausbildungs- und Employer Branding-Maßnahmen zahlen sich aus. Die Steigerung bei den Lehrlingen zeigt, wie attraktiv unsere Branche ist“, sagt Marko Bill Schuster. PROPAK ist eine von nur vier Industriebranchen mit einem Plus bei Lehrlingen im ersten Lehrjahr.
Eine weitere Belastung ist die wachsende Bürokratie, insbesondere aus europäischen Regelungen. "Die Branche unterstützt die übergeordneten Ziele, aber weder Behörden noch Unternehmen dürfen überfordert werden“, sagt PROPAK-Geschäftsführer Martin Widermann. Dazu kommt der „Trickle down“-Effekt, wenn sich eine Regelung vordergründig nur an große Unternehmen richtet, diese aber letztlich im Wege umfassender Fragebögen Lieferanten aller Größe hereinholen. „Es ist zu begrüßen, dass die europäischen Institutionen zu verstehen beginnen und gegensteuern wollen“, hält Widermann fest.
Ausblick 2025: Nachhaltigkeit als Chance
Chancen sieht die PROPAK-Branche in puncto Nachhaltigkeit: "Gebrauchte Produkte aus Papier/Karton/Wellpappe sind keine Abfälle, sondern wertvolle Rohstoffe im Kreislauf. Papierfasern können 25-mal und mehr wiederverwendet werden und stehen für Nachhaltigkeit in Reinform“, sagt Martin Widermann. PROPAK Produkte bestehen aus erneuerbaren Rohstoffen und haben einen Recyclingmaterial-Anteil von im Schnitt 75 Prozent. Die Recyclingquoten der Verpackungen aus Papier/Karton/Wellpappe liegen bei 85 Prozent. "Unsere Produkte sind Kreislaufchampions – für Verpackungen wurde das auch in der EU-Verpackungsverordnung anerkannt“, so Widermann. "Und die tägliche Arbeit mit unseren Kunden bestätigt, dass wir nicht als Problem, sondern als Lösung verstanden werden.“
Hohe Personalkosten, die Volatilität bei den Rohstoffpreisen und eine flache Nachfragekurve belasten die weitere Entwicklung am stärksten. Für 2025 erwartet die papierverarbeitende Industrie (PROPAK) trotz dieser herausfordernden Marktsituation ein ausgeglichenes Jahr. "Obwohl die gesamte Industrie in Europa in das dritte Rezessionsjahr schlittert, gehen die Prognosen der Mitgliedsfirmen für 2025 von zumindest einer schwarzen Null aus. Eine neue gemeinsame Herangehensweise mit dem KV-Partner ist aber unerlässlich, um den Standort Österreich nachhaltig zu sichern. Und das wird nicht ohne Kompromisse gehen“, fasst Fachverbandsobmann Georg Dieter Fischer zusammen.