Elektromobilität : Batterieproduktion als heißes Eisen
"Während sich der asiatische Maschinenbau in Europa als Ausrüster in der Batteriezellherstellung etabliert, droht die europäische Industrie ins Hintertreffen zu geraten", heißt es in einer Aussendung des VDMA Mitte Jänner. Laut der neuen deutschen Bundesregierung sollen bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw auf deutschen Straßen fahren. Doch was tut sich in Deutschland diesbezüglich? Eine richtungsweisende Veranstaltung könnte ein virtueller Roundtable am 2.2.2022 sein, mit dem Titel „Alle wollen Batterien, doch wer baut die Maschinen, um sie herzustellen?“. Veranstalter ist Porsche Consulting mit Unterstützung von VDMA Batterieproduktion. Gregor Grandl, Senior Partner Porsche Consulting, erläutert: „Technologisch ist der europäische Maschinen- und Anlagenbau gut aufgestellt. Was fehlt, ist die komplette Batteriezellfertigung aus einer Hand". Dr. Sarah Michaelis, VDMA Batterieproduktion wünscht sich mehr Mut, Risikobereitschaft und den Willen neue Wege zu gehen. "Mit alten Strukturen werden wir im internationalen Wettbewerb nicht bestehen", konstatiert sie. Indes lassen chinesische und US-amerikanische Firmen mit einer Stärkung des Batteriesektors von sich hören.
Platz und Tragkraft für chinesische Lithium-Ionen-Akkus
In Magdeburg etwa wurde gerade Platz für chinesische Akkus geschaffen. CATL, der größte chinesische Hersteller von Lithium-Ionen-Akkus, ist auf Expansionskurs. Rund 90.000 Quadratmeter Logistikfläche hat die Logivest den Batterieexperten im VGP Park Magdeburg vermittelt. Die insgesamt neun Units verteilen sich auf zwei Hallen. Beide Gebäude befinden sich derzeit noch im Bau und werden individuell angepasst. Die Bodentragkraft von 7,5 Tonnen war zudem ein wichtiges Kriterium, um die hohen Anforderungen der EV-Batterien zu erfüllen. Ein Brandschutzkonzept wird derzeit in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen VGP und CATL sowie unter Einbeziehung externer Brandschutzexperten erarbeitet. Ab Mitte 2022 sollen in Magdeburg dann die Lithium-Ionen-Batterien für Automobilhersteller in ganz Deutschland gelagert und herstellerspezifisch ausgeliefert werden.
Indes hat der US-Autobauer General Motors (GM) 6,6 Milliarden Dollar in Elektromobilität angekündigt. Der Konzern teilte am Dienstag mit, dass das Geld unter anderem für den Umbau einer Produktionslinie sowie den Bau einer neuen Batteriefabrik verwendet werden soll. Bis 2025 will GM insgesamt 35 Mrd. Dollar für seine Elektro-Offensive investieren. 2,6 Mrd. Dollar sollen in den Bau der insgesamt dritten Batteriefabrik des Konzerns in den USA fließen. Und was tut sich in Deutschland?
Volkswagen in der E-Offensive
In Braunschweig montieren Volkswagens Roboterarme jährlich bis zu 500.000 Batterien für Modelle auf Basis des Modularen E-Antriebs-Baukastens (MEB). Die Serienfertigung der MEB-Batterien findet mit größtenteils vollautomatischer Produktionstechnik in einer 40.000 Quadratmeter großen Fertigungshalle statt. Seit 2018 ist der Dienstleister Leadec für Volkswagen tätig und hat das Projekt durch alle Phasen bis zum heutigen Stand begleitet. Für Batteriesysteme gelten die höchsten Sicherheitsstandards in der Automobilindustrie. Den Funktionstests kommt deshalb eine entscheidende Rolle zu. Leadec hat an der Planung der Prüfstände mitgearbeitet, in welchen die Batterien hinsichtlich ihrer funktionalen Eigenschaft getestet und freigegeben werden.
Noch im Dezember 2021 ließ VW mit einer Investition von 30 Milliarden in den Ausbau der E-Mobilität aufhorchen. Neben dem Bau sechs Batteriezellen-Fabriken in Europa fließt diese Investition auch in die Herstellung von Vorprodukten, zum Recycling von Batterien und zum Abbau von Lithium in Deutschland.
Forschung und Messmethoden für E-Auto-Batterien
Auch die Forschung stellt sich auf E-Mobiltiät ein: Die Fraunhofer Forschungsfertigung Batteriezelle FFB ist seit Januar 2022 eine selbstständige Einrichtung unter dem Dach der Fraunhofer-Gesellschaft. Bislang wurde die Fraunhofer FFB als Institutsteil des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT aufgebaut. Ziel der Fraunhofer FFB ist es, den Innovations- und Kommerzialisierungsprozess von Produktionstechnologien für bestehende und zukünftige Zellformate zu beschleunigen und dadurch Batterietechnologien effizienter, günstiger und in höchster Qualität zu produzieren und so internationale Abhängigkeiten von anderen Märkten der Energiespeichertechnologien langfristig zu vermeiden. Die Leitung der selbstständigen Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB übernimmt kommissarisch Prof. Jens Tübke.
Für die Entwicklung leistungsfähiger Elektrofahrzeuge werden Isolationsmaterialien mit immenser Kriechstromfestigkeit benötigt. Um die Isolationsfestigkeit der Oberfläche von Materialien zu bestimmen, hat sich in der Industrie der CTI-Index etabliert. Der CTI-Index sagt aus, bis zu welcher Spannung das zu testende Material auf der feuchten Oberfläche keinen Strom führt. Ein Problem dabei: Mit dem standardisierten Messverfahren lässt sich bisher nur die Kriechstromfestigkeit bis zu einer Spannung von 600 Volt (V) bestimmen. Zum Vergleich: Motoren und Batterien moderner Elektrofahrzeuge arbeiten oft mit einer Spannung bis zu 800 V. Um die Isolationsfestigkeit der Oberfläche seines Hochleistungspolyamids GenestarTM PA9T zu messen, hat Kuraray, einer der weltweit führenden Spezialchemie-Hersteller die Methodik so angepasst, dass sich Materialien erstmals mit Spannungen bis zu 1.000 V testen lassen. In den Messungen zeigte GenestarTM PA9T eine Kriechstromfestigkeit bei Spannungen bis zu 925 V. Mit dieser immensen Kriechstromfestigkeit ermöglicht das besonders hitzebeständige und robuste Polyamid, den Kriechweg zwischen elektrischen Leitern zu verkürzen – und damit wesentlich kleinere und leichtere Steckverbindungen für Anwendungen mit hohen Spannungen herzustellen. Etwa für die Batterietechnologie von Elektrofahrzeugen.
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