"Ökonomischer Substanzverlust" : Deutsche Industrieverbände fordern Stopp der EU-Lieferkettenrichtlinie

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Ziel des EU-Lieferkettengesetzes ist die Stärkung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang globaler Lieferketten und die Übernahme von Verantwortung durch Unternehmen.

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In einem gemeinsamen Brief fordern acht deutsche Verbände die deutsche Bundesregierung, die EU-Ratspräsidentschaft sowie weitere europäische Entscheidungsträger auf, die europäische Lieferkettenrichtlinie zu stoppen. "Bereits die Vorgaben des deutschen Lieferkettengesetzes haben dazu geführt, dass auch kleine und mittlere Unternehmen in ihren Lieferbeziehungen von den Belastungen völlig überrollt werden. Eine EU-Lieferkettenrichtlinie, wie sie jetzt geplant ist, hätte bürokratischen Mehraufwand und Rechtsunsicherheit in einer neuen Dimension zur Folge", warnen die Verbände. Die Richtlinie erschwere den Außenhandel und gehe zu Lasten europäischer Arbeitsplätze und Wertschöpfung.

Auch die vorgesehene zivilrechtliche Haftung wird von den Verbänden deutlich kritisiert. "Es ist schlicht praxisfremd zu verlangen, dass Unternehmen aus den EU-Mitgliedstaaten für Pflichtverletzungen haften sollen, die in ihren Lieferketten geschehen - und dies noch weltweit", heißt es in dem Appell. Während Nichtregierungsorganisationen eigene Klagebefugnisse erhalten sollen, könnten Unternehmen zusätzliche Beweisanforderungen auferlegt werden. "Auf diese Weise können die oft unkalkulierbaren Haftungsrisiken dazu führen, dass sich Unternehmen aus betroffenen Regionen zurückziehen", warnen die Verbände. Es entstünde eine neue Klageindustrie, die zu höheren Verwaltungskosten in den Unternehmen führen würde. Die Unsicherheit im Außenhandel würde steigen.

Die Verbände BGA, Gesamtmetall, Mittelstandsverbund - ZGV, Stiftung Familienunternehmen, textil+mode, VCI, VDMA und ZVEI fordern ein Stopp der EU-Lieferkettenrichtlinie.

Verbände wollen neuen Anlauf

Die Menschenrechte weltweit zu achten, sei ein Ziel, zu dem sich auch Unternehmen klar bekennen, stellen die Verbände klar. Sie warnen jedoch vor einem wirtschaftlichen Substanzverlust der EU: "Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sind für europäische Unternehmen maßgebend. Daran orientieren sie schon heute ihre globalen Lieferbeziehungen und tragen europäische Standards über ihre internationalen Partner in die Welt“, betonen die Verbände. Europäische Unternehmen nun unter Generalverdacht zu stellen, sei in der Praxis kontraproduktiv, "der wirtschaftliche Substanzverlust in der EU würde durch eine solche Lieferkettenrichtlinie weiter verschärft", heißt es.

"Lassen Sie uns statt des Weges über die Richtlinie gemeinsam einen neuen Anlauf nehmen und im Dialog miteinander überlegen, wie wir unsere Standards zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt in globalen Lieferketten weltweit noch effektiver durchsetzen können", so die Wirtschaftsverbände abschließend.