Rückblick : Das war die 9. Ersatzteiltagung

Den Anfang machte der Gastgeber – CNH Industrial. Markus Putz ist bei CNH Industrial Österreich zuständig für Global Produkt Marketing. In seinem Vortrag ging es um die Technologien der Zukunft in der Landtechnik. Im Bereich des Echtzeit-Management und Service trägt KI maßgeblich zur Effizienzsteigerung sowie zur präventiven Instandhaltung bei. Was diese technologische Entwicklung bedeutet, schilderte Markus Putz eindrucksvoll.

  • Markus Putz CNH Industrial Österreich

    "Im vergangenen Jahr haben wir in St. Valentin rund 10.000 Traktoren produziert. Weltweit in der ganzen Gruppe waren es 150.000. Unsere Großtraktoren sind in den großen Märkten wie Deutschland, Frankreich, aber auch in Osteuropa, Rumänien, Bulgarien sehr gut verkauft worden. Mittlerweile haben alle Hersteller, auch wir, Netzwerke aufgebaut und verkaufen dort auch neue Traktoren. Das heißt, es ist schon eine Herausforderung für unsere Händler, die gebrauchten Traktoren zu platzieren. Aber Ersatzteile gibt es, sagen wir mal, für die nächsten 20 Jahre. Dann gibt es andere Lösungen, wenn die Ersatzteile theoretisch nicht mehr verfügbar sind, dass man über Gebrauchtteile wiederverwendet und aufbereitet. Das ist also die Aufgabe, die unsere Händler haben, das zu machen. Aber irgendwann muss man im Ersatzteilservice Prioritäten setzen. Die Mehrmarkenstrategie von CNH sieht vor, dass es für alle Marken die gleichen Teile gibt. Deshalb haben wir natürlich einen enormen Druck und einen enormen Aufwand, wenn wir einen neuen Traktor entwickeln. Wir leben in einer Zeit, in der wir darüber nachdenken müssen, wie wir in Zukunft leben, wie wir mit unserem Planeten umgehen, wie wir mit der Zukunft umgehen werden. Und jeder denkt, das geht nicht. Wir müssen so weitermachen wie heute. Aber das ist nicht ganz richtig. Wir werden Technologien und Lösungen auf den Markt bringen, wo man sieht, dass es anders geht."

Arbeitskräftemangel in der Ersatzteilversorgung

Seit knapp sieben Jahren ist Peter Wilfinger Director New Business für Österreich, Ungarn, Rumänien und Slowenien bei Kardex, einem weltweit agierenden Industrie-Partner für Intralogistik-Lösungen und führender Anbieter von automatisierten Lagerlösungen und Materialflusssystemen. Außerdem ist Herr Wilfinger als interner Trainer in der Kardex Academy für Sales-, LinkedIn-, sowie weiteren fachlichen Trainings, aktiv. In seinem Vortrag hörten wir, wie man den Arbeitskräftemangel in der Ersatzteilversorgung erfolgreich meistern kann.

  • Peter Wilfinger Kardex Remstar Division

    "Wenn man der Covid-Pandemie etwas Positives abgewinnen will, dann ist es sicherlich der Schub an Automatisierung und Digitalisierung, der dadurch gekommen ist. Und dadurch, dass viele Lagermitarbeiter, die es vorher gegeben hat oder vor Covid gegeben hat, auch aus der Slowakei, aus Tschechien gependelt sind und jetzt nicht mehr kommen, ist das natürlich ein Schub, weil wir uns heute für die nächsten fünf bis zehn Jahre aufstellen müssen. Wir sind eben in einem Hochpreisland, was die Löhne betrifft und auch was die Produktionskosten betrifft und da hilft die Automatisierung einfach, die Prozesse zu vereinfachen und speziell in der Intralogistik, also alles was zwischen Wareneingang und Warenausgang ist, würde ich als Intralogistik bezeichnen, da ist einfach sehr, sehr viel Geld drinnen und sehr viele Dinge, die man heute automatisieren kann, die vor ein paar Jahren noch nicht denkbar waren. Nicht nur mit unseren Lösungen, sondern da gibt es AGVs, Drohnen und alles Mögliche. Das ist einfach ein Trend, der auch hohe Wachstumszahlen hat."

ETT-Umfrage

So tickt die After-Sales-Branche

3D-Druck: Revolution im Rollen

Ralf Anderhofstadt ist Leiter des Center of Competence Additive Manufacturing und der Consulting-Einheit "Additive Manufacturing Solutions AMS - Daimler Truck" sowie Projektleiter des crossfunktionalen 3D-Druck-Projekts innerhalb Daimler Truck AG. Parallel ist er im VDI Fachgremium „Rechtliche Rahmenbedingungen der Additiven Fertigung“ aktiv, arbeitet als Dozent mit dem Schwerpunkt 3D-Druck, ist als Trainer für zahlreiche Schulungen innerhalb des Geschäftsfelds der Additiven Fertigung tätig und zusätzlich Mitglied des Beirats des Verbands 3D-Druck e. V. In seinem Vortrag zeigte er die Potentiale des 3D-Drucks im Nutzfahrzeugbereich auf.

  • Ralf Anderhofstadt Daimler Truck AG

    "Durch den Einsatz des 3D-Drucks im Ersatzteil- und Seriengeschäft sparen wir jährlich einen siebenstelligen Eurobetrag. Durch eingesparte Werkzeugkosten, Lagerkosten, Verschrottungskosten und viele weitere Kostenblöcke. Das ist ein erheblicher Betrag, und es werden jeden Monat und jedes Jahr mehr. Wir schaffen damit eine deutlich höhere Verfügbarkeit unserer Teile, unserer Fahrzeuge. Additive Manufacturing, industrieller 3D-Druck ist für uns bei Daimler Truck und für alle unsere Partner eine ganz klare Investition in die Zukunft. Und dahinter stehen natürlich auch ganz neue Geschäftsmodelle, digitale Geschäftsmodelle, wenn man bereit ist, den Blick ein bisschen zu weiten. E s ist ganz entscheidend, den ersten Schritt zu machen. Und deswegen haben wir an der Stelle auch ganz bewusst ein Programm, ein E-Learning aufgesetzt, um für Unternehmen, egal aus welcher Branche, das passende Produkt zu finden, um zu starten, um die Mehrwerte aufzuzeigen."

MTM in der Ersatzteillogistik

Thomas Gehart ist Präsident der Österreichischen MTM-Vereinigung und somit für die MTM-Ausbildung in Österreich verantwortlich. Auch leitete er seit 1999 die THANOS GmbH, die Unternehmen bei der Einführung und dem Einsatz von MTM mit Know-How, Dienstleistung und Software unterstützt. Sein Einsatz führte ihn durch unterschiedlichste Branchen und Bereiche. Vom Maschinenbau bis zur Pharmaindustrie von der Montage bis zur Verpackung von Ersatzteilen. In den letzten Jahren war er intensiv mit der Ersatzteillogistik im Volkswagenkonzern beschäftigt. Auf der ETT erklärte er die Vorzüge von MTM als Werkzeug zur Leistungsbeschreibung in der Ersatzteillogistik.

  • Thomas Gehart Österreichische MTM-Vereinigung

    "Viele Logistikbereiche sind im Dienstleistungsbereich angesiedelt, d.h. ich brauche ein Maß, wie ich die menschliche Leistung sauber abrechnen kann. Aber es ist natürlich auch ein Optimierungswerkzeug. Und es wäre schön, wenn ich vorher sauber berechnen könnte, was diese Optimierung wirklich an Einsparung bringt. Also Sie sind dabei, ein neues Werkzeug in der Kommissionierung einzusetzen, Sie gehen weg von den Handterminals hin zu Pick-by-Voice als Beispiel, dann müssen Sie das sauber bewerten können, wie viel Leistung spare ich mir, wie viel habe ich in Zukunft, damit ich meine Investition sauber bewerten kann. All das bietet Ihnen MTM. Das Konzept basiert auf zwei Erkenntnissen. Erstens: Menschliche Arbeit findet immer auf die gleiche Art und Weise statt. Das heißt, Menschen bewegen sich so, wie Menschen sich bewegen. Das wird Ihnen jeder Arzt bestätigen. Ich kann mich nur so bewegen, wie es meinem Körper entspricht. Die zweite Erkenntnis war, wenn man sich die menschlichen Bewegungen im Detail anschaut, dann stellt man fest, dass wir bei normaler Anstrengung, bei durchschnittlicher Geschicklichkeit alle gleich lange brauchen, um eine Tätigkeit auszuführen. Mit diesen Daten kann ich auf dieser Wissensbasis einen Kommissionierauftrag entsprechend automatisch berechnen lassen und damit einen erheblichen Mehrwert generieren"

Hybride KI in der Praxis

Marco Schmitz konzipiert und entwickelt bei Inform im Team New Solutions Software-Anwendungen, die Unternehmen helfen, in ihren erfolgsrelevanten Supply-Chain-Prozessen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dabei nutzt ihm seine langjährige Erfahrung in der auf Daten und Algorithmen basierenden Prozess-Optimierung. Die praktikable Umsetzung von Verfahren der sogenannten hybriden KI ist aktuell einer seiner Interessenschwerpunkte. KI: Hype oder Revolution? Dieser Frage stellte sich in seinem Vortrag Marco Schmitz.

  • Marco Schmitz Inform GmbH

    "Viele sind jetzt hinter Deep Learning her, aber das ist sehr komplex, kann noch bessere Ergebnisse bringen und ist ein bisschen autonomer, selbstständiger als so manche Machine Learning Anwendung. Es wird mit künstlichen neuronalen Netzen gearbeitet, mit sehr vielen Schichten. Wir haben natürlich Natural Language Processing. Wir haben große Anwendungen im Bereich des Forecasting, gerade im Bereich der Ersatzteile, wo es nicht so einfach ist, klassische Zeitreihenverfahren anzuwenden, weil man sehr sporadische Bedarfe hat, vielleicht nicht so viele Daten aus der Vergangenheit hat. Da kann man dann andere Merkmale, erklärende Variablen mit einbeziehen und dann ist es einfacher, mit neuronalen Netzen zum Beispiel oder auch mit anderen Verfahren des maschinellen Lernens so eine multivariate Datenanalyse zu machen. Die KI muss trainiert und überwacht werden für diese Anwendungen. Und deshalb sprechen wir auch von hybrider KI. Die KI ist da, um Entscheidungen zu unterstützen. Wir Menschen bleiben die führende Instanz. Wenn wir das alles berücksichtigen, hat das Ganze meiner Meinung nach sehr viele revolutionäre Aspekte."

Marktorientiertes Ersatzteil-Pricing

Alex Morbe war als Sales Director einer der ersten Mitarbeiter bei Markt Pilot, hat die Expansion in die USA verantwortet und ist seit Januar 2023 gemeinsam mit Tobias Rieker als Geschäftsführer tätig. Mit über 15 Jahren Erfahrung in Führungspositionen im After Sales von Maschinenbauunternehmen ist er für die strategische Ausrichtung des Unternehmens verantwortlich. Er hat die Theorie aus seinem Vortrag gestrichen und ist mit den Teilnehmern direkt in die Praxis eingesteigen.

  • Alex Morbe Markt Pilot

    "Umsatz, Gewinn und die damit verbundene Kundenzufriedenheit - das ist für unsere Kunden immer sehr wichtig, weil sie jetzt zum ersten Mal auch wissen, wenn sie die Preise nach oben anpassen können, ob sie überhaupt Luft haben, diese Preise nach oben anzupassen, oder sind sie schon zu hoch. Und das ist genau diese Unsicherheit. Wir machen erst einmal eine Portfolioanalyse. Wir schauen, welche Teile überhaupt von dieser Wettbewerbssituation betroffen sind. Wir reichern die Daten an, da kommt auch unsere KI ins Spiel. Das heißt, wir scannen das Portfolio einmal auf Basis unseres maschinellen Lernens. Dann stecken wir das Ganze in unseren Priceradar, mit dem durchsuchen wir die ganze Welt und matchen dann auf Einzelteilebene, welche Preise am Markt verfügbar sind. Und seit letztem Jahr haben wir auch den Priceguide im Einsatz, mit dem wir auf Einzelteilebene eine Preisempfehlung auf Basis der Marktdaten machen, je nachdem, welche Strategie man verfolgt. Und am Ende kommt ein Endpreis heraus. Das Ganze ist weltweit einzigartig, gerade im Maschinenbau gibt es das noch nicht und wir sind froh, dass wir da sind, weil das ist mein Anliegen, da komme ich selber her, ich habe früher selber mit marktorientierter Ersatzteilbepreisung angefangen und ich weiß einfach, wie erfolgreich das ist und wie schnell das zum Erfolg führt, wenn ich jetzt alle anderen Projekte in Relation sehe."

e-Commerce im Ersatzteilgeschäft

Nach dem Studium der Medientechnik startete Jürgen Eppinger seine Karriere als Marketing-Manager bei der REWE International AG im Online- und E-Commerce-Bereich. Er landete nach diversen beruflichen Stationen als Head of Digital Marketing bei der Rosenbauer International AG. Hier leitet er ebenfalls als Geschäftsführer den Bereich E-Commerce. Die Entscheidungsfindung zwischen digitalen Einkaufserlebnissen und traditionellen Kundenzentren war Thema seines Vortrags.

  • Jürgen Eppinger Rosenbauer International AG

    "Hinter unserem Ersatzteil-Webshop verbirgt sich eine komplexe Datenstruktur, die uns den Bestellweg des Kunden aufzeigt und uns eine Vielzahl von Möglichkeiten bietet. Der Kunde bestellt das einfach über die Logistik des Onlineshops und der Innendienst wird entlastet. So versuchen wir, Synergien zu nutzen, mit allen Höhen und Tiefen, denn natürlich ist vor allem der Vertrieb nicht begeistert über den Online-Shop, weil es doch eine Art Konkurrenz ist. Bei Rosenbauer gibt es schon länger die Idee eines Online-Shops. Wir haben uns die Marktentwicklung angeschaut, also wir reden von über 700 Milliarden Euro Umsatz alleine in Europa, was im E-Commerce passiert. Wir haben während der Corona eine unglaublich positive Entwicklung gesehen. Das war dann auch der Anstoß für die Entwicklung unserer Lösung. Die ganze Software für den Webshop kostet uns 8000 Euro im Jahr. Da greifen 30 Leute drauf zu. Da ist die Logistik drin, da ist die Buchhaltung drin, das ist IFRS-zertifiziert. Die Erfahrung zeigt: Es funktioniert."

Störungsdokumentation 4.0

Linus Kohl leitet bei Fraunhofer Austria die Gruppe für Produktionsoptimierung und Instandhaltungsmanagement. Herr Kohl studierte Wirtschaftsingenieurwesen - Maschinenbau mit Schwerpunkt Produktion und Instandhaltung an der Technischen Universität Wien. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Instandhaltung – der datengetriebenen Analyse und Optimierung von Maschinen und Anlagen unter Einsatz von KI-basierten Assistenzsystemen. Er leitet und unterstützte mehrere industriefinanzierte und öffentlich geförderte Forschungsprojekte und ist maßgeblich für den Aufbau der Themenfelder Retrofitting, Maintenance as a Service und industrielle kognitive Systeme bei Fraunhofer Austria verantwortlich. In seinem Vortrag zeigte Linus Kohl auf, wie KI den Service und Technikereinsatz optimiert.

  • Linus Kohl Fraunhofer Austria

    "Ich habe 2019 begonnen, mich mit KI in der Störungsdokumentation zu beschäftigen, bevor ChatGPT groß wurde. Auf dem Weg dorthin haben wir viele weitere Potenziale entdeckt. Die Herausforderung, vor der wir in der Instandhaltung stehen, ist die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Gerade im klassischen Anlagenbau wird die Frage gestellt, warum Wartung, warum Service? Einer der größten Treiber wird hier Maintenance-as-a-Service sein. Es wird immer schwieriger, den gesamten Service selbst durchzuführen, und der demografische Wandel hat einen Verlust an Know-how zur Folge. Deshalb wollen die Unternehmen ihren Mitarbeitern den Zugang zu historischem Wissen ermöglichen. Das führt uns auch in Richtung dynamischer Wissenssicherung. Man will mit neuen Maschinen wachsen können und gleichzeitig immer mehr Werkzeuge zur Verfügung stellen. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz können wir diesen Bereich, die Ermittlung von Störungsursachen und die Suche nach Ersatzteilen, massiv reduzieren."