Neuer Mindestlohn : KV in der Metallindustrie: Löhne steigen um 4,8 Prozent

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Metaller-KV: Die Arbeitnehmervertreter zeigen sich zufrieden. Löhne und Gehälter steigen um 4,8 Prozent.

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„Der Kollektivvertragsabschluss ist ein kräftiges Zeichen für eine lösungsorientierte Sozialpartnerschaft. Die nachhaltigen realen Erhöhungen sichern die Einkommen der rund 200.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach wie vor mit den Folgen der Teuerungswelle und Zinserhöhungen konfrontiert sind. Es geht darum, das verlorene Vertrauen wieder zu stärken und Investitionen sowie Konsum der österreichischen Haushalte anzukurbeln“, sagen die beiden Chefverhandler auf Arbeitnehmerseite, Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA).

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Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation und der steigenden Arbeitslosenzahlen in der Industrie können Betriebe, die im Verhältnis zu ihren Erträgen einen hohen Personalkostenanteil haben, eine Einigung auf betrieblicher Ebene vorausgesetzt, erneut die Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel anwenden. Unter bestimmen Voraussetzungen kann die Erhöhung um 0,75 Prozent bzw. um 1,5 Prozent verringert werden, wenn dafür ein Ausgleich durch mehr Freizeit oder durch eine Einmalzahlung erfolgt. „Wir erleben gerade die längste Rezessionsphase seit 1946. Diese Härtefallklausel soll vor allem personalintensiven Betrieben helfen, Beschäftigung zu sichern“, sagen Binder und Dürtscher.

Der neue KV im Überblick

  • Die Ist-Löhne und -Gehälter steigen um 4,8 Prozent (rollierende Inflation plus ein Prozent)
  • Die Lehrlingseinkommen werden im Schnitt um rund 5,4 Prozent erhöht
  • Zulagen und Aufwandsentschädigungen steigen um 3,8 Prozent
  • Die Zulage für Nachtarbeit bzw. für die 3. Schicht wird um 8,16 Prozent erhöht
  • Der neue Mindestlohn bzw. das Mindestgrundgehalt liegt bei 2.518,43 Euro

Gezielt auf Fachkräfte und das duale Ausbildungssystem setzen

Die Härtefallklausel werde aber nicht die wirtschaftlichen Herausforderungen lösen. Dazu seien andere Maßnahmen notwendig. Die Sozialpartner der Metallindustrie leisten auch hier ihren Beitrag. Der gemeinsame Fokus liegt unter anderem auf den Bereichen Produktivität, Know-how und Innovationskraft. „Wir müssen den österreichischen Industriestandort stärken, indem wir gezielt auf Fachkräfte und das duale Ausbildungssystem setzen und die Chancen der Digitalisierung umfassend nutzen“, sagen Binder und Dürtscher. Als Beispiel nennen die beiden Gewerkschafter die geplante Qualifizierungsoffensive, um Hilfskräften oder angelernten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die bereits in den Betrieben arbeiten, eine Fachausbildung zu ermöglichen. Bis zum Jahr 2029 sollen mehrere tausend Beschäftigte weiterqualifiziert werden.

Auch die Zusammenarbeit im Verein „Industrie 4.0 Österreich - die Plattform für intelligente Produktion“ ist aus Sicht der Gewerkschaften ein wichtiger Baustein, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Die Plattform wurde bereits 2015 mit dem Ziel gegründet, die neuen technologischen Entwicklungen und Innovationen der Digitalisierung bestmöglich für Unternehmen und Beschäftigte zu nutzen. „Unsere Standortvorteile liegen im Fachwissen, in der Innovationskraft und bei den hochmotivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist unser größter Wettbewerbsvorteil, den wir beibehalten und ausbauen wollen“, sagen Binder und Dürtscher abschließend.

Arbeitgebervertreter Knill: "Schulterschluss aller Akteure"

Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie: „Mit dem zweijährigen Abschluss und der Einführung der Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel ist uns im vergangenen Jahr ein großer Schritt gelungen. Die Unternehmen haben mehr Planungssicherheit und jene, die personalintensiv arbeiten und damit Arbeitsplätze in Österreich sichern, werden zumindest teilweise entlastet. Ein kreativer Zugang, denn uns und den Gewerkschaften ist bewusst, dass die im europäischen Vergleich sehr hohen Abschlüsse der letzten Jahre unsere Betriebe und den Standort massiv belastet haben.“

Der Fachverband verweist auf die schwierige Situation der Branche: Die Metalltechnische Industrie (MTI) befindet sich seit dem 3. Quartal 2022 in der Rezession, jedes zweite Unternehmen erwartet heuer ein negatives Ergebnis, die Konjunkturaussichten bleiben verhalten. „Jetzt gilt es, den Industriestandort Österreich durch den Schulterschluss aller Akteure zu sichern. Die neu zu bildende Bundesregierung ist gefordert, Sofortmaßnahmen zu setzen, die den Unternehmen wieder Luft zum Atmen geben. Dazu zählen die rasche Senkung der Lohnnebenkosten, ein umfassender Bürokratieabbau sowie gezielte Investitionen in Bildung und eine nachhaltige Energieversorgung“, so Knill abschließend.

Fachverband Metalltechnische Industrie/Kanizaj
Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie - © Fachverband Metalltechnische Industrie/Kanizaj

Ritter: "Kollektivvertragsabschluss eigentlich viel zu hoch"

Markus Ritter, Verhandlungsleiter der Arbeitgeber im Fachverband Bergwerke und Stahl, sagt dazu: „Es ist bedauerlich, dass eine Anpassung der Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel von den Gewerkschaften abgelehnt wird. Somit fallen viele Unternehmen der Bergbau- und Stahlindustrie in ihrer angespannten wirtschaftlichen Lage um eine dringend erforderliche Entlastung um.“

„Angesichts einer seit Jahrzehnten nicht dagewesenen rückläufigen Entwicklung des wirtschaftlichen Umfelds der Grundstoffindustrie ist der Kollektivvertragsabschluss eigentlich viel zu hoch. Wir waren immer und sind aber ein verlässlicher Sozialpartner und stehen zu Vereinbarungen, die wir mit den Gewerkschaften getroffen haben“, hält Ritter fest.